• 15.01.2017, 18:00:01
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  • OTS0033

„Zu Saisonmitte fahren wir um Siege“

SN-Interview, Teil 2: Dietrich Mateschitz über Formel-1-Chancen, Ecclestone und Eishockey.

Utl.: SN-Interview, Teil 2: Dietrich Mateschitz über
Formel-1-Chancen, Ecclestone und Eishockey. =

Salzburg (OTS/SN) - Gerhard Kuntschik

Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz ist positiv gestimmt: Er erwartet
in der Formel 1, Mercedes angreifen zu können, und freut sich auf die
Play-offs im Eishockey, wie die SN in ihrer Montagsausgabe berichten.

SN: Die Formel-1-Saison lief 2016 für Red Bull Racing wohl weit
besser als von allen erwartet. Ihre Bilanz und ein Ausblick nach
vorn?

Mateschitz: Mit den ersten drei haben wir vor der Saison 2016 schon
gerechnet. Aber da ist vieles relativ. Bist du so gut oder nur
deswegen, weil deine Hauptkonkurrenten schwächer sind? Als
Vize-Weltmeister schnitten wir etwas besser als erwartet ab,
erzielten dank der Zusammenarbeit von Mario Illien mit der neuen
Technikertruppe von Renault auch eine hohe Standfestigkeit. Dass wir
Ferrari distanzierten, war weniger aus finanzieller Sicht wegen des
Preisgelds wichtig denn als Frage der Ehre!

SN: Der Motorendeal mit Renault wurde ja für Red Bull Racing bis 2018
verlängert, Toro Rosso bekommt heuer wieder und auch bis 2018
Renault. Sie sind also mit dem 2015 so oft kritisierten Partner
zufrieden?

Mateschitz: Renault holte für 2016 neue, ambitionierte und vor allem
kompetente Leute, gemeinsam mit Illien ging da viel voran. Ich rechne
für heuer damit, dass wir motorisch so stark werden, dass wir näher
an Mercedes herankommen. Wir wollen Mitte der Saison absolut
wettbewerbsfähig sein. Allerdings ist dabei Ferrari weiter die
Unbekannte. Unsere Fahrerpaarung Ricciardo/Verstappen ist ein klares
Plus für uns.

SN: Apropos: Wurden die beiden nach dem überraschenden
Rosberg-Rücktritt „geködert“?

Mateschitz: Es wurde darüber ja zwischen Helmut (Marko) und Niki
(Lauda) diskutiert, aber eher im Spaß. Jeder wusste, dass keiner
unserer Fahrer zur Verfügung stehen würde. Es ist auch keiner zu mir
gekommen und bat um Freigabe.

SN: Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Ex-Champion Sebastian Vettel?

Mateschitz: Ja, hin und wieder, wenn ich bei einem Grand Prix bin
oder am Telefon, aber fast immer Smalltalk. (Lacht) Ich sag’ ihm
immer, Rot stehe ihm nicht . . .

SN: Wird Toro Rosso mit Renault heuer stärker?

Mateschitz: Toro Rosso wird gegen Force India und Williams nur
schwer bestehen können, sollte aber gegen McLaren um Platz sechs
kämpfen. Carlos Sainz hat sich stark entwickelt, Daniil Kwjat waren
wir es schuldig, ihm weiter zu vertrauen. Pierre Gasly wird als
Junior Ersatzfahrer und viel im Simulator arbeiten.

SN: Würden Sie für ServusTV Formel-1-Rechte kaufen, sollte der ORF
nach 2019 aussteigen?

Mateschitz: Es würde wenig Sinn machen, neben RTL und Sky dritter
Sender zu sein. Im MotoGP macht es trotz Eurosport Sinn, da arbeitet
ein sehr sympathisches und professionelles Team für ServusTV.

SN: Die Formel 1 bekommt gerade neue Mehrheitseigentümer. Haben Sie
mit den Amerikanern von Liberty Media schon Kontakt gehabt?

Mateschitz: Noch nicht, aber Chase Carey könnte mit Bernie Ecclestone
nach Kitzbühel kommen, da werden wir reden.

SN: Zum Beispiel worüber?

Mateschitz: Die Popularität der Formel 1 steht und fällt mit dem
Wettbewerb an der Spitze. Motorsport ist gut, wenn die Topteams eng
beisammen sind. Ein Kampf um Platz drei und vier ist zu wenig. Die
Autos müssen wieder archaischer werden, was ja für heuer schon in die
Wege geleitet wurde. Die vielen dämlichen Strafen für Fahrer gehören
abgestellt, die versteht kein Fan mehr.

SN: Was wird sich 2017 durch die neue Technik (breitere Autos,
breitere Reifen) ändern?

Mateschitz: Die Fitness der Fahrer wird noch viel wichtiger. Wir
reagieren darauf mit einem zusätzlichen Trainingsprogramm für unsere
Fahrer, damit sie die höheren Kurvengeschwindigkeiten am besten
verkraften.

SN: Erwarten Sie, dass Ecclestone auch unter Liberty weiter das Sagen
haben wird?

Mateschitz: Wenn sie klug sind, werden sie ihn behalten. Er kennt
alle Verträge, alle Details, hat die Verbindungen. Das kann man nicht
so einfach ignorieren. Man ist in der Formel 1 gut beraten, wenn man
glaubt, dass man um Bernie nicht herumkommt.

SN: Haben Sie Interesse am Kauf von F1-Anteilen, wurden Ihnen welche
angeboten?

Mateschitz: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ob ich Anteile kaufen
soll. Einerseits würde es naheliegen, denn die Formel 1 braucht auch
Eigentümer, die keine Autohersteller sind. Andrerseits ist der Wert
abhängig von den Teams, die sich verpflichten. Wir müssen abwarten,
wie es nach dem Auslaufen der aktuellen Verträge (Ende 2020, Anm.)
aussieht. Darüber wird man wohl bald einmal zu verhandeln beginnen
müssen.

SN: Auf dem Red Bull Ring war die MotoGP-Rückkehr ein voller Erfolg,
die Formel 1 ein Defizitbringer. Haben Sie weiter Lust an den eigenen
Rennen?

Mateschitz: Als Rennpromotor weißt du, welche Kosten entstehen. In
der Formel 1 decke ich mit den Zuschauereinnahmen gerade die
Organisationskosten ab, die Gebühr für das Paket der Teams ist ein
Zuschussposten. Im MotoGP kann ich kostendeckend sein. Das Promotor’s
Fee ist da ein Viertel oder Fünftel der Formel 1. Ich bin aber
sicher, wenn wir (Red Bull Racing) wie erhofft heuer an der Spitze
mitfahren, haben wir in Spielberg 70.000 Zuschauer am Sonntag statt
50.000. Das Publikum von Formel 1 und MotoGP ist aber völlig
unterschiedlich.

SN: Freuen Sie sich auf den KTM-Einstieg im MotoGP?

Mateschitz: Klar. Wir sind doch seit 25 Jahren oder so Partner. Was
KTM macht, wir sind dabei. KTM wird es auch im MotoGP schaffen, an
die Großen heranzukommen. Es gibt allen Grund zur Zuversicht.

SN: Wann gibt es wieder einen österreichischen F1-Fahrer?

Mateschitz:(Lacht) Der nächste ist gerade drei Wochen alt! (Gemeint
ist der eben geborene Sohn von Gerhard Berger.)

SN: Wie sind Sie mit dem Experiment der Nachwuchsakademie für Fußball
und Eishockey zufrieden?

Mateschitz: Sehr zufrieden. Es war eine gute Idee, beide Sportarten
hier einzubringen. Neben der sportlichen Arbeit wird hier auch
menschlich viel geleistet, es entstehen Freundschaften, aber auch
gesunde Rivalitäten zwischen den jungen Sportlern. Aber sie sind wie
eine große Familie zusammengewachsen. Man sieht es immer wieder, wie
auch der „Schmäh“ läuft.

SN: Für Ihre Münchner Eishockey-Abteilung soll es bald eine neue
Halle auf internationalem Topstandard geben, in Salzburg scheint kein
Projekt in Sicht. Wie ist der Zeitplan für das Münchner Projekt
gemeinsam mit dem FC Bayern für seine Basketballer?

Mateschitz: Die Planungsphase für die Halle für 10.000 Zuschauer im
Olympiagelände ist weitgehend abgeschlossen. Ich rechne mit keiner
langen Phase zwischen Einreichung und Baugenehmigung. Wir könnten
dann noch heuer beginnen und rechnen mit einem Jahr Bauzeit. Spiele
in der Saison 2018/19 werden sich wohl kaum ausgehen, aber mit
2019/20 sollte es wirklich losgehen.

SN: Gibt es Pläne, die Halle Red Bull Arena oder ähnlich zu nennen,
oder wollen Sie Partner, einen Sponsor à la Allianz Arena, finden?

Mateschitz: Das wurde noch nicht ernsthaft diskutiert, da sind wir
flexibel.

SN: Gibt es in Salzburg, wo Red Bull ja im Sommer viel Geld für die
Auffrischung der Eisarena in die Hand nahm, noch Hallenpläne?

Mateschitz: Ein neues Eisstadion hat da keine Priorität. Der
Volksgarten ist ein guter Kompromiss, der für die meiste Zeit des
Grunddurchgangs reicht. Es wäre wohl schwierig, für (den Fanansturm
in den) Play-offs eine neue Halle zu bauen.

SN: Sportlich gibt es in München wie Salzburg wohl keinen Grund zur
Klage?

Mateschitz: Die Münchner sind Tabellenführer, die Salzburger sind
vorn mit dabei. Jetzt erleben wir das Vorspiel, warten wir einmal die
Play-offs ab, dann wird es interessant und wichtig. Ich habe mit der
aktuellen Dominanz der Caps kein Problem. Ein starkes Team in Wien
ist essenziell für die Liga und das heimische Eishockey. Das ist der
wichtigste Club.

SN: Sie kritisierten früher oft die Liga und den Einfluss des Südens.
Und nun?

Mateschitz: Es haben sich viele Dinge zum Besseren verändert.

SN: Denken Sie über Engagements in für Red Bull neuen Sportarten
nach, vielleicht im attraktiven Basketball?

Mateschitz: Da soll man nie nie sagen, aber im Moment bietet sich
nicht wirklich etwas an. Aber wir können sukzessive bestehende
Aktivitäten ausbauen, z. B. im Segeln.

SN: Das Air Race geht 2017 weiter?

Mateschitz: Ja. Wir haben acht Schauplätze. Und es gibt auch eine Art
Nachwuchsklasse, in der Lizenzen für die Air-Race-WM vergeben werden.

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