• 25.03.2017, 12:10:13
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Carl Spitzweg trifft auf Erwin Wurm – Leopold Museum zeigt erste Spitzweg-Ausstellung in Österreich

Ironisch formulierte Gesellschaftskritik köstlich aufbereitet

CARL SPITZWEG 1808–1885 Der Bücherwurm, 1850 Öl auf
Leinwand, 49,4 × 26,9 cm Museum Georg Schäfer, Schweinfurt Foto:
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Utl.: Ironisch formulierte Gesellschaftskritik köstlich aufbereitet =

Wien (OTS) - Mit „CARL SPITZWEG – ERWIN WURM. Köstlich! Köstlich?“
(25.03. bis 19.06.17) präsentiert das Leopold Museum die erste
Ausstellung von Carl Spitzweg in Österreich und zeigt ein ungemein
zeitloses und verblüffend aktuelles Œuvre. In der von Leopold
Museum-Direktor Hans-Peter Wipplinger kuratierten Schau trifft der
dem Biedermeier zugeordnete, ironisch-humorvolle deutsche Maler Carl
Spitzweg (1808–1885) auf Erwin Wurm (geb. 1954), den Meister des
erweiterten Skulpturbegriffs.

Die Präsentation im Leopold Museum ist die erste Ausstellung von Carl
Spitzweg in Österreich. Sie fokussiert mit rund 100 Gemälden und
Grafiken sowie Buchillustrationen auch erstmals – entgegen der mit
dem Biedermeier verbundenen Vorstellungen von Beschaulichkeit und
kleinbürgerlicher Idylle – explizit auf Spitzwegs gesellschafts- und
zeitkritisches Werk, das die Brüche und Konflikte seiner Zeit
künstlerisch dokumentiert. Gleichzeitig erschließt die
Auseinandersetzung mit Spitzwegs Schaffen die Aktualität seiner
Themen, die sich in der „Generation Biedermeier“ des 21. Jahrhunderts
wiederfinden und durch 15 präzise gesetzte Interventionen von Erwin
Wurm verdeutlicht werden, die mittels der Strategie „Humor als Waffe“
agieren.

Hans-Peter Wipplinger: „Obwohl das Biedermeier das spezifische
kulturhistorische Fluidum von Spitzwegs Œuvre darstellt, greift die
herkömmliche Definition in Fall des Künstlers bei Weitem zu kurz. Sie
verhindert eine komplexere und progressivere Lesart des
Spitzweg‘schen Denkens und Schaffens, zu dem – wie die rund 100
präsentierten Exponate deutlich machen – auch die Analyse von
sozialen Hierarchisierungen respektive Herrschaftsverhältnissen, die
Durchleuchtung der Geschlechterbeziehungen oder die subtile
Infragestellung von Harmonie in einer vorgeblich heilen Welt
gehören.“

Der epochenübergreifende, dialogische Ansatz der Ausstellung lässt
sich über die einzelnen thematischen Kapitel der Präsentation nach
verfolgen. So treten etwa die kleinstädtischen Bilder Carl Spitzwegs,
die durch eine präzise und detailreiche Konzeption getragen sind, im
ersten Raum in einen Dialog mit Erwin Wurms Arbeit Narrow House von
2010. Spitzwegs Werke gleichen hierbei nur auf den ersten Blick
idyllischen Stadtszenarien, die mit volkstümlich gekleidetem Personal
– vornehmlich Wachposten, Musikanten, Sänger und weibliche
Darstellerinnen – bevölkert sind.
Bei genauerer Betrachtung zeichnen sich feudale, hierarchische,
patriarchalische und autoritäre Strukturen ab, die auf das System
bornierter Beschränkungen verweisen, das geprägt war von den in
Spitzwegs Epoche gültigen Moralvorstellungen. Den Eindruck von
kleinlichem Gewinkel vermittelt auch Wurms Arbeit Narrow House, die
das Elternhaus des Künstlers in Volumen und Proportionen verändert
zitiert, um damit auf die gesellschaftliche Enge vergangener
Jahrzehnte zu reflektieren.

Zahlreiche Werke Carl Spitzwegs offenbaren auch seine subversive
Haltung gegenüber den Mächten des Staates, seien es Zollbeamte,
Wachposten oder Bürgersoldaten. Die Beschäftigungslosigkeit der
Uniformierten in den friedlichen Zeiten nach den Napoleonischen
Kriegen verleitete Spitzweg zu grotesken Darstellungen wie
strickenden Soldaten. Doch Spitzweg scheute auch nicht vor der
Thematisierung von Korruption und Ungerechtigkeit im
Überwachungsstaat zurück. Die Aktualität dieser Themen wird durch
Erwin Wurms Arbeit New York Police Cap Gold von 2010 unterstrichen,
welche der Polizeikappe überdimensionale Größe verleiht und die
Betrachtenden dazu einlädt, sich unter dieses nicht nur schützend,
sondern auch bedrohlich wirkende Symbol des Rechtsstaates zu stellen.

Weitere Bereiche der Ausstellung widmen sich Carl Spitzwegs Passion
der Darstellung widersprüchlicher Charaktere, die den Künstler nicht
nur als Chronisten seiner Zeit, sondern insbesondere auch als
sensiblen Psychologen erkennen lassen. So finden sich in seinen
Bildern scheinbar fromme Mönche, die sich vermeintlich asketisch von
der Zivilisation in ihre Eremitenhöhle zurückgezogen haben, hier
jedoch einer durchaus lustorientierten Lebensweise frönen. Auch ins
Schrullige gesteigerte Gelehrten-Darstellungen, mit welchen Spitzweg
die Wissenschaftsgläubigkeit seiner Zeit ironisierte, finden sich in
vielen Arbeiten des Künstlers. Zu ihnen gesellen sich Erzählungen von
Spießbürgern in ihrer Freizeitbeschäftigung als „Sonntagsjäger“ und
vom nicht nur realen, sondern auch moralisch gesehenen rechten Weg
abkommenden „Schulmeisterlein“.

„Inmitten gefährdeter Idyllen finden sich in den Spitzweg’schen
Szenerien zahlreiche gebrochene Charaktere. Diesen vermeintlich
eigenbrötlerischen Sonderlingen (...), die beim Nachgehen ihrer
mitunter skurril erscheinenden Alltagstätigkeiten zugleich immer ein
Hauch von Resignation und Widerständigkeit umweht, gilt dabei
Spitzwegs große Sympathie. Dies ist umso bemerkenswerter, da es sich
– in einer Zeit der politischen Restauration nach dem Wiener Kongress
1815 und damit in einer Periode konformistischer Verhaltensweisen –
beim Spitzweg’schen Personal oftmals um klassische Anti-Idealtypen
handelt, die gemeinhin als nicht systemkompatibel erschienen“,
schreibt Hans-Peter Wipplinger im Katalog zur Ausstellung.

Ihr Gegenüber finden die Spitzweg’schen Antihelden in One Minute
Sculptures und anderen Werken Erwin Wurms, welche oftmals – ebenso
wie Spitzwegs Gemälde – Situationskomik mit einer
gesellschaftskritischen Note vermengen. Beide Œuvres verbindet somit
– wie die Ausstellung aufzeigt – ein kritisch-reflektierter Humor,
der als Waffe eingesetzt, den Alltag aus anderer Perspektive zeigt
und damit vielschichtige Dimensionen evoziert.

Der Einladung zur Eröffnung in Anwesenheit von Erwin Wurm und seiner
Frau Elise Mougin folgten u.a. Eröffnungsredner Johannes K. Haindl,
deutscher Botschafter in Wien, und seine Frau Regina Haindl, die
Leopold Museum-Vorstände Elisabeth Leopold, Agnes Husslein-Arco,
Helmut Moser und Carl Aigner sowie Gabriele Langer, kaufmännische
Direktorin des Leopold Museum.

Auch Kooperationspartner und Hauptleihgeber Fritz Ritzmann, Präsident
der Stiftung des Museum Georg Schäfer Schweinfurt, die Sammlerpaare
Rudolf und Edith Breuninger, Rudolf und Elisabeth Geymüller sowie
Sonja Leimann und Hella Pohl (Galerie Thaddaeus Ropac) folgten der
Einladung des Leopold Museum.

Direktor Hans-Peter Wipplinger begrüßte ebenso das Sammlerehepaar
Diethard und Waltraud Leopold, Post-Generaldirektor Georg Pölzl und
seine Frau Eveline Pölzl, Head des Circle of Patrons des Leopold
Museum, Leopold Museum-Freundevereins-Präsident und Vorstand der
Wiener Städtischen Versicherung Dkfm. Hans Raumauf, Künstler
Christian Ludwig Attersee mit seiner Frau, Kunstforum
Geschäftsführerin Ingried Brugger, mumok-Direktorin Karola Kraus und
Ex-mumok-Direktor Edelbert Köb, Secessionspräsident Herwig Kempinger,
die Künstler Daniel Spoerri, Heinrich Dunst, Ingo Nussbaumer, Jakob
Gasteiger, Hubert Schmalix, Roland Kollnitz, Manfred Wakolbinger,
Anna Heindl, Alois Mosbacher, Lorenz Estermann, Peter Sandbichler und
Constantin Luser, Filmregisseur Michael Haneke, die Professoren
Burghart Schmidt und Allan Janik, Banker Karl Arco,
Immobilienverwalterin Johanna Arco, Neurowissenschaftler Ricardo
Aviv, Chirurg Arthur Bohdjalian, Dorotheum GF Martin Böhm, Dompfarrer
Toni Faber, ImPulsTanz-Intendant Karl-Regensburger,
Sozialbau-Vorstand Josef Ostermayer und Ex-Minister Nikolaus
Berlakovich, Zahnarzt Roberto Lhotka, Heinrich Mautner-Markhof und
Caroline Mautner-Markhof, ISMH Direktorin Martina Lillie, Internist
Prof. Siegfried Meryn sowie Korn Ferry GF Christoph la Garde und
Immobilienmaklerin Ramona la Garde und die Galeristen Christine König
und Ernst Hilger.

Die Kunstsammler Margot und Roman Fuchs, Barbara Grötschnig (Vienna
Insurance Group), KHM-Generaldirektorin Sabine Haag und Salzburg
Museum Direktor Prof. Martin Hochleitner, Alfred Weidinger
(Belvedere, designierter Direktor Museum der bildenden Künste
Leipzig), Albertina-Kuratorin Antonia Hoerschelmann und Managerin Eva
Maria Höfer fanden sich ebenfalls zur Eröffnung ein wie der
Industrielle Adrian Riklin (Alcar Holding), Jurist Axel Audrel (Dorda
Brugga Jordis), Antonis Stachel (Kurator Sammlung Sanziany), Franz
Pichorner (KHM), Sylvia Eisenburger-Kunz (Gesellschaft der Freunde
der bildenden Künste), Galerist Cornelis van Almsick, Fotograf
Hubertus Hohenlohe, Birgit Vikas (Kunsttrans), Katarzyna Uszynska
(Neuer Kunstverein Wien), Christian Weiland (Across Business
Development) und Larissa Weiland u.v.m.

CARL SPITZWEG – ERWIN WURM. Köstlich! Köstlich?
25. März bis 19. Juni 2017
Geöffnet täglich außer Dienstag, 10-18 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr
Im Juni täglich geöffnet.

Kuratorenführung mit Direktor Hans-Peter Wipplinger am Do,
30.03.2017, 18 Uhr und mit Franz Smola, Sammlungskurator am Do,
11.05. und Do, 08.06.2017, 18 Uhr
Künstler- und Kuratorenführung im Rahmen eine exklusiven
Sonderöffnung mit Erwin Wurm und Kurator Direktor Hans-Peter
Wipplinger am Mi, 19.04.2017, 18.30 Uhr (Anmeldung:
rahmenprogramm@leopoldmuseum.org)

Zur Ausstellung ist ein 224 Seiten und 150 Abbildungen umfassender
Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther König erschienen,
herausgegeben von Hans-Peter Wipplinger mit Beiträgen von Stefan
Kutzenberger, Franz Smola, Burghart Schmidt, Hans-Peter Wipplinger
und eine Biografie des Künstlers von Esther Hatzigmoser. Erhältlich
im Leopold Museum Shop, Preis: Euro 29,90

Pressebilder zur Ausstellung finden Sie unter:
www.leopoldmuseum.org/de/presse/sonderausstellungen/aktuell/811

Weitere Bilder zur Eröffnung finden Sie unter:
https://www.apa-fotoservice.at/galerie/8892

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