- 06.10.2016, 08:45:02
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- OTS0012
12-Stunden-Arbeitstag führt in die Frühpension
Aus gesundheitlicher, betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht ist eine Ausweitung des Arbeitstages auf 12 Stunden für die überwiegende Mehrheit abzulehnen

Utl.: Aus gesundheitlicher, betriebs- und volkswirtschaftlicher
Sicht ist eine Ausweitung des Arbeitstages auf 12 Stunden für
die überwiegende Mehrheit abzulehnen =
Wien (OTS) - 1. Jede Arbeitszeitreform zieht Verdichtungen und
Rationalisierung nach sich, die bis an die Grenze der menschlichen
Belastbarkeit gehen. Das ist der Gang der Industrie- und
Arbeitszeitentwicklung. Der 8-Stunden-Arbeitstag ist so verdichtet
worden, dass die Stress-Werte in den Belegschaften hoch sind und
weiter steigen. Stress steigt exponentiell von Stunde zu Stunde und
ist in der 7. Und 8. Stunde am höchsten. Die Zunahme in weiteren
Stunde Arbeit wäre noch drastischer. Es gibt eine Kumulation von
Stress im Laufe eines Arbeitstages, deren Bewältigung nach
entsprechenden Pausen verlangt. Die findet in der Regel nicht oder
nicht in ausreichendem Maße statt. Es ist arbeitsmedizinisch
gesichert, dass chronischer Stress die Leistungsfähigkeit und
Produktivität senkt und krank macht. Für die meisten Arbeitswelten
sind daher 12-Stunden-Arbeitstage kontraproduktiv.
2. Mit dem Älterwerden steigen soziale und professionelle
Leistungsfähigkeit, aber es sinkt die körperliche Leistungsfähigkeit.
Um arbeitsbedingte Frühpensionierungen zu vermeiden und damit das
Pensionssystem zu entlasten, müsste mit dem Älterwerden die tägliche
Dienstdauer senken. Ein Verlängern des Arbeitstages würde
Frühpensionen erhöhen.
3. Insbesondere Nacht-Schichten dürfen nicht verlängert werden. Für
junge Arbeitnehmer beträgt die Verausgabung bei Nachtschichten 156%
der Tagesschicht, d.h. ein 8 –Stunden-Nachtschicht ist so
verausgabend wie 13 Stunden Tagarbeit. Eine 12-Stunden-Schicht wäre
für AN um die 30 so verausgabend wie 19 Stunden Tagarbeit. Ab ca. dem
45. Lebensjahr sinkt die Nachtarbeitstoleranz bei der überwiegenden
Mehrheit dramatisch (Körpertemperatur sinkt, neuroendokrine Prozesse
werden fragiler, Schlafarchitektur zerbrechlicher). Eine Verlängerung
der Nachtschicht ist in den meisten Berufen medizinisch
gesundheitsschädlich.
4. Die gesetzlich verpflichtende Einhaltung der chemischen Grenzwerte
MAK (maximale Arbeitsplatz-Konzentration) ist auf
8-Stunden-Arbeitstage ausgerichtet. Berechnungen für 12
Stunden-Arbeit liegen in der Regel gar nicht vor. Daher würde eine
Ausweitung des Arbeitstages in weiten Bereichen der Arbeitswelt
Gesundheit schädigen und geltendes Recht verletzen.
Als Projektleiter großer AZ-Projekte mit Verringerung der WAZ und der
Nachtarbeit bei voestalpine, Agrolinz Melamin, Polyfelt, Smurfit
Nettingsdorfer möchte ich hinweisen, dass die AZ-Verkürzung die
Verkürzung von Nachtarbeit zu einer Verbesserung der Produktivität
geführt hat, zu einem Sinken der Krankenstände und einem längeren
Verbleib im Arbeitsprozess.
Prof.Dr. Rudolf Karazman, FA für Psychiatrie und Neurologie,
Psychotherapeut, Arzt für Arbeitsmedizin. Gründer der IBG.
Mehr dazu:
www.ibg.co.at
www.arbeitundalter.at
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