
Wien (OTS) - Mehr Sicherheit für die Patienten, eine verbesserte
medizinische Versorgung der Bevölkerung und die Stärkung der
individuellen Gesundheitskompetenz zählen zu den Hauptanliegen der
Plattform Patientensicherheit. Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis
Patientensicherheit aus Deutschland sowie der in der Schweiz
beheimateten Stiftung für Patientensicherheit wurde 2015 erstmals der
Internationale Tag der Patientensicherheit ausgerufen. In diesem Jahr
steht der Tag ganz im Zeichen der Medikamentensicherheit. Im Vorfeld
informierten Expertinnen und Experten im Rahmen einer Pressekonferenz
am Mittwoch über die vielfältigen Aspekte der Medikamentensicherheit
und präsentierten Beispiele aus der Praxis.
Selbstverantwortung der Patienten im Mittelpunkt
Die Plattform Patientensicherheit habe es sich zur Aufgabe gemacht,
die Sicherheit für Patienten zu erhöhen und eine Fehlerkultur zu
schaffen, die zur Vermeidung von Fehlern beitrage, sagte Brigitte
Ettl, ärztliche Direktorin im Krankenhaus Hietzing und Präsidentin
der Plattform Patientensicherheit, in ihrem Eröffnungsstatement.
Besonderes Augenmerk sei auf die Selbstverantwortung der Patienten zu
legen, so Ettl weiter. „Wir empfehlen den Patienten, eine genaue
Medikamentenliste zu führen, in die sie verschreibungspflichtige,
rezeptfreie, homöopathische und pflanzliche Mittel eintragen. Auch
Vitaminpräparate und sonstige Nahrungsergänzungsmittel werden in
diese Liste eingetragen“, führte Ettl aus. Die Liste ermögliche einen
raschen Überblick, welche Medikamente wann und in welcher Dosis
genommen werden müssten. Zudem könnten gefährliche Wechsel- und
Nebenwirkungen so schneller festgestellt werden. Die Aufzeichnungen
seien in jedem Fall ein hilfreicher Überblick, sowohl für Patienten
als auch für medizinisches Personal, vor allem im Notfall. Ettl: „Die
Plattform Patientensicherheit hat eine Checkliste erarbeitet, die ab
sofort über unsere Website abrufbar ist. Die Patienten können die
Checkliste ausdrucken und ihre Medikamente eintragen.“
Der Tag der Patientensicherheit sei ein wichtiges Instrument, um
sowohl Gesundheitsberufe als auch Bevölkerung auf unterschiedliche
Aspekte der Patientensicherheit aufmerksam zu machen, betonte Pamela
Rendi-Wagner, Sektionsleiterin im Gesundheitsministerium. "Wir wollen
das Gesundheitssystem laufend an die höchsten Qualitätskriterien
anpassen und die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung durch
Information und verbesserte Kommunikation stärken“, sagte
Rendi-Wagner. Die Sicherheit für Patientinnen und Patienten werde
regelmäßig geprüft, gemessen und transparent gemacht. „Es ist uns
wichtig, dass die Patientinnen und Patienten informiert und aktiv in
den Versorgungsprozess eingebunden sind.“
Fehlerkultur – Problemfeld Polypharmazie
Medikamentensicherheit hänge weitgehend vom Umgang der
Gesundheitsberufe und Patienten mit Arzneimitteln ab. Auch der
rechtliche Rahmen sei wichtig, sagte Artur Wechselberger, Präsident
der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK): „Die rasante Entwicklung der
Medizin, die Spezialisierung, aber auch technische und
pharmazeutische Innovationen haben zu einer starken Zunahme der
Medikamentenanwendungen geführt. Das Bemühen um Vermeidung und
Erkennen von Fehlern wie auch das Lernen aus Fehlern muss Teil der
Kultur in Einrichtungen des Gesundheitswesens sein.“
Eine besondere Herausforderung sei die Polypharmazie, also die
Verordnung von fünf oder mehr Medikamenten. Dadurch steige die
Wahrscheinlichkeit von Interaktionen und damit auch von
Nebenwirkungen. „Gleichzeitig nimmt mit steigender Zahl an
Medikamenten auch die Verlässlichkeit der Patienten bezüglich
Compliance und Einnahmegenauigkeit ab“, warnte Wechselberger. Auf die
vielfältigen Fehlerquellen, die Medikationssicherheit beeinträchtigen
könnten – etwa unleserliche Handschrift auf Rezepten, ähnlich
aussehende Medikamentenpackungen, falsche Lagerung –, müsse man mit
entsprechenden Maßnahmen reagieren. Wechselberger: „Eine generelle
Information der Bevölkerung über das Gefahrenpotenzial medikamentöser
Behandlungen ist wichtig. Sie schafft Bewusstsein für den
sorgfältigen Umgang mit Medikamenten und unterstützt die Ärzte in
ihrer individuellen Aufklärung der Patienten im Rahmen der
Behandlung.“
Fälschungssicherheit und Medikationsmanagement
Die Fälschungssicherheit war Apothekerkammerpräsident Max Wellan ein
besonderes Anliegen. „Die Medikamente in den österreichischen
Apotheken sind hochwertig und sicher. Allerdings kursieren im
Internet gefälschte Medikamente, die im harmlosesten Fall völlig
unwirksam, schlimmstenfalls aber hochgradig gesundheitsschädlich
sind“, so Wellan. Laut WHO würden unseriöse Online-Shops vor allem
gefälschte Schmerzmittel, Potenzmittel, Vitamin- und
Muskelaufbaupräparate vertreiben.
Die Apothekerinnen und Apotheker sind aufgrund ihres Studiums der
Pharmazie und ihrer täglichen Praxis die Experten für Arzneimittel.
Wellan: „Wir haben in der Apotheke den Überblick über alle
Arzneimittel eines Patienten, auch der rezeptfreien, die eine
überproportional hohe Rate an Wechselwirkungen auslösen können.“ Neu
auf der Agenda der österreichischen Apotheken sei das
Medikationsmanagement, so Wellan weiter: „Wir verstehen darunter eine
kontinuierliche Betreuung des Kunden durch ein multiprofessionelles
Team zur Erhöhung der Therapietreue des Patienten.“ Kernstück sei
eine etwa einstündige Medikationsanalyse, die arzneimittelbezogene
Probleme erkennen, lösen bzw. vermeiden solle. Ziel sei die
fortlaufende und nachhaltige Erhöhung der Effektivität und Sicherheit
der Arzneimitteltherapie, aber auch die Unterstützung der Patienten
im Selbstmanagement.
Pflege: 6-R-Regel zentral
Aus Sicht der Pflege müsse vor allem die so genannte „6-R-Regel“
beachtet werden, sagte Ursula Frohner, Präsidentin des
Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands. „Das
bedeutet, dass dem richtigen Patienten zur richtigen Zeit der
richtige Wirkstoff in der richtigen Dosis und der richtigen
Applikationsform verabreicht wird. Es bedeutet weiters, dass die
richtige Dokumentation erfolgt“, so Frohner.
Zu beachten sei auch, inwiefern Patienten in der Lage seien, die
verordneten Medikamente selbst einzunehmen bzw. selbst zu verwalten.
Frohner: „Menschen, die an Demenz leiden, psychisch Erkrankte oder
Kinder benötigen hier unbedingt Unterstützung durch das
Pflegefachpersonal.“ Im Rahmen des Entlassungsmanagements und im
Bereich der mobilen Pflege müsse auf klare und übersichtliche
Informationen zu den verordneten Medikamenten geachtet werden, um die
Medikationssicherheit zu gewährleisten. Fallweise seien dabei auch
pflegende Angehörige in die Informationskette einzubeziehen.
Auch die Aufbewahrung müsse beachtet werden. Frohner: „Dazu gehört
beispielsweise, dass das Medikament in der Verpackung bleibt und
nicht über einer bestimmten Raumtemperatur gelagert werden darf.“ Zu
beachten sei außerdem, dass einmal angebrochene Arzneimittel mitunter
rasch verbraucht werden müssten, z.B. solche in flüssiger Form. Und:
„Arzneimittel sind nicht ewig haltbar. Ich empfehle daher dringend,
immer das Haltbarkeitsdatum im Auge zu behalten“, betonte Frohner.
E-Medikation als Hoffnungsträger
Als wichtigen Beitrag zur Patienten- und damit auch zur
Medikamentensicherheit sah Patientenanwalt Gerald Bachinger die
e-Medikation, die aktuell in Testregionen im Probebetrieb läuft: „Die
e-Medikation kann in Zukunft Wechsel- und Nebenwirkungen auf einen
Blick abrufbar machen. Das ist ein wichtiger Beitrag zur
Patientensicherheit“, hielt Bachinger fest. Gleichzeitig könnten
Doppelverschreibungen vermieden werden, was ebenfalls die Sicherheit
erhöhe und auch ökonomisch sinnvoll sei. Die wenigsten Neben- und
Wechselwirkungen gebe es dann, wenn unnötige Medikation vermieden
werde, sagte der Patientenanwalt. „Medikamentensicherheit in den
Mittelpunkt von Initiativen und Strategien zur Patientensicherheit zu
stellen, halte ich für eminent wichtig. Diese Initiativen sind breit
gefächert und reichen von der Einführung neuer digitaler Werkzeuge
bis hin zur Einbeziehung von Patienten und Angehörigen in den
Medikationsprozess“, erläuterte Bachinger. (slv/bs)
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