• 21.03.2017, 12:50:24
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  • OTS0122

Urteilssprüche nach Ulrichsbergprozess

Antifaschismus bleibt notwendig, nicht kriminell

Utl.: Antifaschismus bleibt notwendig, nicht kriminell =

Klagenfurt (OTS) - Heute fand der Prozess gegen fünf jugendliche
Antifaschist*innen in Klagenfurt statt, denen vorgeworfen wurde den
Ehrenhain am kärntner Ulrichsberg mit Farbe beschädigt zu haben.
Gegen drei Angeklagte wurde eine diversionelle Erledigung
beschlossen. Sie wurden verpflichtet 40 Sozialstunden abzuleisten und
eine Schadenwiedergutmachung in der Höhe von 150€ an die
Ulrichsberggemeinschaft zu zahlen. Zwei der Angeklagten wurden wegen
schwerer Sachbeschädigung zu einer bedingten Haftstrafe von 3 Monaten
bzw. einer Geldstrafe in Höhe von 320€ verurteilt, wobei beim ersten
Urteil auch eine versuchte Anstiftung zur Falschaussage
ausschlaggebend war.

Obwohl es sich klar um einen politischen Prozess handelte, versuchte
der Richter durchgehend den politischen Kontext der Aktion
auszuklammern oder erklärte ihn schlicht weg für irrelevant. Dass am
sogenannten Ehrenhain am Ulrichsberg verbrecherischen Organisationen
wie Einheiten der (Waffen-)SS gehuldigt wird spielte eben sowenig
eine Rolle, wie die gesetzeswidrige Brauchtumspflege. Denn ein großer
Teil der am Ulrichsberg ausgestellten Tafeln, dürften nach geltender
Rechtslage nicht dort angebracht werden. In der Urteilsbegründung
stellte der Richter fest, es handle sich bei dem Denkmal für
Wehrmacht und (Waffen-)SS um eine „Totengedenkstätte“. Das zähle für
ihn, da dadurch die Qualifikation der schweren Sachbeschädigung
erfüllt sei. Ihm sei nicht wichtig welchen Toten hier öffentlich
gedacht wird. Dieser Urteilsspruch eines österreichischen Gerichtes
stellt eine klare Geschichtsrelativierung und eine Täter-Opfer-Umkehr
dar. Wer nur von Toten spricht, den historischen Kontext aber dabei
ausklammert, der verwischt die Grenzen zwischen Täter*innen und
Opfern des Nationalsozialismus.

Interventionen gegen hegemoniale Geschichtsnarrative, wie sie am
Ulrichsberg gepflegt werden, bleiben aus antifaschistischer
Perspektive weiterhin bitter notwendig. Es geht schlicht darum den
Opfern des Nationalsozialismus ein würdiges Gedenken einzufordern und
die Auseinandersetzungen mit der eigenen Schuld und den
Verstrickungen der österreichischen Mehrheitsgesellschaft in die
Verbrechen des Nationalsozialismus zu thematisieren, damit die
Forderung, dass Auschwitz nicht wieder sei, nichts ähnliches geschehe
keine hole Phrase bleibt.

Die angeklagten Antifaschist*innen überlegen weitere rechtliche
Schritte an um die skandalösen Methoden der Ermittlungsbehörden
einzuleiten. Verfassungsschutz und Polizei liesen fast kein Mittel
unausgeschöpft um Antifaschist*innen zu verfolgen, während bei
Neonazis und Rechtsextremen sowie bei deren gesetzeswidriger
Traditionspflege, wie sie am Ulrichsberg exemplarisch sichtbar wird,
gerne ein Auge zugedrückt wird. Der eigentliche Skandal und das
eigentliche Verbrechen bleibt weiterhin, dass die Tafeln am
Ulrichsberg unbehelligt, fernab von politischer und
gesellschaftlicher Kritik, sowie straf- oder verwaltungsrechtlichen
Konsequenzen im Ehrenhain hängen, und nicht eine Aktion, bei der mit
Farbbeutel auf die geschichtsrevisionistische und - ´relativierende
Tradition am Ulrichsberg gemacht wurde. Denn das Ulrichsberggedenken
steht bis heute für die Glorifizierung der Täter*innen der
nationalsozialistischen Verbrechen sowie des Vernichtungskrieges der
Wehrmacht.

Zu hoffen bleibt, dass die erneute Thematisierung der Tafeln im Zuge
des Prozesses dazu führt, die Debatte um die Schließung des
Ehrenhains am Ulrichsberg voranzutreiben und statt dessen ein
Partisan*innen-Denkmal zu errichten, die einen erheblichen Beitrag
zur Beendigung der nationalsozialistischen Verbrechen geleistet
haben. Denn es bleibt weiterhin im Unklaren wen diese Tafeln
eigentlich gehören und damit auch wer durch diese Aktion geschädigt
wurde.

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