- 05.04.2016, 11:28:12
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Aufgepasst statt umgeknickt - Die Fachgesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA) klärt über Verletzungsrisiken am Sprunggelenk auf und gibt praktische Tipps zur Vorbeugung
München (ots) - Mit dem Frühling kommt auch die Lust auf Bewegung an
der frischen Luft. Egal ob Joggen, Wandern, Golfen, Tennis oder auch
nur spazieren gehen, unser Bewegungsdrang steigt mit den länger
werdenden Tagen. Denn mit dem zunehmenden Tageslicht schüttet der
Körper auch vermehrt Serotonin aus, eines der sogenannten
Glückshormone. Doch bei all der Lust auf Bewegung & Co. heißt es
aufgepasst: Täglich knicken in Deutschland etwa 10.000 Menschen mit
dem Sprunggelenk um. Das oft als Lappalie abgetane "Fuß verstauchen"
sollte nicht unterschätzt werden, verursacht jedes stärkere Umknicken
doch Verletzungen im Sprunggelenk. Nicht richtig auskuriert kann das
Risiko für eine schmerzhafte Sprunggelenksarthrose im Alter steigen.
Die AGA, Europas größte Fachgesellschaft für Arthroskopie und
Gelenkchirurgie, erläutert häufige Verletzungsmuster am Sprunggelenk
und ihre Therapiemöglichkeiten und gibt Tipps zur Vorbeugung
langfristiger Gelenkschäden.
Das Sprunggelenk erfüllt eine entscheidende Funktion in unserem
Bewegungsablauf und dient der Beweglichkeit sowie der Stabilisierung
des Fußes. Es besteht aus einem oberen und einem unteren Anteil. Bei
einem Umknicken ist in der Regel nur der obere Anteil des
Sprunggelenkes betroffen, also das Gelenk zwischen Schienbein und
Wadenbein sowie dem Sprungbein.
Der Bewegungsablauf - ein Zusammenspiel von Muskeln, Sehnen, Bändern
Vereinfacht betrachtet ist das obere Sprunggelenk ein
Scharniergelenk, mit dem zwei Hauptbewegungsrichtungen ausgeführt
werden können: Anheben des Fußes und Abdrücken vom Boden. Zum
Auftreten wird der Fuß nach oben gezogen, so kann man mit der Ferse
zuerst aufkommen und dann kontrolliert abrollen (sogenannte
Dorsalextension. Für den Abdruck vom Boden wird die Fußsohle und der
Fußballen nach unten gedrückt (sogenannte Plantarflexion). Diese
Bewegungen erfolgen im Zusammenspiel von Muskeln, Sehnen und dem
Kapselbandapparat rund um das Sprunggelenk. Dabei stabilisieren
diverse Bänder das Gelenk bei seinem physiologischen Bewegungsablauf.
Knickt man nun mit dem Fuß um, kann der Kapselbandapparat gedehnt,
angerissen oder komplett gerissen werden. Hier ist besonders häufig
die Außenseite des Gelenks mit seinen drei Bändern betroffen. Je nach
Verletzung ist der Betroffene häufig nicht in der Lage, zu gehen oder
auch nur Gewicht auf den verletzten Fuß zu bringen. Anfänglich starke
Schmerzen lassen in der Regel nach der ersten Stunde deutlich nach.
Das Gefühl von Instabilität im Sprunggelenk ist dann längerfristig
eine typische Folgeerscheinung einer schwerwiegenden Bandverletzung.
Blutergüsse und Schwellungen weisen auf Verletzung hin
Bei der eigenen Einschätzung einer Verletzung ist Vorsicht geboten,
denn das Schmerzempfinden ist bei einer Sprunggelenksverletzung kein
guter Indikator: Nicht immer stehen die Schmerzen und die Schwere der
Verletzung in direktem Zusammenhang. Wichtig ist es auch, auf die
Bildung eines Blutergusses am Sprunggelenk als dringenden Hinweis für
eine Gelenkkapsel- oder Bandverletzung zu achten. Auch kann die
Schwellung des Sprunggelenkes einen Hinweis auf das Ausmaß der
Verletzung geben. Hier gilt je mehr Schwellung, desto ausgedehnter
die Gewebsverletzung. Nach einem schwereren Umknicktrauma sollte ein
Arzt das Sprunggelenk untersuchen. Dabei kann die Art des Traumas
(Supination oder Pronation) bereits wichtige Hinweise auf das zu
erwartende Verletzungsmuster geben. In der Regel werden Röntgenbilder
angefertigt, um eine knöcherne Verletzung auszuschließen. Bei
Verdacht auf eine gravierende Band- oder Knorpelverletzung erfolgt
die Überweisung zur Kernspintomographie.
Erstbehandlung nach dem PECH-Prinzip
Als Erstbehandlung des Umknicktraumas hat sich das PECH-Prinzip
bewährt: Pause, Eis, Compression und Hochlagern. Dazu sollte das
betroffene Bein unter Zuhilfenahme von Unterarmgehstützen entlastet
werden. Eine lokale Kühlung hilft bei Schwellungen. Eine elastische
Wickelung des geschwollenen Sprunggelenks sorgt durch Kompression für
eine Reduktion der Schwellung. Die wichtigste Maßnahme ist jedoch,
das Bein sofort hochzulegen. Dabei sollte es über Herzhöhe gebracht
werden, damit der Blutrückfluss zum Herzen erleichtert wird. Unter
Ruhigstellung in einer Schiene, die das seitliche Verkippen im
Sprunggelenk verhindert, dauert es ungefähr sechs Wochen, bis die
Bänder ihre Reißfestigkeit zu 60 bis 70 Prozent wiedererlangt haben.
Wird zusätzlich Physiotherapie durchgeführt, kann in neun von zehn
Fällen ein Resultat ohne weitere Instabilität oder Schmerzen erreicht
werden.
Wer oft High Heels trägt sollte besonders auf Ausgleich achten
Beim Tragen von High Heels werden die vorderen Sehnen des Fußes
gedehnt während die Wadenmuskulatur oft verkürzt. Wer nach vielen
Stunden auf hohen Schuhen Sport machen will, sollte unbedingt erst
einmal seine Füße durch Drehbewegungen lockern und die Zehen auf und
ab bewegen. Überstrapazierte Sehnen, die beim Sport wieder stark
gefordert sind, zeigen ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Auch hier
hilft es eine Zeit lang barfuß zu gehen, um dem Fuß seinen
natürlichen Bewegungsablauf zurückzugeben.
Umknicken vermeiden heißt gleichzeitig einer Arthrose vorbeugen
Jedes Umknicken verursacht Verletzungen am Sprunggelenk. Je häufiger
man über die Jahre umknickt, desto größer ist das Risiko für
verschleißbedingte Knorpelveränderungen (Arthrose). Aus
gelegentlichen Schmerzen beim Sport aber auch im Alltag kann ein
Dauerschmerz werden und in der Folge auch zu einer zunehmenden
Bewegungseinschränkung am Sprunggelenk führen. Selbst Autofahren kann
für Betroffene dann sehr unangenehm werden.
Häufige Verletzungsarten am Sprunggelenk und ihre Behandlung
Umknicken nach außen
Sehr häufig treten bei einem Supinationstrauma (Umknicken nach außen)
Verletzungen am Außenbandapparat des Sprunggelenks auf. Diese
Verletzungen lassen sich in den allermeisten Fällen gut in der
klinischen Untersuchung diagnostizieren. Es können ein oder mehrere
Bänder gleichzeitig reißen und zu einer vermehrten Aufklappbarkeit am
äußeren oberen Sprunggelenk führen.
Umknicken nach innen
Beim Pronationstrauma (Umknicken nach innen) kommt es häufig zu
Innenbandverletzungen. Es können jedoch auch Kombinationstraumata und
begleitende knöcherne Verletzungen vorliegen.
Syndesmosenverletzung
Die sogenannte Syndesmosenverletzung mit Zerreißen der Bandstruktur
zwischen Wadenbein und Schienbein tritt ebenfalls häufig auf. Bei
einem An- oder Abriss kommt es zu einer Schwellung oder einem
Druckschmerz oberhalb des Sprunggelenks und die Belastung des Beines
ist kaum mehr möglich. Diese Verletzung erfordert in der Regel eine
operative Stabilisierung.
Verletzung der Peronealsehnen
Auch die sogenannten Peronealsehnen, die hinter dem Außenknöchel zum
Fußaußenrand laufen, sind verletzungsanfällig. Sie haben die Aufgabe,
den Fußaußenrand zu stabilisieren. Angespannt werden sie über einen
Muskel, der bei einem Umknicken reflexartig reagiert und die Sehnen
zur Stabilisierung des Sprunggelenks nach oben zieht. Bei einem
Umknicktrauma wurde der Fußaußenrand nicht genügend stabilisiert. Je
nach Schweregrad des Traumas können die Peronealsehnen geschädigt
sein. Liegt eine Schwellung hinter dem Außenknöchel gepaart mit einem
Druckschmerz und Funktionseinschränkung vor, sollte eine
Kernspintomographie zur Diagnosesicherung durchgeführt werden. Auch
der Knorpel des Sprungbeins oder des Schienbeins bzw. Wadenbeins kann
durch ein Umknicken geschädigt werden. Bei Knorpel- oder
Knorpelknochenverletzungen berichten Betroffene oft über ein hörbares
Knirschen oder auch Gelenkblockaden nach dem Unfall.
Knöchelbruch
Aber auch ein Bruch des Außenknöchels oder sogar beider Knöchel innen
und außen sind mögliche Verletzungsmuster, die durch ein einfaches
Umknicken entstehen können. Eine konventionelle Röntgenaufnahme
sollte daher Teil einer jeden ärztlichen Untersuchung sein.
Wann ist eine Operation sinnvoll?
Viele Brüche am Sprunggelenk müssen zeitnah nach einer Verletzung
operativ versorgt werden, um die ursprüngliche Anatomie und eine
einwandfreie Biomechanik des Gelenks wieder herzustellen. Anders
verhält es sich mit den Bandverletzungen des Sprunggelenkes: reine
Außenbandrisse werden heutzutage bei einem akuten Umknicktrauma im
Normalfall konservativ mit einer Schiene behandelt. Die meisten
Patienten werden keine Spätfolgen haben. In der Regel ist nur bei
jenen Menschen, bei denen die Umknick-Ereignisse wiederkehren und
sogar häufiger werden, eine Operation nach vorheriger erfolgloser
Physiotherapie anzuraten.
Anders verhält es sich mit einem kompletten Riss des vorderen
Syndesmosebandes oder bei luxierenden Peronealsehnen. Diese
spezifischen Verletzungen des Sprunggelenkes brauchen meist eine
Operation um stabile Verhältnisse zu erreichen.
Um die richtige Entscheidung bezüglich der Notwendigkeit einer
Operation treffen zu können, sollte auf jeden Fall eine fachärztliche
Abklärung mit entsprechender Bildgebung (Röntgen, MRT) erfolgen.
Verletzungsrisiko Fehlstellung
Ein stabiles und kräftiges Sprunggelenk ist eine wichtige
Voraussetzung für alle Sportarten, die mit viel Laufen, Springen und
Drehbewegungen verbunden sind. Liegt eine Fußfehlstellung vor, bleibt
das Verletzungsrisiko beim Sport dennoch erhöht.
Bei einer normalen Fußstellung verteilt sich der Druck gleichmäßig
über den Fuß. Bei einer sogenannten Supination bewegt sich der Fuß
über den Fußaußenrand nach außen weg. In der Folge werden die Sehnen
und Bänder an der Außenseite des Sprunggelenkes überdehnt und
anfälliger, das Verletzungsrisiko für ein Umknicken steigt enorm.
Hier kann ein Laufschuh mit ausgleichender Dämpfung und
unterstützender seitlicher Führung helfen. Aber auch ein verstärktes
Einwärtssinken des Fußes ist häufig vorhanden. Hier spricht man vom
"pronierenden" Fuß. Versierte Laufschuh-Hersteller bieten spezielles
Schuhwerk zum Ausgleich dieser Fehlstellung an. Da Fehlstellungen
weit verbreitet sind, sollte beim Kauf von neuen Joggingschuhen daher
unbedingt ein erfahrener Sportartikelhändler zu Rate gezogen werden.
Auch computergestützte Analysen am Laufband werden inzwischen von
einigen Geschäften angeboten und helfen bei der Auswahl des richtigen
Schuhwerkes.
Liegen schwerwiegendere Fehlstellungen wie ein angeborener Klumpfuß
(egal ob operativ oder konservativ behandelt), Sichelfüße oder andere
Probleme vor, so kann unter Umständen eine spezielle Schuhanpassung
oder Einlagenversorgung beim Orthopädietechniker eine sichere
Sportausübung ermöglichen. Hier sollte vor Beginn mit dem Training
auch ein Orthopäde aufgesucht werden, um drohende Überlastungen
frühzeitig zu erkennen.
Tipps zur Verletzungsprävention
1. Handy in der Tasche lassen
Wer laufen oder auch nur spazieren geht, sollte nicht parallel
telefonieren oder sein Smartphone benutzen. Unebenheiten im Boden,
Randsteine, entgegenkommende Fußgänger, Radfahrer, Rollerfahrer o.ä.
sind bei Ablenkung ein Gefahrenpotential.
2. Passendes Schuhwerk beim Sport tragen
Jeder Sport hat sein eigenes Schuhwerk und das aus gutem Grund: Beim
Joggen braucht der Läufer Profil für einen sicheren Tritt und um
nicht auszurutschen. Außerdem ist es besonders bei Joggingschuhen
wichtig auf die richtige Anpassung bezüglich eines von Natur aus
pronierenden oder supinierenden Rückfußes zu achten. Ein erfahrener
Sportartikelhändler kann hier weiterhelfen. Tennisschuhe hingehen
brauchen die glatte Sohle, damit man bei einem abrupten Stoppen immer
noch ein bisschen rutscht und den Schwung ausgleichen kann.
Golfschuhe haben Spikes, mit denen man auch auf nassen Rasen nicht
ausrutscht, usw. Einen Schuh für jeden Sport gibt es nicht!
3. Ausreichend Aufwärmen
Für jeden Sport und gerade draußen bei kühlen Temperaturen ist es
wichtig, sich vorab aufzuwärmen, am besten schon kurz vorher in
geschlossenen Räumen. Dann langsam starten, so dass sich die
Muskulatur gut erwärmen kann.
4. Konzentration auf die Sache
Den Körper beim Laufen ausbalancieren, konzentriert laufen, mit dem
ganzen Fuß aufsetzen und bewusst abrollen. Wer nicht bei der Sache
ist und seinen Gedanken nachhängt, dem kann es an der nötigen
Körperspannung mangeln.
5. Stabilisationsübungen im Alltag
Neben speziellen Trainingsübungen kann man auch einfache
Stabilisationsübungen in den Alltag einbauen. Zum Beispiel beim
täglichen Zähneputzen auf ein Bein stellen und darauf achten, das
Gewicht gleichmäßig auf den ganzen Fuß zu verteilen. Wem das zu
leicht ist, der legt ein Kissen oder ein sogenanntes Wackelbrett
unter den Fuß. Weitere Gelegenheiten zum Einbein-Stand bieten sich
beim Warten auf den Bus, in der Schlange vor der Kasse, usw. an. Eine
weitere Übung ist der Fersen- und Zehenspitzenlauf: Schuhe ausziehen
und auf Socken 20m auf den Fersen durch die Wohnung laufen, pausieren
und dann 2-3 Mal wiederholen. Das Gleiche zwischendurch auf den
Zehenspitzen üben. So kräftigt man ohne viel Aufwand die
Fußmuskulatur und damit das Sprunggelenk.
6. Barfuß laufen
Enge oder hohe Schuhe begünstigen die Entstehung von
Fußfehlstellungen. Regelmäßiges Barfußlaufen ist für eine gesunde
Entwicklung des Fußes wichtig. Wer barfuß läuft, trainiert die
Fußmuskulatur, da sich der Fuß an die wechselnden Bedingungen des
Bodens anpassen muss.
Über die AGA, Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie
Die AGA ist die größte europäische Gesellschaft für Arthroskopie und
Gelenkchirurgie mit derzeit mehr als 4.400 Mitgliedern. Die Ziele der
AGA sind unter anderem Nachwuchsförderung, Weiterbildung,
Standespolitik im Zusammenhang mit der Arthroskopie und
Gelenkchirurgie, Sicherung und Kontrolle der Qualität und die
Unterstützung und Finanzierung von wissenschaftlichen und klinischen
Projekten. Die AGA hat ihren Sitz in der Schweiz.
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