• 25.04.2016, 09:47:41
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30 Jahre Tschernobyl: Atom-Leiche im Keller 4

UmweltschützerInnen warnen vor neuen Experimenten mit ukrainischen Reaktoren.

Utl.: UmweltschützerInnen warnen vor neuen Experimenten mit
ukrainischen Reaktoren. =

Wien (OTS) - Vor genau dreißig Jahren, in der Nacht vom 26. April
1:23 Moskauer Zeit, explodierte Block 4 im ukrainischen Atomkraftwerk
Tschernobyl, aufgrund eines fehlgeschlagenen Experiments zur
Strom-Eigenversorgung des Reaktors. Heute warnen österreichische und
ukrainische UmweltschützerInnen vor weiteren Experimenten des
ukrainischen Energieministeriums mit den noch laufenden, überalterten
Reaktoren.

Durch den Bürgerkrieg und die prekäre Versorgungslage mit Rohstoffen
aus Russland wie Gas und Kohle sieht die ukrainische Regierung die
Stromnetz-Stabilität gefährdet und warnt vor drohenden Blackouts.
„Als Lösung wird ein wahnwitziges Experiment vorgeschlagen“, warnt
Dr. Reinhard Uhrig, Atomsprecher der österreichischen
Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. „Energieminister Wladimir
Demtschischin will bis Ende 2016 erreichen, dass die noch laufenden
15 Reaktoren in der Ukraine täglich um bis zu 25 Prozent auf- und
abgeregelt werden – mit potenziell katastrophalen Auswirkungen auf
die Reaktordruckbehälter.“

Das Verfahren des „load following“ (Lastverschiebung) ist weltweit
unüblich, da durch die hohen Neutronenflüsse während des Herauf- und
Herunterfahrens die Versprödung des Reaktorstahls beschleunigt wird,
insbesondere im Herzstück des Atomreaktors, dem Druckbehälter. Auch
die ukrainische Atomwirtschaft ist eindeutig gegen dieses Experiment:
Der Chef von Energoatom, Juri Nedaschkowski, warnte vor kurzem in
ukrainischen Medien, dass es unmöglich sei, die Reaktoren bis Ende
2016 technisch vorzubereiten. Die Gewerkschaft „Atomprofspilka“
warnte vor einer Katastrophe, die Leistungsdrosselung kann zu erhöhte
Konzentration des Neutronengifts Xenon-135 und zu unberechenbarem
Verhalten des Reaktors führen.

„Die klare Alternative ist Energieeffizienz und verbesserte
Vernetzung mit den Nachbarländern, die durch den Boom der
Erneuerbaren Energieträger und ausreichend Kapazitäten zur
Netzstabilisierung weit sicherer und billiger beitragen können als
gefährliche Experimente mit alten Reaktoren“, so Uhrig. „Der Ukraine
steht ohnehin immer noch die ungeklärte Bergung der Atom-Leiche im
Keller von Tschernobyl-4 bevor.“

Atom-Leiche im Keller von Tschernobyl-4

Nach heutigem Stand droht der notdürftig über dem explodierten
Reaktor errichtete Sarkophag einzustürzen, die Hülle ist undicht,
Wasser dringt ein und lässt radioaktives Material durch. Eine riesige
neue Hülle wird voraussichtlich Ende 2016 über den zerstörten Kern
geschoben, um diese Gefahr abzuwenden – damit ist aber erst der
Anfang gemacht bei der Bergung der 70 Prozent der ursprünglich 190
Tonnen Kernbrennstoffes. Sie liegen noch in verschiedenen Bereichen
des Reaktors, die lavaartige Kernschmelze hat sich mehrere Stockwerke
tief in die Keller der Ruine durchgebrannt. „Erst in dreißig Jahren
soll nach jetzigem Plan mit der Bergung des hochradioaktiven
Materials und mit dem Abriss der Reaktoren begonnen werden – diese
Arbeiten sollen 2064 abgeschlossen werden, wo viele der heutigen
Arbeiter bereits nicht mehr leben werden“, erklärt Uhrig. „Die
Ukraine braucht Hilfe bei der Bewältigung dieser schwersten
Nuklearkatastrophe aller Zeiten – und gegen weitere Experimente mit
der unberechenbaren Atomkraft.“

GLOBAL 2000 führt aus Anlass der Nuklearkatastrophe vor 30 Jahren und
dem 20-jährigen Bestehen seines Tschernobyl-Kinder-Hilfsprojektes
eine Solidaritäts-Kampagne „Glatze oder Spende“ durch:
www.global2000.at/glatze-oder-spende

Hintergrundinformationen zur Tschernobyl-Katastrophe:
www.global2000.at/sites/global/files/Die_Reaktorkatastrophe_von_Tsche
rnobyl_0.pdf

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