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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Dienstag, 9. August 2016, von Nicole Strozzi: "Mittel zum Leben sind kein Müll"

Innsbruck (OTS) - In Zeiten des Überkonsums ist eines auf der Strecke
geblieben: die Wertschätzung von Lebensmitteln. Jede noch so kleine
Initiative zur Vermeidung von Nahrungsmittelabfällen kann
öffentliches Bewusstsein schaffen.

Die Folgen des Nahrungsmittelüberangebots und der
Billig-Preis-Mentalität finden sich heutzutage leider oft in der
Biotonne wieder. Pro Jahr landen in Österreich 760.000 Tonnen
Lebensmittel im Müll. Das entspricht in etwa 15 Millionen
Kartoffelsäcken.
Konsumenten profitieren seit dem EU-Beitritt und in Zeiten der
Globalisierung von einer unglaublichen Produktvielfalt. Standen
früher zwei Sorten Joghurt im Kühlregal, so darf man nun aus dem
Vollen schöpfen. Wählte man vor 60 Jahren zwischen Schwarz- und
Weißbrot, so gibt es nun Aufbackware um ein paar Cent an jeder Ecke.
In Zeiten des Überkonsums ist eines auf der Strecke geblieben: die
Wertschätzung von Lebensmitteln. Anstatt Altes zu verwerten, wird
ständig Neues produziert. Lebensmittel werden, wenn sie nicht der
Norm entsprechen, lieber weggeworfen als wiederbelebt.
Diese Entwicklung führt die Wegwerfgesellschaft dahin, wo sie
heute steht: Der Welterschöpfungstag fiel heuer bereits auf den 8.
August. Seit gestern sind die natürlichen Reserven der Erde für das
laufende Jahr aufgebraucht. Das heißt, den Rest des Jahres
wirtschaftet die Menschheit zu Lasten der Natur. Das heißt auch, die
westliche Welt lebt auf viel zu großem Fuß, während ökonomisch
Schwache ausgebeutet werden.
Dass man als Einzelner sowieso nicht viel dagegen unternehmen
kann, darf kein Argument sein. Österreichweit entstehen
beispielsweise 175.000 Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle in der
Außer-Haus-Verpflegung, unter anderem in Restaurants. Anstatt seinen
aufgetürmten Buffet-Teller halbvoll wieder zurückzugeben, sollte es
daher keinem mehr peinlich sein, sich seine Reste einpacken zu
lassen. Schlechte Einkaufsplanung, falsche Lagerung, große Portionen,
volle Supermarktregale bis zum Geschäftsschluss, eine falsche
Interpretation des Mindesthaltbarkeitsdatums – das alles sind Gründe,
warum Lebensmittel oft grundlos weggeworfen werden.
Jeder ist eingeladen, seine Komfortzone zu verlassen. Jede noch so
kleine Initiative kann Früchte tragen. In Zeiten, in denen sich
Nachrichten in Windeseile im Internet verbreiten, hat eine kreative
Idee morgen womöglich schon Millionen Nachahmer. Wenn also Vereine
oder Betriebe übrig gebliebenes Gemüse von Feldern retten oder alten
Lebensmitteln eine neue Identität schenken, so ist das nicht nur eine
nette Geste, sondern eine erste Möglichkeit, um öffentliches
Bewusstsein zu schaffen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PTT

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