- 31.03.2017, 10:05:33
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- OTS0042
Kriminelle verkauften „Allheilmittel“ an Schwerstkranke zu abstrusen Preisen
Die Polizei bittet um Hinweise aus der Bevölkerung zu weiteren Opfern.
Utl.: Die Polizei bittet um Hinweise aus der Bevölkerung zu weiteren
Opfern. =
Wien (OTS) - Ermittler des Bundeskriminalamtes (BK) deckten zwei in
Österreich agierende Tätergruppierungen auf, die schwerstkranken
Personen nicht zugelassene Produkte als Heilmittel zu vollkommen
überzogenen Preisen verkauften und Heilung garantierten. Bisher sind
vier Verdächtige festgenommen und 92 Opfer identifiziert worden.
Die Vorgangsweise der beiden unabhängig voneinander agierenden
Tätergruppen war grundsätzlich dieselbe. Sie suchten den Kontakt zu
verzweifelten Patientinnen und Patienten, deren Chance auf Heilung
durch die Schulmedizin sehr gering war, und verkauften ihnen nicht
zugelassene Medikamente indem sie hundertprozentige Heilung
versprachen. Der Inhalt der veräußerten Ampullen reichte von
einfacher Kochsalzlösung bis hin zu nicht zugelassenen Produkten. Das
BK ersucht um Hinweise aus der Bevölkerung zu möglichen Opfern der
beiden Gruppierungen.
Ermittlungen wegen angeblichem Medikament „Powerlight“
Die Ermittler des BK kamen einem Allgemeinmediziner auf die Schliche,
nachdem die Tochter eines Opfers im Mai 2016 Anzeige wegen Betrugs
erstattete, da das Produkt keinerlei Wirkung zeigte. Der Beschuldigte
hatte das angebliche Krebsheilmittel seit August 2015 verkauft.
Das angebliche Medikament „Powerlight“ wurde ursprünglich von einem
deutschen Arzt entwickelt und soll sämtliche Krankheiten heilen. Es
wurden teilweise hundertprozentige Heilversprechen gemacht. Diese
Versprechen wurden mit angeblichen Heilungen untermalt, die aber
weder nachvollzogen noch bewiesen werden konnten. Untersuchungen
ergaben, dass die Plastikampullen mit einer Kochsalzlösung gefüllt
worden waren.
Die Bestellung der Ampullen erfolgte über das Internet. Vertrieben
wurden sie über eine von dem beschuldigten Allgemeinmediziner eigens
in Österreich gegründeten Firma. Eine vorherige Visitation bei dem
Arzt war nicht erforderlich. Eine Anfrage per Mail genügt und das
Produkt wurde nach getätigter Überweisung per Post versandt. Ein
Beipackzettel oder sonstige Erklärungen waren meist nicht enthalten.
Der Preis für die Präparate, die in der Herstellung etwa 25 bis 30
Eurocent kosten, wurde an der Schwere der Krankheit gemessen. Hier
galt der Grundsatz: Je schwerer die Krankheit desto teurer die
Ampulle. Im Schnitt kosteten vier Ampullen rund 1.580 Euro.
Im Zuge der Ermittlungen konnten derzeit 80 Geschädigte ermittelt
werden, die im Zeitraum von Ende 2015 bis Mitte 2016 das Produkt
„Powerlight“ bezogen haben. Die betroffenen Patientinnen und
Patienten sind zum Teil bereits verstorben, sodass nur noch die
Angehörigen befragt werden konnten. Der Gesamtschaden beläuft sich
bisher auf 70.000 Euro. Die beiden Beschuldigten sind auf freiem Fuß
angezeigt worden und bestreiten eine Betrugsabsicht vehement.
Ermittlungen gegen FirstImmune
Durch eine internationale Mitteilung wurde im November 2016 bekannt,
dass einige österreichische Abnehmer das Präparat GcMAF der Firma
FirstImmune gekauft haben sollen. Bei dem Präparat handelt es sich um
ein nicht für den Medizinmarkt zugelassenes Funktionsarzneimittel,
das zur Behandlung zahlreicher schwerer Erkrankungen beworben wurde.
Das Produkt soll Tumorzellen angreifen. Diverse in wissenschaftlichen
Fachmagazinen veröffentlichte Studien wurden aufgrund mehrerer
Unstimmigkeiten später wieder zurückgezogen.
Die Spezialisten des BK forschten eine neunköpfige Tätergruppierung
in Oberösterreich aus, die schwerstkranke Patienten zur Behandlung
mit dem Produkt angeworben haben und denen Heilung versprochen wurde.
Eine Ampulle des Präparates wurde um circa 500 Euro angekauft und mit
einem Gewinnaufschlag von 200 Prozent an die Opfer weitergegeben.
Dabei richtete sich der Preis nach dem Einkommen der Patientin oder
des Patienten und der Schwere der Krankheit. Neben den
Immunpräparaten wurden den Kranken auch Siedebenzin, Kohlenstoff und
THC-haltige Substanzen verabreicht. Diese Substanzen wurden von der
Tätergruppe in einem Kellerlabor selbst hergestellt und führten zu
schwersten Nebenwirkungen bei den Patientinnen und Patienten.
Bei den vier Haupttätern handelt es sich um einen 52-jährigen
Steinmetz, einen 33-jährigen Wettlokalbetreiber, einen pensionierten
Zahnarzt und einen 53-jährigen Baumeister, wobei sie sich gen
Patientinnen und Patienten gegenüber als Apotheker oder als Onkologen
vorstellten. Die Tatverdächtigen sind seit Dezember 2016 in
Untersuchungshaft. Bei den durchgeführten Hausdurchsuchungen wurde
eine große Menge an Beweismitteln sichergestellt. Die Festgenommenen
bestreiten jegliche Betrugsabsicht und beteuern die Heilwirkung der
Präparate. In Österreich konnten bisher zwölf Opfer ausfindig gemacht
werden. Die Ermittlungen wurden in enger Kooperation mit Europol
geführt. Aufgrund der österreichischen Erkenntnisse konnten im
Februar 2017 in Frankreich und auf der britischen Kanalinsel Guernsey
gegen Hersteller und Organisatoren des Vertreibernetzwerkes
eingeschritten, mehrere Untergrundlabore ausgeforscht und mehrere
Beschuldigte festgenommen werden.
Das Bundeskriminalamt ersucht weitere Opfer der beiden
Tätergruppierungen um Kontaktaufnahme unter
BMI-II-BK-3-1-6@bmi.gv.at.
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