- 29.06.2016, 09:18:20
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Botschafter unterstützen Ausgliederung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Diplomaten ersuchen um die Umbenennung der neuen Bundesanstalt in "Gedenkstätte KZ-System Mauthausen-Gusen".
Utl.: Diplomaten ersuchen um die Umbenennung der neuen Bundesanstalt
in "Gedenkstätte KZ-System Mauthausen-Gusen". =
Wien (OTS) - Vor einem Jahr hat das Bundesministerium für Inneres
Vertreter jener Staaten, deren StaatsbürgerInnen Opfer des KZ-Systems
Mauthausen-Gusen waren, zur Stellungnahme bezüglich des in
Vorbereitung befindlichen Gedenkstättengesetzes eingeladen. Aus
Anlass des aktuell im Nationalrat verhandelten Gesetzes bringen die
Diplomaten wiederholt ihre Unterstützung für das Gesetz zum Ausdruck,
das einen stabilen institutionellen und finanziellen Rahmen für die
Arbeit der KZ-Gedenkstätte Mauthausen etabliert. Sie schlagen jedoch
vor, den Namen der neuen Bundesanstalt in "Gedenkstätte KZ-System
Mauthausen-Gusen" zu ändern - überzeugt, dass diese symbolische
Änderung der Bewahrung der Erinnerung an das KL Gusen und die
verbleibenden Außenlager als einem Teil des Erbes Europas dienen
wird. Mit nachfolgendem offenen Brief wenden sie sich an
Bundesminister für Inneres Wolfgang Sobotka:
Wien, den 29. Juni 2016
Sehr geehrter Herr Bundesminister,
Im Jahr 2015 hat das Bundesministerium für Inneres mit den Arbeiten
am Gesetzesentwurf über die Errichtung der Bundesanstalt
"KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial" begonnen. Wir sind
der Überzeugung, dass die Verabschiedung des Gesetzes das
Funktionieren der KZ-Gedenkstätte Mauthausen von rechtlicher und
finanzieller Seite absichern wird. Die Bemühungen dieser Institution
haben im Laufe der Jahre Anerkennung im Kreise der KZ-Überlebenden
und bei ihren Familien gefunden. Ein Vorzeigebeispiel für das
Engagement ist die 2013 eröffnete Ausstellung „Das
Konzentrationslager Mauthausen 1938–1945“ sowie das 2016
abgeschlossene langjährige, internationale Projekt „Gedenkbuch für
die Toten des KZ Mauthausen und seiner Außenlager“.
Von Anfang an hat das Bundesministerium für Inneres die Botschaften
jener Staaten, welche die Opfer des KZ-Systems Mauthausen-Gusen
repräsentieren, in den Beratungsprozess des Gesetzesentwurfs
eingebunden. Wir möchten uns auf diesem Weg für die Transparenz und
die Offenheit dieses Prozesses bedanken, die es ermöglicht haben, aus
der Sicht der Länder, deren Staatsbürger Gefangene des
KZ-Doppellagers Mauthausen-Gusen und der Außenlager waren, äußerst
wichtige Änderungen in den Gesetzesentwurf einzubringen. Hervorheben
möchten wir besonders die Annahme des Vorschlags über die Errichtung
eines internationalen Beirates. Dieser soll den Vertretern aller
Opfernationen einen Einfluss auf die Erörterung aller für die
Bundesanstalt wichtigen Fragen sichern. Wir sind dem BMI sehr dankbar
für die gesetzliche Anerkennung der Rolle der internationalen
Gesellschaft in dieser Angelegenheit.
1947 wurde das Gebiet des KL Mauthausen der Republik Österreich mit
der Bestimmung übergeben, dass dort ein Gedächtnisort entstehen soll.
In selben Jahr begann jedoch auch der Prozess des Verdrängens der
Erinnerung an das KL Gusen. Dabei muss man sich vergegenwärtigen,
dass alleine im KL Gusen, zwischen Mai 1940 und Mai 1945, mehr als
35.000 Menschen (von allen 84.270 identifizierten Opfern des KZ
Systems Mauthausen-Gusen) durch die nationalsozialistische
Vernichtungspolitik zu Tode kamen. Ungeachtet der Tatsachen, wie die
Bundesministerin Johanna Mikl-Leitner in ihrer Rede am 5. Mai 2015 in
Gusen betonte, „setzte besonders in Gusen bereits kurz nach der
Befreiung das Verdrängen, bewusste Vergessen und Verschütten des
Geschehenen ein. Die Spuren und Hinweise wurden kontinuierlich
verwischt. Lange Zeit deutete kaum etwas auf die Existenz eines
Konzentrationslagers an diesem Ort hin. (…) Jahrzehntelang stand
Gusen in Österreich deshalb in der Aufarbeitung im Schatten und wurde
vernachlässigt (…)“.
Den ehemaligen Häftlingen und ihren Familien verbleibt das KL Gusen
sowie die Außenlager jedoch in reger Erinnerung. Bis Mitte der 60er
Jahre des letzten Jahrhunderts entstand aufgrund der Initiative
ehemaliger Gefangener die „wilde“ Gedenkstätte. 1965 wurde dank der
Initiative ehemaliger Gefangener aus Italien, Frankreich und Belgien
die Gedenkstätte Gusen ins Leben gerufen. Die Republik Österreich hat
jedoch erst 1997 der Gedenkstätte Gusen den Status einer offiziellen
Gedenkstätte verliehen und sie unter den Schutz des Gesetzes
gestellt. 2001/2002 wurde die Gedenkstätte generalsaniert und 2004
das Besucherzentrum eröffnet. Auf dem Gebiet des ehemaligen KL Gusen
wurde in der Folge 2005 der Audioweg eröffnet. 2015 wurden
schließlich in St. Georgen an der Gusen Gedenk- und Infotafeln
aufgestellt, die über den Stollen „Bergkristall“ informieren sollen,
in dem die Gefangenen des KL Gusen II sklavisch gearbeitet haben.
„Was für Mauthausen und die rund 40 weiteren Außenlager gilt, gilt
auch für Gusen“, fasste die Bundesministerin J. Mikl-Leitner in ihrer
Rede im Jahr 2015 zusammen. Diesem Gedanken folgend, ersuchen wir um
die Umbenennung der neuen Bundesanstalt in "Gedenkstätte KZ-System
Mauthausen-Gusen / KZ-System Mauthausen-Gusen Memorial”. Wir hegen
die Überzeugung, dass gerade heute eine historische Chance besteht,
das KL Gusen als den zweiten Teil des KL Mauthausen rechtlich im
neuen Gedenkstättengesetz anzuerkennen und eine vollständige
Aufarbeitung des KZ-Doppellagers Mauthausen-Gusen und der Außenlager
als eines wichtigen Bestandes des europäischen Kulturerbes zu
unterstützen. Diese Änderung hat symbolischen Charakter, ist jedoch
von großer Bedeutung. Sie würde auch eine Bekräftigung des
politischen Willens der Republik Österreich zum Ausdruck bringen, die
1997 initiierte Wiederbelebung der offiziellen Erinnerung an das KL
Gusen und die Außenlager fortzusetzen.
Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung,
S.E. Pascal Teixeira da Silva, Botschafter der Französischen Republik
S.E Giorgio Marrapodi, Botschafter der Italienischen Republik
S.E. Alberto Carnero Fernandez, Botschafter des Königsreiches Spanien
S.E. Artur Lorkowski, Botschafter der Republik Polen
S.E. Andrej Rahten, Botschafter der Republik Slowenien
S.E. Jan Sechter,Botschafter der Tschechischen Republik
S.E. Olexander Scherba, Botschafter der Ukraine
S.E. Dr. Janos Perenyi, Botschafter von Ungarn"
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