• 17.12.2016, 08:00:01
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VfGH lehnt Antrag auf Legalisierung von Medizinalhanf ab

Wien (OTS) - Die Ages hat in Österreich das exklusive Recht auf die
Produktion von Cannabis für die Herstellung von Arzneimitteln –
Profit schlägt daraus ein deutscher Pharmakonzern. Ein Wiener
Unternehmer zog gegen das Monopol vor Gericht, der Antrag wurde jetzt
abgelehnt. Das staatliche Hanfmonopol ist laut VfGH nicht
verfassungswidrig, die Alleinstellung der Ages bei Medizinalcannabis
dient laut Verfassungsgericht der Missbrauchsprävention. Die Folge:
Synthetische Cannabismedikamente bleiben für Patienten teuer.

Der Anbau von Cannabispflanzen für die Herstellung von Arzneimitteln
ist der staatlichen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit
(Ages) vorbehalten. Die Ages hat als Monopolist die unvereinbare
Rolle von Aufsicht und Produktion, wobei die jährliche
Herstellungsmenge eine Vereinbarungssache zwischen der Ages und ihrem
Vertragspartner Bionorica ist. Das deutsche Pharma-Unternehmen kauft
die Cannabisblüten und stellt daraus synthetische Arzneimittel her.
Damit kann die Ages frei von Konkurrenz Preis und Menge der
angebauten Cannabispflanzen bestimmen. Das Monopol führt dazu, dass
es in Österreich eine Unterproduktion gibt, über Cannabis als Medizin
de facto nicht geforscht werden kann und Cannabisarzneimittel für
Patienten vielfach zu teuer sind. Was für Patienten gut wirkt, muss
leicht zugänglich und erschwinglich sein. Das ist in Österreich nicht
der Fall. Gegen dieses Monopol zog der Geschäftsführer der Flowery
Field GmbH, Alexander Kristen, vor das Verfassungsgericht und brachte
im Mai 2016 einen Individualantrag ein.

„Die Versorgung von Patienten mit synthetischen Cannabinoiden ist in
Österreich bereits möglich, bei natürlichen Cannabinoiden
(Cannabisblüte) wird das noch verhindert – zum Nachteil heimischer
Schmerzpatienten. Synthetische Cannabinoide sind kostenintensiver,
und die Wahlmöglichkeit in der ärztlichen Anwendung ist extrem
eingeschränkt. Synthetische Monosubstanzen haben zudem den Nachteil,
dass darin alle anderen potenziell wirksamen Cannabinoide verloren
gehen. Die Pflanze hat über 500 Inhaltsstoffe, die meisten sind noch
nicht ausreichend pharmakologisch untersucht. Die Behandlung unseres
Antrages wurde vom VfGH jetzt leider abgelehnt, das bedeutet aber
nicht das Ende unserer Bemühungen. Es ist nicht einzusehen, warum
sich ein Patient sein Medikament illegal auf der Straße besorgen
muss. Diese Kriminalisierung gefährdet Menschen. Der Bedarf ist
gegeben, aber die Situation ist für Patienten unerträglich
restriktiv“, sagt Alexander Kristen. Kristen will die Liberalisierung
von natürlichen Cannabinoiden für medizinische Zwecke weiter
vorantreiben und prüft derzeit mehrere Varianten.

Viele Patienten versorgen sich am Schwarzmarkt mit Cannabis

Während in der Schweiz und Deutschland eine intensive Debatte über
Cannabis als Medizin geführt wird, schläft das Thema Medizinalhanf in
Österreich noch. Obwohl die Heilpflanze enormes medizinisches
Potenzial birgt, ist Cannabis in Österreich als Suchtmittel
stigmatisiert. Es ist Patienten zwar möglich, künstlich hergestellte
Medikamente auf Cannabisbasis wie Dronabinol und Sativex zu erhalten.
Doch die Kosten für die Präparate sind hoch. Beim Cannabismedikament
Dronabinol werden derzeit nur 20 bis 30 Prozent der Kosten von den
Krankenkassen ersetzt – für viele Schmerzpatienten unerschwinglich.
Dabei steht der erwiesene Nutzen der Pflanze bei medizinischer
Anwendung längst im Fokus der internationalen Forschung. Gut belegt
sind muskelrelaxierende, beruhigende, stimmungsaufhellende,
appetitanregende, übelkeitshemmende, schmerzstillende,
bronchienerweiternde und augeninnendrucksenkende Wirkungen.

Trend international

Viele US-Bundesstaaten haben „medical marijuana bereits legalisiert.
Kanada will Cannabis 2017 komplett legalisieren, Irland und die
Türkei bereiten die Legalisierung von Medizinalhanf gerade vor, die
Niederlande, Tschechien und Portugal haben mit einer
Entkriminalisierung von Cannabis bereits Erfahrungen gemacht. Israel
gilt ebenfalls als Vorreiter. Mehr als 25.000 Patienten dürfen dort
legal Cannabis anwenden. In Deutschland sollen ab 2017
Schmerzpatienten Cannabis auf Rezept in der Apotheke erhalten. Es
geht dabei nicht um Cannabisabgabe für den Freizeitkonsum, sondern um
die Versorgung von Patienten. Das deutsche Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte soll dabei die Rolle eines
staatlichen „Cannabishändlers“ übernehmen und zivilrechtliche
Verträge über Lieferaufträge abschließen.

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