
Wien (OTS) - Neue Technologien und die Digitalisierung werden den
Energiesektor stark verändern. Unternehmen müssen künftig immer mehr
Daten aus immer mehr Quellen verarbeiten. Bei der Einführung von
technischen Innovationen wie Smart Meter fehlen Erfahrungswerte. Das
führt beim Endkunden zu Verunsicherung oder Ablehnung.
Am Mittwochabend stand beim EAA-Energie Talk im Museumsquartier die
Frage „Smarte Energiewelt oder Zwangsdigitalisierung?“ im Mittelpunkt
einer hochkarätigen Diskussion. Dr. Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand
der E-Control, Dr. Hans Zeger, Obmann der ARGE Daten, Ing. Mag.
Christian Schober, MBA, Geschäftsführer der Kapsch Smart Energy GmbH
und IT-Sicherheitsexperte Prof. Timo Kob, Vorstand der HiSolutions AG
diskutierten über die Vorteile, Herausforderungen und Kosten, die
durch neue Technologien auf Österreichs Energiekunden zukommen.
„Smart Meter ist ein Waisenknabe“
Dr. Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der E-Control sieht große
Chancen durch technologische Innovationen wie etwa Smart Meter. Ing.
Mag. Christian Schober, MBA, Geschäftsführer der Kapsch Smart Energy
GmbH stimmte zu: Für ihn stellt die erhöhte Transparenz für alle
Beteiligten den größten Vorteil der Smart Meter Technologie dar. Denn
mit den digitalen Möglichkeiten ist die Ablesung einfacher zu
kontrollieren und durchzuführen. Der E-Control-Vorstand hob aber auch
hervor, dass in jeder neuen Technologie Chancen und gewisse Gefahren
stecken. Im Vergleich zum Smartphone sei der Schutz der Kundendaten
bei Smart Meter aber höher: „Auf dem Smartphone stellen wir dem
Provider Daten freiwillig zur Verfügung. Wir wickeln alle möglichen
Geschäfte auf dem Smartphone ab, schreiben private Emails und SMS und
verwenden WhatsApp. Das Smartphone ist eine Datenkrake, da ist der
Smart Meter ein Waisenknabe dagegen.“
Smart Meter Rollout mit mehr Gelassenheit
Österreich muss laut EU-Vorgabe beim Smart Meter Rollout bis Ende
2020 jedenfalls 80 Prozent installiert haben. Die offizielle Gangart
ist schneller: Bis 2019 strebt Österreich bereits einen Rollout von
95 Prozent an.
Dr. Hans Zeger, Obmann der ARGE Daten versteht die österreichische
Eile nicht. Deutschland sei zwar keinesfalls ein
Technologie-Verweigerer, „dennoch geht die deutsche Energiewirtschaft
gerade im Haushaltsbereich, was die Smart Meter Ausrollung betrifft,
wesentlich gelassener an dieses Thema heran“.
Kapsch-Geschäftsführer Schober kann dem Zögern Deutschlands etwas
abgewinnen, wenngleich es für ihn mit dem Vorhaben vergleichbar ist,
„seinen alten Röhrenfernseher durch einen neuen Flatscreen zu
ersetzen. Irgendwann muss man zuschlagen, auch wenn man weiß, dass im
kommenden Jahr ein moderneres Gerät auf den Markt kommt“. Insgesamt
mangle es in Österreich an der Akzeptanz für Smart Meter. Erschwert
werde diese laut Urbantschitsch „durch die Verordnung, die anders als
beim Aufkommen von Smartphones von oben herab dekretiert wurde.
Dieser staatliche Akt hat automatisch zu einem gewissen Widerstand
geführt“. Ungeachtet dessen werde der Smart Meter Rollout – wenn auch
zeitverzögert – in Österreich umgesetzt.
Überzogene Erwartungen von allen Beteiligten
Laut Zeger steht die Energiewirtschaft vor einem großen Umbruch.
Gerade jetzt findet die Digitalisierung im großen Stil in der
Industrie- und Energiebranche statt. Die Frage nach dem Schutz der
Privatsphäre in einem Energienetz, bei dem Konsumenten immer mehr zu
Produzent und Konsumenten werden, beschäftigt den Obmann der ARGE
Daten: „Speziell bei der Stabilisierung der Netze nimmt die
Herausforderung der Smart Grids einen großen Stellenwert ein.“ In
vielen Regionen Europas gibt es Energieüberschüsse, während es an
anderen Stellen zu wenig Energie gibt – das alles gelte es in
Echtzeit zu koordinieren.
Die Entwicklung der Smart Grids werde nach Schobers Ansicht nur wenig
Einfluss auf die Bevölkerung und die einzelnen Haushalte haben,
„allerdings werden die einzelnen Netzknoten transparenter gemacht, um
die Netze besser und rascher steuern zu können“. Er ist sich sicher,
dass Österreichs Netzbetreiber durch schnellere
Schaltungsmöglichkeiten besser auf etwaige Volatilitäten und
Spannungsschwankungen reagieren werden können.
Die Energiedienstleister werden in Zukunft vor der Herausforderung
stehen, eine Vielzahl an Kundendaten zu erhalten, diese sinnvoll zu
verarbeiten und dabei auch noch den Sicherheitsaspekt zu
berücksichtigen. Auf die Frage, welchen Nutzen die Smart Meter
Technologie für Kunden und Unternehmen haben werde, sagte Zeger:
„Hier gibt es zum Teil überzogene Erwartungen. Und zwar
interessanterweise von allen Beteiligten, sowohl bei den
Netzbetreibern als auch bei den Konsumenten.“
Das Internet der Dinge
Jeder Stromverbraucher bekommt seine eigene IP-Adresse und könnte so
in der Folge von New York aus seine Waschmaschine etwa im
niederösterreichischen Gumpoldskirchen steuern. Datenschützer Zeger:
„Das ist einerseits eine tolle Fantasie, andererseits muss man hier
auch nach der Sinnhaftigkeit für den Konsumenten fragen. Diese
Vorstellungen sollten in ein realistisches Licht gerückt werden, denn
jedes Gerät, das einen Internetanschluss hat, kann das Eingangstor
für irgendwelche Manipulationen sein.“
Ob Smart Meter eine Basis für neue Dienstleistungen im
Haushaltssegment darstellen werden, sei Schobers Meinung nach
fraglich. Zur Frage der Datensicherheit meint der
Kapsch-Geschäftsführer: „Wenn jemand in der Lage ist, ein Smart Meter
System mit einer 128 Bit Verschlüsselung zu hacken, dann wird
derjenige wohl eher einen Bankomat Terminal knacken und kaum Smart
Meter Verschlüsselungen. Was bringt es, zu wissen, dass jemand vor
zwei Wochen seine Kaffeemaschine um 06:15 eingeschaltet hat.“ Er
plädierte dafür, statt wie in Europa üblich, Innovationen eher
skeptisch gegenüber zu stehen, „den neuen Technologien Positives
abzugewinnen“.
„Cyberangriff kann Volkswirtschaften lahmlegen“
Prof. Timo Kob, Vorstand der HiSolutions AG und Sicherheitsforscher
an der FH Campus Wien warnte davor, dass „heutzutage mit Angriffen
auf die Energieversorgung ganze Volkswirtschaften zu Fall gebracht
werden können. Darauf sind wir im Grunde überhaupt nicht
vorbereitet.“
Bei technologische Innovationen wie Smart Meter müsse man sich die
Frage nach dem Nutzen stellen, so der IT-Sicherheitsexperte: „Die
Energiewende und eine erhöhte Netzwerkstabilität sprechen dafür.“ Die
Risiken für die Energieversorgung würden aber steigen, wenn es den
neuen Tätergruppen nicht mehr nur um Geld geht, sondern um Zerstörung
und Terrorangriffe. Bisher sei nichts passiert, „dies liegt aber
weniger an dem guten Schutz der Netze als mehr daran, dass bisher
keiner diese ernsthaft attackiert hat. Dies sollte aber kein
Ruhekissen sein“, sagte Kob: „Durch die wachsende Abhängigkeit von
der IT-Infrastruktur und eine stetig wachsende Zahl von potenziellen
Angriffspunkten eröffnen sich neue Möglichkeiten, in das System
einzudringen und Schaden anzurichten.“ Vorausschauende Betreiber von
Infrastruktureinrichtungen, Unternehmer, aber auch die Öffentliche
Verwaltung investieren heute nicht nur in die Abwehr von Angriffen,
sondern ergreifen Maßnahmen, um im Fall eines erfolgreichen Angriffs
möglichst gut mit den Folgen umgehen zu können. „Wir nennen das
Resilienz. Denn verhindern lassen sich gut geplante Cyberangriffe nur
schwer“, sagte Kob abschließend.
Über EAA-ENERGIEALLIANZ Austria:
Die EAA-ENERGIEALLIANZ AUSTRIA ist die gemeinsame Energievertriebs-
und handelsgesellschaft von ENERGIE BURGENLAND AG, EVN AG und WIEN
ENERGIE GMBH. Das Unternehmen mit seinem Stammsitz in Wien versorgt
3,2 Millionen Kunden in Mitteleuropa mit Strom und Gas und ist mit
Vertriebsniederlassungen in Österreich und Deutschland – sowie
darüber hinaus im Handel in Österreich, Deutschland, Ungarn,
Tschechien, Rumänien, Serbien und Mazedonien vertreten.
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