• 20.04.2016, 12:28:47
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  • OTS0124 OTW0124

Ausländische Ärzte: Voraussetzungen für Tätigkeit in Österreich (2)

Studium und praktische Ausbildung in Drittstaaten

Utl.: Studium und praktische Ausbildung in Drittstaaten =

Wien (OTS) - Der strukturelle Ärztemangel in Österreich werde nicht
durch die Integration der nach Österreich zuziehenden oder hierher
flüchtenden Ärzte zu beheben sein. Dessen ungeachtet sei es
zweifellos wichtig und wünschenswert, dass die Qualifikationen der
nach Österreich geflüchteten ausländischen Ärztinnen und Ärzte nicht
unnötig lange brachliegen. Oberste Priorität habe jedoch die
Patientensicherheit, das erklärten heute im Rahmen einer
Pressekonferenz Vertreter der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und
der Medizinischen Universität Wien.

Studium in Drittstaat: Nostrifikation durch Medizinische
Universität

Die Nostrifizierung sei die Anerkennung eines an einer offiziell
anerkannten ausländischen Bildungseinrichtung erworbenen
Studienabschlusses. Durch die positive Absolvierung eines
Nostrifizierungsverfahrens an einer der staatlichen
Medizin-Universitäten/Fakultäten werde die Berechtigung zur Führung
des inländischen akademischen Grades „Doktor/in der gesamten
Heilkunde – Dr. med. univ.“ erlangt, erklärte Univ.-Prof. Gerhard
Zlabinger, Curriculumdirektor an der MedUni Wien.

Die Voraussetzungen dafür seien: i) Vorliegen eines ausländischen
Studienabschlusses, der mit dem Studium der Humanmedizin der MedUni
Wien grundsätzlich gleichwertig ist, ii) es wurde noch kein Antrag
auf Nostrifizierung in Österreich gestellt und iii) der Nachweis,
dass die Nostrifizierung zwingend für die Berufsausbildung oder die
Fortsetzung der Ausbildung in Österreich erforderlich ist. „Die
Nostrifizierung ist nicht mit der Verleihung der ärztlichen
Berufsberechtigung in Österreich gleichzusetzen“, betonte Zlabinger.

Lägen alle erforderlichen Genehmigungen und Dokumente vor, komme es
zum Ermittlungsverfahren, in dem Inhalt und Umfang des ausländischen
mit dem Curriculum der MedUni Wien verglichen würden. Es müssten
Stichprobentests in klinischen Fächern – insgesamt rund 250 Fragen
aus Bereichen wie Chirurgie, Frauen- und Kinderheilkunde oder
Psychiatrie – absolviert werden. „Beim Stichprobentest handelt es
sich nicht um eine Prüfung, bei der man durchfallen kann, das
Ergebnis hat jedoch Einfluss auf die Zahl der später noch
abzulegenden Prüfungen“, erklärte Zlabinger.

Liege nach dem Ermittlungsverfahren ein grundsätzlich positiver
Bescheid vor, werde festgelegt, welche Prüfungen zur Herstellung
einer gänzlichen Gleichwertigkeit abzulegen und welche
Studienleistungen noch zu erbringen seien. In diesem Bescheid werde
dann die Frist zur Absolvierung dieser Prüfungen festgelegt. Vier
Prüfungen seien in jedem Fall für Nostrifikantinnen und
Nostrifikanten in Österreich vorgeschrieben: Rezeptierkunde, Hygiene
und Präventivmedizin, Epidemiologie und Sozialmedizin sowie
Medizinrecht.

ÖÄK prüft in Drittstaaten absolvierte Ausbildung

Während die staatlichen Medizinuniversitäten prüften, ob ein im
Ausland absolviertes Studium der gesamten Heilkunde dem
österreichischen Curriculum entspreche, habe der Gesetzgeber die
Ärztekammer mit der Anrechnung bzw. Prüfung der im Ausland
absolvierten praktischen Ausbildung eines Arztes beauftragt,
erklärten ÖÄK-Vizepräsident Harald Mayer und der Präsident des
Wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie der Ärzte
und Präsident der Ärztekammer Oberösterreich, Peter Niedermoser. Die
ÖÄK habe die Anträge auf Anrechnung von Ausbildungszeiten all jener
Personen zu prüfen, die ihre Arzt-Ausbildung in einem Drittstaat
(also alle außer EWR und Schweiz) begonnen oder abgeschlossen hätten.
Das betreffe z.B. einen seit Jahren in Kanada tätig gewesenen
Psychiater, der erstmals in Europa arbeiten möchte, genauso wie einen
aus Syrien geflohenen Chirurgen, der in seiner Heimat jahrelang in
einem Spital Patienten versorgt habe.

Wer in einem Drittstaat eine Ausbildung abgeschlossen habe, müsse
jedenfalls eine Arztprüfung ablegen, entweder zum Arzt für
Allgemeinmedizin oder zu einem medizinischen Sonderfach. Nach
bestandener Prüfung und Nachweis aller erforderlichen
Ausbildungszeiten stehe der Eintragung in die Ärzteliste als
berufsberechtigter Arzt nichts mehr entgegen, sofern ausreichende
Deutschkenntnisse und die weiteren formalen Voraussetzungen vorlägen.

Sehr oft allerdings seien Inhalt und/oder Dauer der im Ausland
absolvierten praktischen Ausbildung nicht gleichwertig mit den
Vorgaben der österreichischen Ärzte-Ausbildungsordnung. „Bei
Drittstaaten-Angehörigen aus Ländern mit unsicherer politischer Lage
liegt es zudem auf der Hand, dass die Beibringung offizieller
Dokumente schwierig oder unmöglich sein kann: Oft gehen Unterlagen
auf der Flucht verloren oder es ist z.B. aufgrund von Kriegswirren
und zerstörten Behördenstrukturen schwierig oder unmöglich,
beglaubigte Kopien verlorener Dokumente im Herkunftsland zu
beschaffen“, sagte ÖÄK-Vizepräsident Mayer. Die Ausbildungskommission
der ÖÄK prüfe jedenfalls die vorhandenen Dokumente und
Ausbildungsnachweise auf ihre Anrechenbarkeit und nehme die
Anrechnung dann mit Bescheid vor. Wenn Ausbildungsinhalte auf die
Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt fehlen, seien
diese an einer anerkannten Ausbildungsstätte (Krankenhaus) ergänzend
zu absolvieren.

„Bevor ein Arzt aber de facto ärztlich tätig werden darf, muss er die
Eintragung in die Ärzteliste über die zuständige Landesärztekammer
beantragen. Dafür sind – neben den formalen Kriterien wie z.B.
Strafregisterauszug – auch ausreichende Sprachkenntnisse
nachzuweisen. Schließlich muss der Betreffende in der Lage sein, sich
auf Deutsch mit seinen Patienten, mit anderen Ärzten und mit
Pflegekräften zu verständigen“, sagte Peter Niedermoser von der
Österreichischen Akademie der Ärzte. (ar) (Forts.)

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