- 17.03.2016, 11:29:54
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Umfrage-Ergebnisse: Verbesserungsbedarf bei der Arbeitssituation von Hygieneteams in Österreich

Wien (OTS) - Die Österreichische Gesellschaft für Krankenhaushygiene
(ÖGKH) hat eine Umfrage unter österreichischen Hygieneteams
gestartet, um die Arbeitssituation der Mitarbeiter von Hygieneteams
zu evaluieren und notwendige Handlungsfelder aufzudecken. Im Rahmen
der 16. Konferenz der IFIC (International Federation of Infection
Control) in Wien wurden die Ergebnisse dazu in einer Pressekonferenz
präsentiert.
Auch wenn sich der Tätigkeitsschwerpunkt der Krankenhaushygiene –
Verhüten, Erkennen und Bekämpfen von Krankenhausinfektionen – in den
letzten 20 Jahren nicht geändert hat, so hat sich heute die damit
verbundene Verantwortung deutlich gewandelt. Die Mitarbeiter der
Hygieneteams spielen eine zentrale Rolle in der Umsetzung und
Kontrolle der Hygienemaßnahmen in Gesundheitseinrichtungen. Ihnen
kommt jedoch zu wenig Unterstützung zu, und wenn, dann zumeist nur
auf dem Papier.
Empfehlungen zur Organisation und Struktur der Krankenhaushygiene in
Österreich sind im bundesministeriellen Leitfaden ProHyg 2.0
verankert. Aktuell gibt es jedoch keine Daten und Fakten, ob, wie und
in welchem Ausmaß die organisatorischen und strukturellen
Anforderungen der Krankenhaushygiene in Einrichtungen des
Gesundheitswesens in Österreich umgesetzt sind.
Insbesondere fehlte es bisher an validen Daten zu den
Arbeitsbedingungen von Hygienefachkräften, die durch ihren
persönlichen Einsatz und ihr Engagement einen maßgeblichen Beitrag
zum Qualitätsmanagement der Krankenhaushygiene und
Infektionsprävention tragen. Das Wissen um solche Daten ist
entscheidend, um Erfordernisse zu erkennen, die Fachgesellschaften
zum Wohle besserer Arbeitsbedingungen für alle in Österreich tätigen
Hygienefachkräften bei den entsprechenden zuständigen Stellen
einbringen können.
Die ÖGKH hat daher eine Online-Befragung unter Hygieneteams
initiiert, an der in einem Zeitraum von zwei Monaten 237 Personen
(Rücklaufquote 51%), darunter Hygienefachkräfte (80%),
hygienebeauftragte Ärztinnen und Ärzte (16%), und Biomedizinische
AnalytikerInnen, teilgenommen haben.
Hygienefachkräfte vorwiegend weiblich und über 45 Jahre alt
Die demographische Erhebung der Studie zeigt, dass Hygienefachkräfte
in Österreich überwiegend weiblich und über 45 Lebensjahre alt sind.
Angesichts der Tatsache, dass ein hohes Maß an Hygiene-Expertise nur
über viele Jahre aufgebaut wird, ist der Umstand alarmierend, dass
70% der Befragten angegeben haben, dass bisher keine
Nachfolgeregelung für ihre Position getroffen wurde. Zwar gaben 72%
der Befragen an, das während ihrer Abwesenheit eine qualifizierte
Person als Vertretung für ihre Tätigkeiten vorhanden ist, ein
vollzeitlicher Ersatz liegt jedoch nur bei 40% der Befragten vor. 12%
gaben an, dass diese Vertretungsregelung nur auf dem Papier
existiert.
Hygienefachkräfte haben zu wenig Zeit für hygienerelevante
Tätigkeiten
Fast zwei Drittel der Befragten (61%) sind nur Teilzeit für Belange
der Hygiene tätig. Dementsprechend geben weniger als die Hälfte der
Befragten (47%) an, dass die ihnen zur Verfügung stehende Zeit
ausreicht, um die hygienerelevanten Aufgaben zu erledigen.
Interessant dabei war, dass sich dieser Anteil zu gleichen
Proportionen unter Vollzeit wie Teilzeit tätigen Befragten widerfand.
Pikantes Detail: lediglich 1/3 gaben an, nicht in Fremdtätigkeiten
eingebunden zu sein. Die Mehrheit gab an, neben ihrer hygienischen
Tätigkeit bei Schulung und Kontrolle externer Dienstleister
herangezogen zu werden, bei arbeitsmedizinischen Fragestellungen
tätig zu sein oder sicherheitstechnische Fragen bearbeiten zu müssen.
Für hygienerelevante Tätigkeiten bleibt nicht genügend Zeit. 76% der
Befragten gaben an, eine Form von standardisierter Surveillance
durchzuführen (weit überwiegend KISS 51%; gefolgt von ANISS 23,8%).
Mehrdad Askarian, internationaler Hygiene-Experte an der University
of Medical Sciences in Shiraz, betont die Wichtigkeit von
Hygieneexperten und einer Surveillance: „Wie in den meisten Ländern,
stellen nosokomiale Infektionen auch in Krankenhäusern im Iran eine
große Herausforderung dar. Viele Krankenhäuser, insbesondere
Lehrkrankenhäuser, haben allerdings aufgrund der stetigen Bemühung
der Hygiene ein gut implementiertes Surveillance System. Dies war nur
dadurch zu erreichen, indem die meisten unserer Krankenhäuser
mittlerweile starke Hygieneteams haben, welche aus vollzeittätigen
Pflegepersonen und Ärzten besteht.“
Antibiotika-Stewardship Programme unzureichend implementiert
Hygieneteams sind außerdem ungenügend in die Beschaffung von
Antiinfektiva und Medizinprodukte sowie bei Neu-, Um- und Zubau
eingebunden. Dies sind elementare Aufgaben, die sich aus dem
bundesministeriellen Qualitätsstandard Krankenhaushygiene ableiten.
Bei 73% der Befragten ist eine Arzneimittelkommission im Haus
vorhanden, dort sind aber nur 23% der Hygieneteams Mitglieder. Bei
der Medizinproduktekommission ist es noch drastischer: Es sind
lediglich bei 25% der Befragten Medizinproduktekommissionen
vorhanden, und die Hygieneteams darunter nur zu 12% (!) eingebunden.
Dies schlägt sich auch an der Umsetzung der Antibiotika-Stewardship
Programme (ABS) nieder. Lediglich in 45% der Einrichtungen ist ein
ABS-Programm implementiert. Zudem sind Hygieneteams hier nur zu 20%
eingebunden. In 80% der Fälle findet ABS ohne Hygieneteams statt, und
dass, obwohl die Überwachung, das Monitoring und die Erstellung von
Statistiken zu 98,5% von Hygieneteams durchgeführt werden. Die starke
Einbindung in das Monitoring von Resistenzen zeigt sich auch dadurch,
dass 93% der Befragten eng in die jeweilige Mikrobiologie eingebunden
sind.
Alarmierend ist, dass in 4 von 5 Fällen eines chirurgischen
Eingriffes keine Vorabuntersuchung auf ein Trägertum von S. aureus
erfolgt. Selbst wenn der Umstand einer Besiedelung bekannt ist,
erfolgt eine präoperative Eradikation nur in 2 von 3 Fällen.
Angesichts der hohen Fallzahl asymptomatischer S. aureus-Träger in
der Bevölkerung liegt hier ein beachtliches Potential zur
Primärprävention postoperativer Wundinfektionen vor, welches nicht
genutzt ist.
Auch aus internationaler Sicht ist die Zunahme von mikrobiellen
Antibiotikaresistenzen besorgniserregend, insbesondere weil es nur
begrenzte Aussichten für neue antimikrobielle Wirkstoffe gibt. Aus
diesem Grund muss alles unternommen werden, um Infektionen zu
verhindern. „Hygieneteams nehmen einen wichtigen Teil in diesem
Präventions-Prozess ein. Im Vereinigten Königreich haben ihre
Bemühungen zu einer enormen Reduktion von MRSA und C.
difficile-Infektionen geführt. Präventionsmaßnahmen helfen auf Dauer
mehr, als sich nur auf die Heilung zu konzentrieren – Prävention ist
die beste Möglichkeit den Patienten zu schützen.“ so Martin Kiernan,
MClin Res, MPH, ehemaliger Präsident der britischen Gesellschaft für
Infektionsprävention.
Akzeptanz und Unterstützung durch Administration
51% der Befragten geben an, befriedigend bis nicht genügend von der
Verwaltung bei hygienerelevanten Themen unterstützt zu werden.
Ergebnisse zur Beantwortung der Frage: „Wie gut erfolgt die Umsetzung
von Hygieneempfehlungen durch die Führung im Haus?“ sind analog
verteilt. 1/3 der Befragten sehen sich von der Leitung ihres Hauses
hinsichtlich ihrer hygienerelevanten Tätigkeiten nicht wertgeschätzt.
Dies betonte auch Univ. Prof. Dr. Ojan Assadian, Präsident der ÖGKH:
"Wir sind in Österreich in der glücklichen Lage, hochmotivierte und
fachlich kompetente Hygienefachkräfte zu haben. Dennoch zeigen
Ergebnisse der rezenten ÖGKH Umfrage, dass diese medizinisch
versorgungsrelevante Berufsgruppe derzeit im Gesundheitssystem zu
großen Teilen nicht effektiv an der richtigen Stelle eingesetzt wird
und dass die Anerkennung durch Krankenhausleitungen aufgrund von
mangenden Kenntnissen des Tätigkeitsprofils nicht ausreichend
erfolgt. Angesichts der bevorstehenden Herausforderungen durch
nosokomiale Infektionen und multiresistente Erregern werden wir uns
einen solchen nicht adäquaten Einsatz nicht leisten können.“ Deutlich
besser ist die Wertschätzung durch die Kollegen anderer medizinischer
Disziplinen. Hier sehen lediglich 7% der Befragten ihre Tätigkeit nur
genügend bis nicht genügend wert geschätzt.
Über die ÖGKH
Die ÖGKH ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, die
gemeinnützig der Förderung der Krankenhaushygiene sowie dem Schutz
des Patienten gegenüber nosokomialen Infektionen in Einrichtungen des
Gesundheitswesens dient. Zu ihren Aufgaben und Tätigkeiten zählen die
Unterstützung für alle im Gebiet der Krankenhaushygiene Tätigen und
betroffenen Patienten, die Förderung und die Stärkung der
interdisziplinären Zusammenarbeit aller krankenhaushygienisch tätigen
Personen und Organisationen, die Pflege des Kontaktes und die
Förderung der Zusammenarbeit von Arbeitskreisen und Hygieneteams, die
Beratung von Patienten, Angehörigen, Interessensvertretungen und
Unternehmungen, die medizinische Forschung und Verbreitung der
Ergebnisse, die Kommunikation und Bekanntmachung wissenschaftlicher
Berichte und Erkenntnisse.
Weitere Informationen: www.oegkh.ac.at
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