- 03.11.2016, 10:53:11
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Jüdisches Museum Wien: Die bessere Hälfte. Jüdische Künstlerinnen bis 1938
Neue Ausstellung von 4. November 2016 bis 1. Mai 2017 zu sehen
Utl.: Neue Ausstellung von 4. November 2016 bis 1. Mai 2017 zu sehen =
Wien (OTS/RK) - Das Jüdische Museum Wien, ein Museum der Wien
Holding, präsentiert von 4. November 2016 bis 1. Mai 2017 die neue
Ausstellung „Die bessere Hälfte. Jüdische Künstlerinnen bis 1938“.
Diese stellt 44 fast vergessene Künstlerinnen vor und zeichnet deren
außergewöhnliche Ausbildungs- und Karrierewege nach, die vom Kampf um
Anerkennung in einer männlich dominierten Kunstszene erzählen, aber
auch von vielversprechenden Karrieren, die durch Vertreibung und Exil
unterbrochen oder in den Vernichtungslagern des Nationalsozialismus
für immer beendet wurden.
Ausstellung mit vielen neuen Erkenntnissen und
Wiederentdeckungen
Wien um 1900 war auch eine Stadt der Frauen. Am Aufbruch in die
Moderne waren viele Künstlerinnen beteiligt, die sich trotz der
schlechten Rahmenbedingungen für Frauen im Kunstbetrieb durchsetzen
konnten. Ein überdurchschnittlicher Anteil dieser Künstlerinnen kam
aus assimilierten jüdischen Familien. Malerinnen wie Tina Blau,
Broncia Koller-Pinell, Marie-Louise von Motesiczky oder die
Keramikerinnen Vally Wieselthier und Susi Singer haben heute ihren
Platz in der Kunstgeschichte. Doch viele andere sind – zu Unrecht –
in Vergessenheit geraten, wie die Bildhauerin Teresa Feodorowna Ries,
die Malerinnen Grete Wolf-Krakauer und Helene Taussig oder die
Malerin und Graphikerin Lili Réthi.
Herausragende Persönlichkeiten
Im vielbeschworenen Fin de Siècle, einer Hochblüte der Kunst und
Kultur, war eine künstlerische Laufbahn für Frauen nahezu undenkbar.
Als Salonièren oder Mäzeninnen waren – vor allem – Jüdinnen im
ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert sehr präsent, von
einer offiziellen künstlerischen Ausbildung waren sie – wie überhaupt
aus dem akademischen Leben – allerdings ausgeschlossen. Ein Besuch
der Kunstakademien war erst ab 1920 möglich, daher besuchten viele
die eigens für Frauen errichteten Kunstschulen. Besonders in
jüdischen Familien, in denen seit jeher die Bildung der Töchter ein
Anliegen war, wurde Mädchen Gelegenheit zu einer künstlerischen
Ausbildung geboten – manche erhielten sogar teuren Privatunterricht
bei einem Künstler, und später ein eigenes Atelier eingerichtet.
Da die Künstlervereinigungen zur Jahrhundertwende keine
Künstlerinnen akzeptierten, gründeten die Frauen eigene, wie die seit
1910 bis heute bestehende Vereinigung bildender Künstlerinnen
Österreichs (VBKÖ). Unterstützende Mitglieder fanden sich hierfür im
Hochadel, aber auch unter den bekannten und einflussreichen jüdischen
Familien Wiens (Bondi, Ephrussi, Gomperz, Gutmann, Rothschild, Schey,
Wertheimstein u. a.). Alle diese Vereinigungen hatten zum Ziel,
Standesvertretungen zu sein und durch die Organisation von
Ausstellungen und anderen Veranstaltungen Ansehen und
Einkommensmöglichkeiten ihrer Mitglieder zu verbessern.
Tatsächlich stammte ein überproportionaler Teil der Wiener
Künstlerinnen aus jüdischen Familien, darunter einige der
bekanntesten und bedeutendsten Künstlerinnen der Epoche wie Tina
Blau, Broncia Koller-Pinell oder Vally Wieselthier. Die meisten von
ihnen kamen zwar mit einer vom galizischen Schtetl geprägten
Familiengeschichte, aber aus einem bereits assimilierten Umfeld. Als
eigenständige Künstlerinnen wurden selbst diese prominenten
Vertreterinnen erst nach einiger Zeit wahrgenommen. Verallgemeinern
lässt sich die breite Reihe an großartigen jüdischen Künstlerinnen
jedenfalls definitiv nicht. Es ist eine sehr diverse Gruppe
herausragender Frauen, deren künstlerische Ausdrucksform sich völlig
unterschiedlich präsentiert und die Einzigartigkeit und
Individualität der Persönlichkeiten hervorhebt.
Die Pionierinnen
Tina Blau und Teresa Feodorowna Ries waren unter den ersten
Frauen, die im Wien des späten 19. Jahrhunderts die Kunst zu ihrem
Beruf erwählten. Die Landschaftsmalerin Tina Blau entwickelte in den
1860er- und frühen 1870er-Jahren als einzige Frau gemeinsam mit
wenigen männlichen Kollegen die österreichische Variante der
europaweit verbreiteten realistischen Stimmungslandschaft nach dem
Vorbild der Schule von Barbizon – den Österreichischen
Stimmungsimpressionismus. Die aus Russland stammende Bildhauerin
Teresa Feodorowna Ries wiederum ließ sich durch die schlechten
Rahmenbedingungen nicht entmutigen und schaffte es, sich einen Platz
im, zu dieser Zeit ausschließlich von Männern dominierten, Feld der
Bildhauerei zu erobern.
Wiener Werkstätte
In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg spielten Künstlerinnen eine
bedeutende Rolle in der 1903 von Josef Hoffmann und Kolo Moser mit
der finanziellen Unterstützung des jüdischen Industriellen und Mäzens
Fritz Wärndorfer gegründeten Wiener Werkstätte, in der sich
angewandte und bildende Künste gleichberechtigt vereinen sollten. Die
bedeutendsten Vertreterinnen wie Vally Wieselthier, Susi
Singer-Schinnerl und Kitty Rix waren jüdischer Herkunft. Vally
Wieselthier stellte 1928 ihre Keramiken sogar auf der International
Exhibition of Ceramic Art des Metropolitan Museums aus; Susi Singer
und Kitty Rix, gingen in ihren Arbeiten weit über die traditionelle
Gebrauchskeramik hinaus und schufen außergewöhnliche Skulpturen.
Karrieren im Ausland
Schon ab den 1920er-Jahren gingen viele jüdische Wiener
Künstlerinnen ins Ausland oder lebten zumindest zeitweise dort: So
ging die Malerin Lilly Steiner nach Paris, Vally Wieselthier in die
USA, die Grafikerin Bertha Tarnay erst nach Berlin und dann nach
England, und die Malerin Grete Wolf-Krakauer wanderte nach Palästina
aus. Die Gründe dafür waren vielfältig: Die schlechte Wirtschaftslage
in Österreich, das Bedürfnis, den künstlerischen Horizont zu
erweitern, Zionismus, Abenteuerlust und die Freude an der neuen
Ungebundenheit einer Bohème, der nun auch Künstlerinnen angehören
durften, oder wie im Fall von Friedl Dicker politische Gründe. Sie
war 1934 wegen ihrer kommunistischen Aktivitäten verhaftet worden und
flüchtete nach ihrer Freilassung bereits 1936 vor der Verfolgung.
Das Ende
Die mühsam erkämpfte Anerkennung währte nur kurz, denn die
Lebenswege jüdischer Künstlerinnen wurden durch die Schoa gebrochen.
Flucht und Vertreibung beendeten die Karrieren dieser Frauen jäh.
Jene, die flüchten konnten, mussten alles hinter sich lassen und
rangen im Exil um ihre Existenz, ganz zu schweigen von einem
Neuanfang in der Kunstwelt. Vielen der Künstlerinnen gelang die
Flucht allerdings nicht. Sie wurden deportiert und ermordet, wie
Friedl Dicker-Brandeis und viele andere, wodurch auch die
Erinnerungen an so manche dieser Künstlerinnen verloren gingen. Vor
dem so genannten „Anschluss“ im März 1938 spielte die jüdische
Herkunft dieser Frauen keine Rolle.
Begleitprogramm:
Die Ausstellung wird von mehreren Fachvorträgen zum Thema
begleitet. Die Veranstaltungen sind bei freiem Eintritt zugänglich.
Details unter www.jmw.at/events.
Am Sonntag, 22. Jänner 2017 sowie am Sonntag, 23. April 2017 findet
außerdem ein Kulturfrühstück mit anschließender Kuratorinnen-Führung
statt. Anmeldung und Details ebenfalls unter www.jmw.at/events.
Information:
Zur Ausstellung gibt es einen zweisprachigen Medienguide (Deutsch
& Englisch), der mit dem eigenen Smartphone oder Tablet kostenlos
genutzt werden kann. Bei Bedarf stehen auch Leihgeräte im Museum zur
Verfügung. Zu der von Andrea Winklbauer und Sabine Fellner
kuratierten und von Conny Cossa und Julia Nuler gestalteten
Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog im Metro-Verlag, der
ab sofort zum Preis von € 29,90 im Bookshop des Museums und im
Buchhandel erhältlich ist.
Die Ausstellung „Die bessere Hälfte. Jüdische Künstlerinnen bis
1938“ ist von 4. November 2016 bis 1. Mai 2017 im Museum
Dorotheergasse, einem Museum der Wien Holding, zu sehen. Das Museum
in 1010 Wien, Dorotheergasse 11, ist von Sonntag bis Freitag 10 bis
18 Uhr geöffnet. Am zweiten Standort, im Museum Judenplatz,
Judenplatz 8, 1010 Wien, ist von Sonntag bis Donnerstag von 10 bis 18
Uhr, Freitag 10 bis 14 Uhr (während der Sommerzeit bis 17 Uhr)
geöffnet. Jeden Sonntag findet um 15 Uhr eine kostenlose Führung
durch die neue permanente Ausstellung statt, an jedem ersten Sonntag
im Monat ist eine Führung im Museum Judenplatz um 16.30 Uhr ebenfalls
kostenlos inkludiert. Aktuelle Informationen zu Eintrittspreisen,
Begleitveranstaltungen und Vermittlungsprogrammen finden Sie unter
www.jmw.at oder unter info@jmw.at.
Foto- und Pressematerial zu den aktuellen Ausstellungen finden Sie
auf der Homepage des
Medienbüros unter: www.stalzerundpartner.com unter Service/Downloads.
Einblick in die laufenden Ausstellungen und Veranstaltungen erhalten
Sie über Youtube unter
https://www.youtube.com/user/JewishMuseumVienna oder auf Flickr unter
http://www.flickr.com/photos/jewish_museum_vienna und auf Instagram
unter https://www.instagram.com/jewishmuseumvienna/
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