- 07.11.2016, 10:58:15
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Österreich bei OECD-Ärztedichte abgeschlagen auf Platz 13
Politik argumentiert mit falschen Zahlen – Mehr Anreize für Mediziner schaffen
Utl.: Politik argumentiert mit falschen Zahlen – Mehr Anreize für
Mediziner schaffen =
Wien (OTS) - Das Phänomen Ärzteknappheit ist nicht typisch für
Österreich, sondern ein europaweiter Trend. Doch statt zu handeln und
Maßnahmen gegen den wachsenden Ärztemangel zu setzen, wird weiter mit
falschen Zahlen der OECD argumentiert. „Falsche Zahlen dürfen aber
keine Grundlage für politische Entscheidungen sein, weil sie
zwangsläufig zu einer falschen Politik führen“, warnt
Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. ****
Österreichische Gesundheitspolitiker, Kassenfunktionäre,
Patientenanwälte und diverse Gesundheitsökonomen verweisen gerne auf
die letztverfügbaren OECD-Zahlen, wonach Österreich - nach
Griechenland) - die zweithöchste Ärztedichte Europas habe. In
Österreich kämen demnach 5,05 Ärztinnen und Ärzte auf 1000 Einwohner.
Doch bleibt dabei meist unerwähnt, dass Österreich auch Ärztinnen und
Ärzte in Ausbildung miteinberechnet, ganz im Gegensatz zu anderen
OECD-Staaten, wie zum Beispiel Belgien.
Rechnet man die Turnusärzte heraus und vergleicht die Anzahl der
Ärztinnen und Ärzte mit eingetragener Berufsbefugnis zur
selbstständigen Berufsausübung, ergibt sich aber ein gänzlich anderes
Bild. Demnach kommen in Österreich lediglich 4,32 Ärztinnen und Ärzte
auf 1000 Einwohner, „und plötzlich ist Österreich bei der Ärztedichte
nicht mehr auf Platz zwei der europäischen Länder, sondern weit
abgeschlagen auf Platz 13. Bei fertig ausgebildeten Ärztinnen und
Ärzten liegen wir eindeutig nur im Mittelfeld“, fasst Leo Chini,
Leiter des Forschungsinstituts für Freie Berufe der
Wirtschaftsuniversität Wien, die Ergebnisse seiner Analyse zusammen.
Wenn man dann noch beachtet, dass nicht jeder eingetragene Arzt
voll versorgungswirksam ist, da die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten
in Österreich kontinuierlich steigt, ist die tatsächliche Ärztedichte
real noch einmal um eine Stufe niedriger.
Masterplan Medizinernachwuchs gefordert
Genügend Nachwuchs, um eine fundamentale Versorgungskrise
abzufangen, ist nicht in Sicht. Im Studienjahr 2014/2015 gab es an
Österreichs Medizinuniversitäten 1695 Absolventen, darunter 429
ausländische Studierende, und damit mit 25 Prozent mehr als doppelt
so viele wie zehn Jahre zuvor: 2004/2005 waren es 1730 Absolventen,
davon 12 Prozent (214) aus dem Ausland.
„Es ist also klar, dass ein hoher Anteil der Absolventen nicht in
Österreich arbeiten wird“, stellt Szekeres fest, „denn auch die
inländischen Absolventen wandern aufgrund besserer Arbeitsbedingungen
und höherer Gehälter immer öfter ins Ausland ab.“ Das bestätigt auch
Chini: „Die Zahl derer, die in Österreich als Ärztin oder Arzt
arbeiten werden, wird zukünftig wesentlich niedriger sein als 2004,
und das bei einer seither um fast einer halben Million Menschen
gewachsenen Bevölkerung.“
Doch trotz dieser Entwicklung bleibt Österreich ein Exportland von
Medizinern: 3000 in Österreich ausgebildete Ärztinnen und Ärzte
arbeiten bereits in Deutschland und der Schweiz. „In anderen Ländern
wirbt man erfolgreich österreichische Mediziner ab, während
hierzulande gebetsmühlenartig von einer der größten Ärztedichten
Europas gesprochen wird“, unterstreicht Szekeres, der deshalb
fordert: „Wir brauchen einen Masterplan für Jungmediziner, um den
dringend benötigten Nachwuchs im Land zu halten.“
Vor allem bräuchte es mehr Anreize, um die Absolventenabwanderung
ins Ausland zu verringern, denn auch in vielen Spitälern sei die
Postenbesetzung mittlerweile alles andere als einfach. Szekeres: „Das
beginnt bei den Ausbildungsmöglichkeiten und geht weiter bei den
Arbeitsbedingungen.“
Nur mit verstärkten Anreizen könne man Junge zum Medizinstudium
und zum Arztberuf motivieren und dazu beitragen, dass sie einer
Tätigkeit in Österreich gegenüber einer im Ausland den Vorzug geben.
„Allein mit Geld können wir den Nachwuchs nicht ködern, sie brauchen
Gestaltungsmöglichkeiten und gesellschaftliche Wertschätzung“, ist
sich Szekeres sicher: „Sie müssen wieder 100 Prozent Arzt sein
dürfen.“
Das bestätigt auch Chini: „Es muss Ärztinnen und Ärzten ermöglicht
werden, dass sie sich primär auf die ärztliche Leistung konzentrieren
können.“ (lsd)
(Forts.)
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