- 11.05.2016, 18:30:01
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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Böses Erwachen - von Eva Komarek
Den heimischen Bankenmarkt hat die Realität eingeholt. Raiffeisen zieht die Reißleine.
Utl.: Den heimischen Bankenmarkt hat die Realität eingeholt.
Raiffeisen zieht die Reißleine. =
Wien (OTS) - Den heimischen Bankenmarkt hat die Realität eingeholt.
Raiffeisen zieht die Reißleine und plant die Fusion der RZB mit ihrer
börsenotierten 60-Prozent-Tochter Raiffeisen Bank International. Die
Bank Austria wiederum wird durch ihre Mutter, Unicredit, zu harten
Einsparungen gezwungen. Eine späte Reaktion.
Denn die Zeiten des Goldrausches in Osteuropa, von dem die
österreichischen Banken lang profitiert haben, sind vorbei. Verführt
durch gute Ergebnisse nach ersten Investitionen wurden für Übernahmen
zum Teil sehr hohe Preise bezahlt. Der kritische Blick ist durch die
Wachstumsgier verdunkelt worden. 2009, im letzten Boomjahr, waren
österreichische Banken die Spitzenreiter bei Ostkrediten. Ein
besonderes Problem dabei war, dass die rasche Expansion auf einer
sehr schmalen Eigenkapitalbasis erfolgte und es deshalb schwieriger
war, Rückschläge zu verdauen.
Das rächt sich jetzt, denn das gesamte Bankengeschäft hat sich vor
dem Hintergrund des Niedrigzinsumfelds weiter abgeschwächt, und die
schlechtere Kreditqualität vor allem im Osten führt zu hohen
Risikokosten.
Darüber hinaus leidet die Profitabilität der Banken auch unter dem
mageren Neugeschäft und den steigenden operativen Kosten, was nicht
zuletzt auch auf die regulatorischen Anforderungen und Bankensteuern
zurückzuführen ist. Wenngleich die Kapitalquoten der österreichischen
Institute wegen privater und staatlicher Kapitalstärkung sowie
reduzierter Risikoaktiva verbessert wurden, liegen sie im
europäischen Schnitt am unteren Ende.
Erst im April monierte OeNB-Vize Andreas Ittner, dass bei der
Kernkapitalquote nur noch Italien, Spanien und Portugal hinter den
Österreichern liegen. Denn das Problem ist: Mit Basel III müssen die
Banken noch höhere Kapitalquoten aufbringen, die aus den Gewinnen
kaum noch gebildet werden können. Die Konsequenzen, die jetzt gezogen
werden, sind härter, als hätte man sich der geänderten Situation
früher gestellt.
Eine Lanze darf man für die Banken brechen: Die österreichischen
Institute sind durch die Bankenabgabe überdurchschnittlich belastet.
Rund 640 Millionen € liefern sie jährlich an den Staat ab, und zwar
egal, ob sie Gewinne oder Verluste schreiben. Zudem müssen sie die
Einlagensicherung vollständig selbst übernehmen, während in anderen
Ländern der Staat mitzahlt. Die Regierung täte gut daran, endlich
einen Kompromiss einzugehen und die Banken zu entlasten. Das könnte
auch die konjunkturelle Erholung unterstützen.
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