- 07.03.2016, 08:39:33
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HETA-Fragenkatalog an Kärntens Finanzlandesrätin Dr. Gabriele Schaunig-Kandut
Wegen Gesprächsverweigerung stellt "Gläubigerschutzgemeinschaft Teutonia" öffentlich sechs Fragen an Schaunig-Kandut
Utl.: Wegen Gesprächsverweigerung stellt
"Gläubigerschutzgemeinschaft Teutonia" öffentlich sechs Fragen
an Schaunig-Kandut =
Zürich (OTS) - Sehr geehrte Frau Finanzlandesrätin Dr.
Schaunig-Kandut!
Wir sind eine Gläubigergruppe aus privaten und institutionellen
Anlegern, die mit einem Gesamtvolumen von rund 250 Millionen Euro in
mündelsichere und mit einer Ausfallsbürgschaft des Bundeslandes
Kärnten versehene Anleihen der „Heta“ engagiert sind.
Ausfallsbürgschaften, die von der zuständigen Legislative des
Bundeslandes Kärnten, den Abgeordneten zum Kärntner Landtag,
einstimmig beschlossen wurden. Sie haben für diese
Ausfallsbürgschaften nicht nur die politische Verantwortung gegenüber
den Kärntnerinnen und Kärntnern sowie dem österreichischen
Steuerzahler übernommen, sondern stehen auch in der finanziellen
Pflicht gegenüber den Gläubigern. Nunmehr verweigern Sie aber, Ihrer
finanziellen Pflicht der vollen Rückzahlung von Schulden auch
nachzukommen. Mehr noch: Im Unterschied zu Finanzminister Dr.
Hans-Jörg Schelling, der zumindest das Gespräch mit den Gläubigern
der „Heta“ gesucht hat und um eine Lösung vor dem Hintergrund eines
gesamtstaatlichen, österreichischen Interesses bemüht ist, verweigern
Sie jeden direkten Kontakt und Verhandlungsgespräche mit dem Ziel
einer gemeinsamen Lösung mit uns Gläubigern. Sehr geehrte Frau
Finanzlandesrätin Dr. Schaunig-Kandut, mit dieser Haltung und Ihrem
uns wiederholt via Medien ausgerichteten Standpunkt, „Mehr geht
nicht, mehr gibt’s nicht“, haben Sie Kärnten und der Reputation des
Finanzplatzes Österreich bereits jetzt schweren Schaden zugefügt, wie
nicht nur ein Blick in die Berichterstattung internationaler Medien
(„Forbes“, „Financial Times“, „Handelsblatt“, „Bloomberg“, „NZZ“,
„FAZ“ usw) zeigt, sondern auch die Tatsache, dass internationale
Investoren als unmittelbare Folge des angerichteten
Vertrauensverlustes die Refinanzierung österreichischer Banken und
öffentlicher Gebietskörperschaften verweigern.
Wir erinnern daran, dass Sie uns gegenüber in der Schuld und Pflicht
stehen und nicht umgekehrt! Eine große Mehrheit der Gläubiger hat
bereits angekündigt, Ihr vorgelegtes und von Finanzminister Dr.
Schelling nachgebessertes Angebot abzulehnen. Daher und als Folge
Ihrer Gesprächs- und Verhandlungsverweigerung wenden wir uns
öffentlich mit sechs Fragen an Sie, stellvertretend auch für die
anderen Gläubiger-Gruppen, mit denen wir in laufendem Kontakt stehen.
Diese sechs Fragen lauten:
1.) Kärnten kann zahlen, will aber nicht. Sie haben zu diesem Zwecke
gegenüber uns Gläubigern eine Vermögensaufstellung des Bundeslandes
Kärnten vorgelegt, in der wesentliche Vermögenswerte wie etwa
bestehende Wohnbauforderungen in Milliardenhöhe oder Anteile am
Landesenergieversorger „KELAG“ bzw. der „Verbund Hydro Power“,
verschwiegen bzw. als nicht verwertbar dargestellt werden. Zusätzlich
zu den sehr wohl vorhandenen Vermögenswerten lassen Sie als
zuständige Finanzlandesrätin ernsthafte Sparanstrengungen vermissen.
Ein Beispiel: Kärnten gehört im Pro-Kopf-Vergleich zu den
Bundesländern mit den höchsten Personalausgaben. Aber anstatt das
bereits im Jahr 2010 von Kärnten selbst gesteckte Ziel, die
Beamtenkosten auf 197 Millionen Euro zu senken, auch zu erreichen,
haben sich die Personalausgaben Kärntens auf 234 Millionen im Jahr
2014 erhöht, wie der Kärntner Landesrechnungshof jüngst kritisch
festgestellt hat. Warum tun Sie das und verweigern strikt einen
höheren finanziellen Beitrag Kärntens, obwohl ein solcher sehr wohl
möglich wäre, wie Sie ganz genau wissen, und warum verlassen Sie sich
ausschließlich auf die Solidarität von Bundesseite, die in Person von
Finanzminister Dr. Hans-Jörg Schelling sehr wohl eine Nachbesserung
zustande brachte, um eine Pleite Kärntens abzuwenden?
2.) Internationale Beispiele wie Griechenland, die Ukraine, Kyiv oder
Puerto Rico beweisen, dass es nicht nur möglich, sondern auch üblich
und vernünftig ist, mit den Gläubigern zu sprechen und über dem
Verhandlungswege eine für alle Seiten tragbare und einvernehmliche
Lösung zu finden. Trotz drohender Pleite des Bundeslandes Kärnten,
für welches Sie als Finanzlandesrätin eine Hauptverantwortung tragen,
verweigern Sie es bis dato kategorisch, mit uns Gläubigern zu
sprechen und in Verhandlungen einzutreten, womit Sie international
eine negative Ausnahme bilden. Warum?
3.) Was werden Sie tun, wenn es zu keiner Einigung mit den Gläubigern
kommt und sind Sie als zuständige Finanzlandesrätin bereit, die
politische Verantwortung eines ungeordneten Zahlungsausfalles des
Bundeslandes Kärnten samt all seinen negativen Auswirkungen für
Kärnten und Österreich tatsächlich zu übernehmen, wie etwa höhere
Refinanzierungskosten für sämtliche Banken und öffentlichen
Gebietskörperschaften? Ist Ihnen bewusst, dass mit einer Insolvenz
die Schulden Kärntens nicht automatisch erlöschen, sondern ohne
einvernehmliche Einigung mit den Gläubigern weiterhin in vollem
Umfang aufrecht bleiben, wie zuletzt auch von Univ.-Prof. Dr. Georg
Kodek bestätigt wurde? Ist Ihnen außerdem bewusst, dass ein
ungeordneter Zahlungsausfall einen kompletten wirtschaftlichen
Stillstand für Kärnten auslöst, Arbeitsplätze vernichtet und auf
Grund der hohen Rechtsunsicherheit kein Investor mehr in Kärnten
investiert, wie sich aktuell schon am Beispiel des Flughafens
Klagenfurt zeigt?
4.) Wissen Sie, dass nach Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch (§1356)
der Ausfallsbürge Kärnten bereits dann belangt werden kann, wenn über
das Vermögen der „Heta“ als Hauptschuldner das Insolvenzverfahren
ERÖFFNET wurde - und nicht erst, wie von Ihnen fälschlicherweise
dargestellt, wenn das Insolvenzverfahren nach jahrelanger Dauer
abgeschlossen ist und was gedenken Sie für den Fall zu tun, dass der
Verfassungsgerichtshof das Bankenabwicklungsgesetz (BaSAG), auf
welchem die gesamte Abwicklung der „Heta“ basiert, aufhebt? Was tun
sie überdies, wenn das Landgericht Frankfurt am 11. März 2016 in
seiner Urteilsverkündung entscheidet, dass die „Heta“ nicht unter das
BaSAG fällt? (In beiden Fällen müsste die „Heta“ als Konsequenz
unmittelbar Insolvenz anmelden, was wiederum die Ausfallsbürgschaften
Kärntens schlagend werden lässt.)
5.) Der Präsident des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes, Dr.
Gerhart Holzinger, hat im Zusammenhang mit der „Heta“ erklärt: „Wenn
der Schritt eines Schuldenschnittes zur Abwehr einer Überschuldung
Kärntens dienen sollte, darf man sich nicht damit begnügen,
Darlehensgläubiger der Hypo zu schneiden, das wäre verfassungswidrig,
sondern muss alle heranziehen, die Forderungen an das Land Kärnten
haben." Sie hingegen planen, die Forderungen der
„Heta“-Haftungsgläubiger nur zu 75 Prozent, bzw. jene der
nachrangigen Gläubiger mit nur 30 Prozent zu bedienen, während die
anderen Gläubiger Kärntens weiterhin 100 Prozent ihrer Forderungen
erfüllt bekommen sollen. Wie bewerten Sie als fundierte Juristin
diese Feststellung des Verfassungsgerichtshof-Präsidenten und wie
rechtfertigen Sie Ihre offensichtlich wissentlich in Kauf genommene,
verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Gläubiger Kärntens
untereinander?
6.) Wenn Ihr Angebot an die Gläubiger scheitert, haben Sie
angekündigt jede Forderung bestreiten zu wollen, zu prozessieren und
auf diesem Wege die eingegangenen Ausfallsbürgschaften Kärntens auch
insgesamt in Frage zu stellen. Als zentrales Verteidigungsargument
haben Sie wiederholt die Akzessorietät angeführt, zuletzt bei Ihrer
Pressekonferenz am 10. Februar 2016. Akzessorietät bedeutet, dass
eine Bürgschaft mit dem Untergang der Hauptforderung erlischt. Ist
Ihnen und Ihren juristischen Beratern denn entgangen, dass sich diese
Rechtsposition nach Ergänzung des BaSAG um Artikel 95 Abs. 3 Ende
letzten Jahres nicht mehr aufrechterhalten lässt? (Durch diese
Ergänzung wurde festgeschrieben, dass ein von der Finanzmarktaufsicht
verfügter Schuldenschnitt keine Auswirkungen auf die Gültigkeit von
Bürgschaften hat.)
Sehr geehrte Frau Finanzlandesrätin Dr. Schaunig-Kandut, wir ersuchen
Sie höflich um Beantwortung dieser Fragen, auch im Sinne der
Transparenz gegenüber den Kärntnerinnen und Kärntnern sowie den
österreichischen Steuerzahlern und laden Sie abschließend nochmals
ein, der Initiative von Finanzminister Dr. Schelling zu folgen und
das Gespräch mit uns Gläubigern zu suchen sowie in Verhandlungen mit
uns einzutreten.
Mit freundlichen Grüßen
Urs Fähndrich
(Sprecher der „Gläubigerschutzgemeinschaft Teutonia“)
Zürich, am 07.03.2016
PS: Wir haben gehört, in Österreich gibt es ein Sprichwort: „Beim
Reden kommen die Leut´ z´samm.“
(Hinweis: Dieser Fragenkatalog wird auch direkt und persönlich an
Finanzlandesrätin Dr. Gabriele Schaunig-Kandut übermittelt sowie in
Kopie an Herrn Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser)
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