• 15.02.2017, 21:00:01
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TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 16. Februar 2017 von Nina Werlberger - Gute Entscheidung, EU-Parlament

Innsbruck (OTS) - Die Europaparlamentarier sagten mit überwältigender
Mehrheit Ja zum Freihandelsabkommen mit Kanada.
Damit senden sie ein starkes Signal gegen Mauern und Protektionismus
in die Welt. Es ist dringend nötig.

Es war am Ende eine klare Sache. Das EU-Parlament hat am Mittwoch mit
großer Mehrheit dem Freihandelsabkommen CETA zwischen Europa und
Kanada seinen Segen gegeben. Das ist gut so. Nicht etwa, weil CETA
der Weisheit letzter Schluss wäre. Das Abkommen hat Schwachstellen,
viele Argumente der Kritiker sind berechtigt. Nachdem aber nun alle
Pros und Contras bis zum Exzess durchdekliniert wurden, ist es jetzt
an der Zeit, den Blick zu erweitern. Alle berechtigten Einwände
dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Europa am Mittwoch ein
klares und gerade jetzt besonders wichtiges Signal in die Welt
geschickt hat. Die EU-Parlamentarier riefen damit: Schaut her,
während sich die USA ohne Not, Ziel und Sinn abschotten, tun wir das
nicht! Es ist ein Zeichen wider den Protektionismus. Es ist ein
Zeichen, dass wir Europäer mehrheitlich nicht denken, dass es schon
genügt, das Erreichte zu bewahren. Es ist ein Zeichen, dass wir nicht
dem Irrglauben erliegen, die Globalisierung aussperren zu können,
sondern dass wir sie in unserem Sinne gestalten wollen.
Allerdings – und das ist eine Schwäche, die das Gezeter um CETA
offenbart hat – gibt es eine große unbeantwortete Frage: Welchen
Freihandel wollen wir? Wie stellen wir sicher, dass alle in Europa
eine Politik verfolgen, die keine Handelskriege befeuert, so wie sie
Donald Trump riskiert? Wie das Hin und Her um CETA, TTIP und Co.
zeigt, gibt es in den Mitgliedstaaten keine klare Position in der
Handelspolitik – anschaulich zu beobachten von Österreich bis in die
Wallonie, wo das Regionalparlament CETA kurzfristig ins Aus bugsiert
hatte. Eben weil es keine klare Strategie in Sachen Freihandel gibt,
konnten Populisten das sperrige Thema auch für ihre Zwecke kapern.
CETA taugte sehr gut als Feindbild. 3,5 Mio. Europäer haben dagegen
unterschrieben – das ist schon etwas.
Klar ist aber auch: Wirtschaftlich ist Europa im Handel mit Kanada
der Goliath. Dass die 500-Millionen-Union samt ihrer Standards im
Austausch mit den 36 Mio. Mountys unter die Räder kommt, ist doch
eher unwahrscheinlich. Das Bild vom trojanischen Freihandelspferd,
über das die Amerikaner Chlorhendln, Konzernklagen und Sozialabbau in
die EU infiltrieren, kommt zwar stark daher. Aber dass US-Firmen
jetzt massenhaft über kanadische Töchter in die EU einfallen,
erscheint doch eher abseitig. Und: CETA als Ganzes – inklusive
Investorenschutz – kommt erst, wenn die nationalen Parlamente aller
EU-Staaten einzeln CETA ratifiziert haben. Eine Frist dafür gibt es
nicht.

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