- 06.07.2016, 11:54:24
- /
- OTS0102 OTW0102
Private Medizinische Hochschulen – Der Kniefall der staatlichen Unis vor den Ländern?
Österreich (OTS) - Wir Österreicherinnen und Österreicher sind in
einem System groß geworden, in dem wir eine massive Steuerleistung zu
tragen haben und gleichzeitig ein Angebot von Bund, Ländern und
Gemeinden zur Verfügung steht, das hochqualitative Ausbildung,
Gesundheit, Sicherheit und sozialen Frieden bereitstellt.
Seit dem EU-Beitritt und insbesondere seit dem Beitritt zum
Dienstleistungsabkommen (GATS) der europäischen Länder dürfen
öffentliche Verwaltungseinrichtungen in private Bildungseinrichtungen
investieren. Diese Grundsatzfrage sollte man klarer definieren: Wenn
private Investoren sich leisten können eine private Universität
einzurichten und dies als Geschäftsmodell gewinnbringend betreiben
wollen, so ist das in einem freien Land möglich. Doch sind die
privaten Bildungseinrichtungen Österreichs von Fachhochschulen bis zu
den Privatuniversitäten überwiegend durch die öffentliche Hand
finanziert. Die öffentliche Hand im Namen des Bundes finanziert aber
bereits Universitäten, deren Zugang grundsätzlich frei ist. Ist dies
wegen der begrenzten Kapazitäten nicht möglich, sind Universitäten in
öffentlicher Hand zur fairen und transparenten Studienplatzvergabe
verpflichtet. Nicht das Geld, sondern die Eignung entscheidet über
die Zuerkennung eines Studienplatzes und auch dann ist ein hohes Maß
an Leistungsbereitschaft erforderlich, dieses Studium erfolgreich
abzuschließen.
Neuerdings ist es offensichtlich das Ziel der Politik private
Bildungseinrichtungen besonders zu fördern. Man glaubt damit lokalen
Studienwerbern mehr entgegen kommen zu können als Ausländern. Die
Studiengebühren an der UMIT betragen dzt. ca. 5.400 – 7.200 Euro pro
Jahr - für ein Medizinstudium wäre das bei weitem viel zu wenig: Die
Medizinischen Universitäten Österreichs haben 2013 für einen
Studienplatz zwischen 26 bis 27.000 Euro pro Jahr veranschlagt. Das
ist ein Betrag, der selbst den finanzkräftigsten Tirolerinnen und
Tirolern als Studiengebühr für eine Privatuniversität zu hoch
erscheint. Der Finanzbedarf für die neu gegründete medizinische
Fakultät Linz wird mit 630 Mio. Euro bis 2027 geschätzt. Insofern
ist davon auszugehen, dass eine medizinische Privatuniversität immer
massiv von der öffentlichen Hand gestützt werden muss. Dies belegen
ja auch die letzten 10 Jahre der UMIT, die auf Zuzahlungen des Landes
aufbaut. Nur ein Bruchteil der Einnahmen resultiert hier aus den
tatsächlich geleisteten Studienbeiträgen. Wenn diese massive Stützung
der Studienplätze nicht erfolgt, ist die Vergabe an überwiegend
deutsche Studienwerber/innen wie an der Paracelsus Medizin
Universität Salzburg zu beobachten.
Die Unterstützung durch die staatlichen Innsbrucker Universitäten in
Innsbruck in Tirol eine Privatuniversität zu errichten ist deshalb
aus meiner Sicht sehr kritisch zu hinterfragen. Anders als in Linz,
wo eine öffentliche Medizinische Fakultät eingerichtet wurde und die
Studierenden sich den gleichen Eignungstests wie an den anderen
öffentlichen Universitäten unterziehen müssen, sind hier die
Zugangshürden nicht so transparent und insbesondere aufgrund der
Ergänzung der Studiengebühren durch die öffentliche Hand eine massive
Querfinanzierung durch den Steuerzahler. Wenn die Universitäten hier
substantielle Beiträge zur Lehre liefern, muss dies so interpretiert
werden, dass die Unis genügend freie Kapazitäten haben und die
Studienplatzbeschränkung wegen Personalmangel nicht haltbar ist. Wenn
die Universitäten Anteile an Gewerbebetrieben (Privatuniversitäten
oder Fachhochschulen) erwerben wollen ist zu befürchten, dass die
staatlichen Studien qualitativ heruntergefahren werden um die
finanziell für die Unternehmungen attraktiven Studien (relativ)
besser zu machen. Das kann nicht im Sinne des Eigentümers der
staatlichen Universitäten sein, weshalb die Mitwirkung deren
Leitungsgremien (Rektorate und Universitätsräte) sehr kritisch zu
sehen ist.
Ich bin der Meinung, dass Österreich den freien Zugang zu den Studien
erhalten sollte. Basis dazu ist eine ausreichende Finanzierung der
öffentlichen österreichischen Universitäten. Die Studieneignung ist
nicht durch die finanzielle Kompetenz des Elternhauses oder die
Bereitwilligkeit sich dieses Studium über Kredite zu finanzieren zu
ersetzen
Als überzeugter Österreicher und Europäer verfechte ich vielmehr das
Ansinnen, dass unsere anerkannt hohe Steuerleistung auch dazu
verwendet werden soll, den Geeignetsten einen Hochschulzugang zu
gewähren. Es sollen ausreichend Studienplätze vorgehalten werden, um
die Versorgung mit genügend Absolvent/innen für ein funktionierendes
Gesundheitssystem zu gewährleisten. Die transparente und faire
Zuerkennung dieser Ressourcen sind wir Österreich und seinen
Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern und auch unseren Patient/innen
schuldig.
Privatuniversitäten:
https://www.i-med.ac.at/betriebsrat1/presse/Privatuniversitaeten_2016
0705.pdf
Quellen:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2016/PK0724/index.shtml
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF