• 29.03.2017, 15:32:46
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  • OTS0206

Nationalrat: Eurofighter-Untersuchungsausschuss ist eingesetzt

Abgeordnete beschwören Willen zu lückenloser Aufklärung und konsensualem Vorgehen

Utl.: Abgeordnete beschwören Willen zu lückenloser Aufklärung und
konsensualem Vorgehen =

Wien (PK) - Der Eurofighter-Untersuchungsausschuss hat nun auch
formal alle parlamentarischen Hürden genommen. Nachdem im gestrigen
Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats keine Einwände gegen das
diesbezügliche Verlangen von FPÖ und Grünen erhoben wurden, konnte
Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf, der während der Debatte
im heutigen Plenum den Vorsitz führte, um genau 12.24 Uhr den nunmehr
23. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik als eingesetzt
erklären. Noch heute, nach Schluss der Sitzung, wird sich der
Ausschuss konstituieren.

Im Vorfeld des Ausschusses herrschte unter den Rednerinnen und
Rednern Konsens darüber, dass man lückenlos aufklären und im
gemeinsamem Einvernehmen vorgehen wolle. Die neue Verfahrensordnung,
mit der man durch den Hypo-Untersuchungsausschuss bereits Erfahrung
gewonnen hat, wird generell als richtig und praktikabel angesehen.
Otto Pendl (S) sprach in diesem Zusammenhang von einem
Paradigmenwechsel, der den Untersuchungsausschuss von einem
politischen Ausschuss zu einem Rechtsausschuss gemacht habe. Die
Opposition brachte da und dort die Vermutung ins Spiel, der Ausschuss
könnte durch baldige Neuwahlen abgedreht werden, was von der
Regierung dezidiert in Abrede gestellt wurde.

SPÖ und ÖVP hoffen auf sachorientierte Arbeit

"Wir müssen die neue Verfahrensordnung im Geiste und im Interesse des
Hauses umsetzen und das Gemeinsame in den Vordergrund stellen",
unterstrich Otto Pendl die Tatsache, dass alle Fraktionen hinter dem
Ausschuss stehen. Er äußerte die Hoffnung, diese Gemeinsamkeit der
Fraktionen in die "Alltagsarbeit des Ausschusses mitzunehmen". Der
Nationalrat habe mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses ein
Zeichen gesetzt, dass man die Kontrolle ernst nimmt. Pendl, der seine
Fraktion im Ausschuss auch anführen wird, hofft, dass dieser Weg des
Konsens weitergeführt wird, die Arbeit sachorientiert erfolgt und das
Klima konstruktiv bleibt. In diesem Sinne sieht er eine reelle
Chance, die Fragen rund um den Beschaffungsvorgang der Eurofighter zu
lösen und die Arbeit des Ausschusses erfolgreich abschließen zu
können.

Ähnlich äußerten sich auch Gabriele Tamandl (V) und Bernd Schönegger
(V), die ebenfalls die Notwendigkeit einer sachlichen
Aufklärungsarbeit hervorstrichen. Selbstverständlich werde es
parteipolitische Kontroversen geben, sagte Tamandl, die
konsensorientierte Vorgangsweise müsse aber immer im Vordergrund
stehen. Es gehe darum, aus den Fehlern, die passiert sind, zu lernen,
so Schönegger. Sowohl Tamandl als auch Schönegger betonten, dass es
nicht um persönliche Profilierungen gehe, sondern um politische
Verantwortung, die nicht verjähre. Die neue Verfahrensordnung werde
dazu beitragen, dass es weder eine "Polit-Show" noch "Pilz-
Festspiele" geben werde, zeigte sich Tamandl überzeugt. Nachdem der
Kauf der Eurofighter sowohl durch den ersten Untersuchungsausschuss,
als auch durch die Rechnungshofkontrolle und schließlich durch die
Taskforce des Verteidigungsministeriums die bestgeprüfte Causa sei,
geht Tamandl davon aus, dass man sich vor allem mit dem Vergleich,
den ehemaligen Verteidigungsminister Darabos im Jahr 2007 geschlossen
hat, befassen wird.

FPÖ: keine Angst vor lückenloser Aufklärung

Seitens der FPÖ kam ebenfalls das uneingeschränkte Bekenntnis zur
vollen Aufklärung. Die Freiheitlichen hätten keine Angst davor, hielt
Walter Rosenkranz (F) fest. Jene, die bei den Malversationen
mitgemacht haben, seien nicht mehr bei den Freiheitlichen. Die FPÖ
werde auch im Fall von vorgezogenen Neuwahlen dafür sorgen, dass der
Untersuchungsausschuss auf jeden Fall weiter geht.

Auch Rosenkranz hielt den Vergleich aus dem Jahr 2007, der ihm
zufolge zum Nachteil der Republik abgeschlossen wurde, für einen
wesentlichen Aufklärungspunkt des Ausschusses. Sein Fraktionskollege
Reinhard Eugen Bösch bezeichnete die Anzeige, die
Verteidigungsminister Doskozil gegen die Eurofighter-Firmen aufgrund
des Berichts der Taskforce eingebracht hat, als eine neue rechtliche
Qualität. Bedenken, der Ausschuss werde parallel zu den
Untersuchungen der Staatsanwaltschaften in München und Wien arbeiten
und diese behindern, hält er für nicht angebracht. Das Parlament
kläre die politische Verantwortung, vor allem in Bezug auf
unzulässige Zahlungsflüsse, betonte er. Sollten sich die Vorwürfe
erhärten, dann müsse es zu einer Rückabwicklung des Kaufs und eine
Rückzahlung des Kaufpreises kommen.

Grüne: Konsequenzen aus dem Ausschuss ziehen

Es müsse alles untersucht werden, denn schließlich handle es sich um
den größten Korruptionsfall der Zweiten Republik, konstatierte Peter
Pilz (G), der sich von seinen KollegInnen im Ausschuss im Interesse
einer lückenlosen Aufklärung erwartete, dass noch vor dem Sommer
viele Termine festgelegt werden. Gleichzeitig warnte er davor,
Parteiinteressen von außen ins Parlament zu tragen und in Neuwahlen
zu flüchten.

Es sei zu hinterfragen, weshalb Airbus, Eurofighter und EADS die
Republik so leicht täuschen konnten, sagte Pilz, wer beim Kauf und
beim Vergleich verantwortlich waren und inwieweit das bis heute
reicht. Für den Grünen Fraktionsführer im Eurofighter-Ausschuss geht
es darum, möglichst viel Geld zurückzuholen, er sprach von mindestens
einer Milliarde Euro. Pilz zeigte sich zufrieden darüber, dass mit
der Anzeige wegen Betrugs erstmals Tatverdächtige von Airbus und
Eurofighter vor Gericht stehen. Er selbst kündigte eine Anzeige wegen
Bildung einer kriminellen Organisation durch Airbus und Eurofighter
an.

Für seine Klubkollegin Gabriela Moser (G) stehen vor allem auch die
Konsequenzen, die man aus dem Ausschuss ziehen müsse, im Vordergrund.
In Erinnerung an den ersten Eurofighter-Untersuchungsausschuss
erinnerte sie an den Minderheitsbericht der Grünen, wo
Gesetzesverstöße und Missachtung von Gesetzen aufgelistet wurden.
Moser forderte daher, möglichst schon im kommenden Mai ein
Antikorruptionspaket zu schnüren, damit es nicht mehr vorkommen kann,
dass Sollkriterien von Ausschreibungen verschwinden bzw. auftauchen
und auf einmal Musskriterien nicht mehr relevant sind. Es müsse in
Hinkunft transparente Vergabekriterien geben, Gegengeschäfte dürften
nicht mehr abgeschlossen und Lobbying müsste bei Militärgeschäften
verboten werden.

NEOS: Das dahinterstehende System durchleuchten

Die NEOS wollen den Blick vor allem auf die dahinterstehenden Systeme
werfen, die bei vielen Fällen sichtbar geworden seien, wie Michael
Bernhard (N) ausführte. Schaue man sich die Vorkommnisse an, dann
stehen ihm zu Folge dahinter nicht nur die gleichen Systeme sondern
auch die gleichen Menschen. Er hält es daher für dringend geboten,
die Lehren daraus zu ziehen.

Team Stronach: Flüchtlingspolitik erfordert Untersuchungsausschuss

Es geht um hart verdientes Steuergeld mit dem sorglos umgegangen
wurde, begründeten Leopold Steinbichler (T) und Christoph Hagen (T)
die Notwendigkeit des Ausschusses aus ihrer Sicht. Als eine nicht zu
überbietende Peinlichkeit hält Steinbichler die abgespeckte Variante,
durch die gebrauchte aber nicht gebrauchsfähige Flugzeuge angeschafft
wurden. Für die Anschuldigung, die ehemalige Finanzministerin Maria
Fekter wisse, wie man Budgets frisiere, erhielt Steinbichler vom
Vorsitzführenden Zweiten Nationalratspräsidenten Kopf einen
Ordnungsruf.

Anders als Peter Pilz betrachtet Christoph Hagen die Anschaffung der
Eurofighter nicht als größten Korruptionsfall der Zweiten Republik.
Neben AKH und Zwentendorf stellt seiner Ansicht nach die
Flüchtlingspolitik der Bundesregierung einen politischen Skandal dar,
der nach einem Untersuchungsausschuss rufe. Die Politik des Jahres
2015 mit dem Durchwinken von Flüchtlingen und ÖBB Transporten habe 2
Mrd. € Kosten verursacht, kritisierte er. Die nun kommenden Kosten
für Familienzusammenführungen würden der Republik nun auf den Kopf
fallen, so Hagen. Der Team Stronach Abgeordnete will zudem die Rolle
von NGOs prüfen, denen er zum Teil vorwarf, die Schlepper in
lybischen Gewässern zu unterstützen.

Personelle Zusammensetzung und inhaltlicher Rahmen des Eurofighter-
Untersuchungsausschusses

Der Eurofighter-Untersuchungsausschuss setzt sich aus 18 Abgeordneten
zusammen: SPÖ und ÖVP sind mit jeweils fünf MandatarInnen, die FPÖ
mit vier und die Grünen mit zwei vertreten. Jeweils einen
Abgeordneten stellen die NEOS und das Team Stronach. Daneben wird es,
mit dem gleichen Verteilungsschlüssel, 18 Ersatzmitglieder geben.
Geleitet wird der Untersuchungsausschuss diesmal maßgeblich von
Zweitem Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf. Der Hypo-
Untersuchungsausschuss habe gezeigt, wie wichtig eine gewisse
Kontinuität bei der Vorsitzführung ist, hatte gestern
Nationalratspräsidentin Doris Bures betont. Je größer der Gesamtblick
über das Ausschussgeschehen ist, desto besser könne der Vorsitz seine
Entscheidungen an die Arbeit des Ausschusses anpassen.

Als Verfahrensrichter wird der frühere Vizepräsident des Obersten
Gerichtshofs Ronald Rohrer die Vorsitzführung unterstützen und unter
anderem die Erstbefragung von Auskunftspersonen durchführen. Zu
seinem Stellvertreter haben die Abgeordneten den früheren
Vizepräsidenten des Landesgerichts Salzburg Philipp Bauer gewählt.
Aufgabe von Verfahrensanwalt Andreas Joklik ist es, über die
Einhaltung der Grund- und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen
zu wachen. Der Rechtsanwalt wird dabei im Bedarfsfall von seinem
Berufskollegen Michael Kasper vertreten.

Untersuchungsgegenstand des Ausschusses ist laut Verlangen von FPÖ
und Grünen "die Vollziehung des Bundes betreffend das
Kampfflugzeugsystem 'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende
2016". Insgesamt sind vier Untersuchungsabschnitte -
Vergleichsabschluss 2007 und Task Force, Unzulässige Zahlungsflüsse,
Informationslage bei Vertragsabschluss sowie Erfüllung von Vorlage-
und Informationspflichten beim ersten Eurofighter-U-Ausschuss 2006/07
- geplant (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 257/2017). (Fortsetzung
Nationalrat) jan

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