- 21.03.2017, 11:19:11
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„Menschen & Mächte“-Dokumentation „Hitler und die Kinder vom Obersalzberg“ im ORF-Landesstudio Salzburg präsentiert
ORF/BR-Produktion am 22. März um 22.30 Uhr in ORF 2
Utl.: ORF/BR-Produktion am 22. März um 22.30 Uhr in ORF 2 =
Wien (OTS) - Sie waren damals noch Kinder oder Jugendliche, lebten
mit ihren Familien in der Stadt Salzburg oder am Obersalzberg, gleich
über der Grenze gelegen nahe dem bayerischen Berchtesgaden. Dort wo
Hitlers zweiter Regierungssitz lag, der Berghof. „Ich war ein
glückliches, privilegiertes Kind“, erzählt Marga Benkert (Jahrgang
1936). Das hatte mit ihrem Vater zu tun, zuständig für den Straßenbau
am Obersalzberg. „Es war ein gewisser Stolz, dabei zu sein, denn als
Kind war man leicht zu begeistern“, sagt der Salzburger Herbert
Holzer (Jahrgang 1931). Er gehörte zu einem „Fanfarenzug“, der zu
Hitlers Geburtstag am Berghof aufspielte. Heute, Jahrzehnte später,
berichten diese Zeitzeugen – manche das erste Mal vor einer TV-Kamera
– über die sorgenfreien Jahre am Obersalzberg, über die Besuche und
Erlebnisse am Berghof. Über jenen Mann, für den Eltern oder Verwandte
arbeiteten, der „lieb und freundlich war“ und gleichzeitig jüdische
Kinder ebenso massenhaft ermorden ließ wie behinderte Jugendliche.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, nach Bekanntwerden der NS-Verbrechen,
wurde den „Kindern vom Obersalzberg“ die Parallelität von Idylle und
Schrecken recht bald deutlich. So wurden am Berghof Beschlüsse zu
einigen der größten NS-Verbrechen gefasst: etwa Menschen mit
körperlichen und geistigen Behinderungen zu ermorden, der
Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion und auch der Beschluss, alle
jüdischen Ghettos zu liquidieren, entschieden von Reichsführer SS
Heinrich Himmler und Adolf Hitler am 19. Juni 1943.
Diese Parallelität von Idylle und Schrecken steht im Mittelpunkt von
Robert Altenburgers „Menschen & Mächte“-Dokumentation „Hitler und die
Kinder vom Obersalzberg“, einer Koproduktion von ORF, BR, Degn Film
und BMB, die gestern, am 20. März 2017, von ORF-Generaldirektor Dr.
Alexander Wrabetz und BR-Fernsehdirektor Dr. Reinhard Scolik im
ORF-Landesstudio Salzburg präsentiert wurde und am Mittwoch, dem 22.
März 2017, um 22.30 Uhr in ORF 2 zu sehen ist.
ORF-Landesdirektor Christoph Takacs begrüßte neben dem für die Doku
verantwortlichen ORF-Hauptabteilungsleiter Gerhard Klein Günther
Pfleger und Mucky Degn von der produzierenden Degn Film, den
stellvertretenden BR-Fernsehdirektor Andreas Bönte sowie vier in der
Dokumentation zu Wort kommende Zeitzeugen. Zwei von diesen, Marga
Benkert und Rupert Zückert, wurden nach dem Film von Andreas Novak,
dem Leiter der ORF-Zeitgeschichte-Redaktion, und dem Filmgestalter
Robert Altenburger interviewt.
Ebenfalls unter den zahlreich erschienenen Gästen: die Salzburger
Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf, die Präsidentin der Salzburger
Festspiele Helga Rabl-Stadler und der neue Kaufmännische Direktor der
Salzburger Festspiele, Lukas Crepaz, Sepp und Heli Forcher,
ORF-Stiftungsrat Matthias Limbeck u. v. m.
ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz: „Anspruch der ORF-Reihe
‚Menschen & Mächte‘ ist es, Zeitgeschichte aufzuarbeiten. Die
Dokumentation will die brutale Inszenierung und Instrumentalisierung
und die Methoden und Propagandamittel offenlegen, mit denen Kinder
und Jugendliche über Jahre perfide missbraucht wurden. Das versucht
die Sendung ‚Hitler und die Kinder vom Obersalzberg‘ mit Aussagen von
Zeitzeugen, die die Manipulation durch das NS-Regime als Kinder
erleben mussten. Ihre Erinnerungen an diese Zeit und die Reflexion
aus heutiger Sicht verdeutlichen die Parallelität von scheinbarer
Idylle einerseits und dem Schrecken der Nazi-Herrschaft
andererseits.“
BR-Fernsehdirektor Dr. Reinhard Scolik: „Diese Dokumentation stellt
sehr spannend und anschaulich den Obersalzberg als Parallelwelt zum
Krieg und zu den Gräueln des NS-Regimes dar. Mit seinem zweiten
Regierungssitz Obersalzberg hat Hitler ein ganzes Dorf als
Propaganda-Kulisse missbraucht. Viele Gespräche mit Zeitzeugen geben
ein besonderen Einblick auf die Manipulationsmaschinerie der Nazis –
gesehen mit den Kinderaugen von damals und mit der Bewertung von
heute.“
Andreas Novak, Leiter der ORF-Zeitgeschichte-Redaktion: „So nah und
doch so fern. Der Obersalzberg und Hitlers Berghof sind in der
öffentlichen Erinnerung überwiegend in Salzburg präsent, im Rest von
Österreich schon viel weniger, vor allem im Osten des Landes. Grund
genug, sie in der Dokumentation dementsprechend aufzufrischen. Die
frühe Instrumentalisierung von Kindern im Sinne der NS-Ideologie
ebenso wie die Verstaatlichung des Privaten wird am Obersalzberg und
seiner Umgebung besonders deutlich. In dieser Gegend kann die
Parallelität von Idylle und Schrecken dokumentarisch verdeutlicht
werden.“
Gestalter Robert Altenburger: „Durch die vielen Gespräche mit
Zeitzeugen, die damals weder Täter noch Opfer, sondern Kinder und
Jugendliche waren, ergab sich ein vertiefender neuer Einblick in die
Perfidie des NS-Regimes. Sie wurden vom Kindesalter manipuliert und
instrumentalisiert.“
„Hitler und die Kinder vom Obersalzberg“ – Mittwoch, 22. März, 22.30
Uhr, ORF 2
Der Berghof, ursprünglich als Sommer-Residenz gedacht, wird ab 1933
nach Hitlers Machtübernahme in Deutschland großzügig zum zweiten
Regierungssitz neben Berlin ausgebaut. Das geschieht unter der
Leitung von Hitlers Sekretär Martin Bormann. Wo der „Führer“ wohnt,
dort wollen auch die Paladine residieren: Martin Bormann,
Luftwaffenchef Hermann Göring, der Architekt und spätere
Rüstungsminister Albert Speer. Daher müssen Familien in der Umgebung
ihre Häuser und Grundstücke verlassen. Wer nicht spurt, dem droht
Konzentrationslager. Ein Zeitzeuge berichtet über die brutalen
Methoden und die Drohungen Bormanns.
Die Dokumentation zeigt auch die bislang wenig bekannten Dimensionen
des Berghofs und seiner Umgebung. Zusätzlich wurde eine SS-Kaserne
errichtet, in weiterer Folge entstanden ein Gewächshaus, ein
Gästehaus, eine Theaterhalle, ein Kindergarten, ein Teehaus und das
„Kehlsteinhaus“ auf 1.834 Metern Höhe. Zwischen 1933 und 1945 leben
und arbeiten bis zu 20.000 Menschen auf dem Obersalzberg. Hinzu
kommen noch Hunderte Zwangsarbeiter aus Italien und Tschechien, die
an der Errichtung der Gebäude und der riesigen unterirdischen
Bunkeranlagen beteiligt sind. Etwa Zdenek Hulka aus der tschechischen
Stadt Cheb, in den Jahren 1943 bis 1944 zur Zwangsarbeit für den
Bunkerbau eingeteilt. Er berichtet von den lebensbedrohlichen
Arbeitsbedingungen. Fast täglich gibt es Tote und Verletzte. Auch die
Angst vor der Deportation in ein KZ ist ständiger Begleiter, denn man
weiß von den systematischen Morden im nahegelegenen KZ Dachau.
Zur Parallelität von Idylle und Schrecken gehört auch die in
Wochenschaufilmen, aber vor allem via Fotos reproduzierte
Inszenierung des volksnahen und vermeintlich kinderliebenden
„Führers“. Mit propagandistischer Perfektion bedient sich Hitlers
Leibfotograf Heinrich Hoffmann der Motive der heilen Bergwelt, um
Hitler mit Erwachsenen und Kindern in dieser Kulisse zu inszenieren.
Mehr als 4,3 Milliarden Fotos dieser Art gelangen so in Umlauf. Um
gezielt Kinder und Jugendliche anzusprechen, können diese Bilder in
eigens dafür gedruckte Sammelalben eingeklebt werden. Als Fotomotiv
diente damals auch Gerhard Bartels (Jahrgang 1932). Sein Onkel war
Hitlers Feldwebel während des Ersten Weltkriegs. Hitler besucht die
Familie schon vor 1933 regelmäßig. „Was hat denn der Führer gesagt?“,
wurde Bartels damals gefragt. „,Nix Gescheites‘ hab ich gesagt. Ich
hab damals schon einen Weitblick gehabt“, erzählt er im Interview mit
Robert Altenburger.
Der Salzburger Rupert Zückert (Jahrgang 1931) etwa gehörte zu jenen,
die nach der Auslöschung Österreichs im März 1938 mit den Eltern zum
„Führer Schauen“ auf den Obersalzberg pilgern. Er wird aus der Menge
herausgeholt, um mit Adolf Hitler für Fotos zu posieren. Viele der
bislang kaum bekannten Schilderungen von Zeitzeugen aus Österreich
und Bayern ermöglichen neue Einblicke in das Leben im sogenannten
Führersperrgebiet, das bis nach Salzburg reichte. Als am 16. Oktober
1944 die ersten Bomben auf die Mozartstadt fallen und Herbert Holzer
die ersten Toten in den Straßen Salzburgs liegen sieht, weicht die
Begeisterung rasch der Ernüchterung über die Nazizeit.
Der Film thematisiert auch, wie mit dem NS-Erbe umgegangen wurde.
Hitlers Berghof wird zwar 1952 gesprengt. Doch bis heute sind Ruinen
und erhaltene Gebäude wie die „Kleine Reichskanzlei“ in Berchtesgaden
oder das „Kehlsteinhaus“ Anziehungspunkt für Touristen – aber auch
für Ewiggestrige.
Die Sendung ist nach der TV-Ausstrahlung sieben Tage auf der
Video-Plattform ORF-TVthek (http://TVthek.ORF.at) als Video-on-Demand
abrufbar und wird auch als Live-Stream angeboten.
Das gesamte TV-Angebot des ORF – ORF eins, ORF 2, ORF III, ORF SPORT
+ sowie 3sat – ist auch im HD-Standard zu empfangen. Alle
Informationen zum ORF-HD-Empfang und zur Einstellung der neuen
HD-Angebote finden sich auf der Website hd.ORF.at, die
ORF-Service-Hotline 0800 / 090 010 gibt kostenfrei aus ganz
Österreich persönliche Hilfestellung.
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