Ergebnispräsentation des rechtswissenschaftlichen Fachgutachtens
Utl.: Ergebnispräsentation des rechtswissenschaftlichen
Fachgutachtens =
Wien (OTS) - Am Mittwoch, den 15. März 2017, stellten die beiden
Verfassungsexperten Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger und Priv.-Doz. Dr.
Konrad Lachmayer die Ergebnisse der von den Obleuten der vier
bundesweiten Sozialversicherungsträger (SVA, BVA, VAEB, SVB)
beauftragten Verfassungsstudie zur aktuellen Strukturfrage um die
österreichische Sozialversicherung vor.
Anstoß für das in Auftrag gegebene Gutachten war die von
Sozialminister Alois Stöger initiierte Effizienzstudie und die daraus
resultierende Diskussion um die Zusammenlegung von
Sozialversicherungsträgern. Konkret wurde in dem
verfassungsrechtlichen Gutachten das Konzept eines so genannten
Länderkassenmodells (ein Krankenversicherungsträger pro Bundesland)
beurteilt.
Versachlichung der Diskussion
Die Obleute der bundesweiten Sozialversicherungsträger
(Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft,
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Versicherungsanstalt
für Eisenbahnen und Bergbau und Sozialversicherungsanstalt der
Bauern) wollen mit dem Gutachten eine Entemotionalisierung und
Versachlichung der im Raum stehenden Diskussion erreichen. SVB-Obfrau
Vizepräs. ÖKR Theresia Meier hebt zudem hervor, dass es bei den
Überlegungen um eine effiziente Sozialversorgung nicht in erster
Linie um Strukturfragen gehe, sondern „im Vordergrund bei solchen
Reformen sollten primär die Interessen der Versicherten und die
Sicherstellung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen
stehen.“
Selbstverwaltung in Verfassung klar definiert
Verfassungsrechtlicher Ausgangspunkt ist die Wahrnehmung der
Sozialversicherung durch die Selbstverwaltung. Diese ist so
ausgestaltet, dass Personengruppen mit gemeinsamen spezifischen
Interessen so genannte Selbstverwaltungskörper bilden und diese die
Verwaltung der Sozialversicherung für ihre Interessensgruppe
übernehmen.
Die Umsetzung eines – wie zuvor genannten – Länderkassenmodells stößt
laut Gutachten in mehrerlei Hinsicht auf verfassungsrechtliche
Grenzen, unter anderem aufgrund des Selbstverwaltungsprinzips. Denn
ist nahezu die gesamte Bevölkerung in einer Kasse zusammengefasst,
können die spezifischen Interessen der einzelnen Gruppen nicht
ausreichend berücksichtigt werden. Ebenso widerspricht ein
ausschließlich territorialer Bezug für die Zugehörigkeit – wie beim
Länderkassemodell – anstelle der Zusammenfassung gleichartiger
Interessen dem Prinzip der Selbstverwaltung.
Leistungsharmonisierung ist Voraussetzung für strukturelle
Veränderungen
Somit ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht jede Zusammenführung
von Sozialversicherungsträgern möglich – gilt es doch in Hinblick auf
das Selbstverwaltungsprinzip auf gleichartige Interessen,
insbesondere was die Leistungserbringung in der Kranken-,
Unfallversicherung und Altersversorgung betrifft, zu achten. Dies
würde daher im Falle einer Zusammenlegung von
Sozialversicherungsträgern auch eine weitgehende Harmonisierung des
Leistungsrechts für die gesamte, in diesem Träger zusammengefasste
Risikogruppe bedingen.
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