- 23.02.2016, 09:45:02
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Ausstellung „As Rights Go By“ im freiraum Q21 INTERNATIONAL/MQ

Wien (OTS) - Wie hängen Einschränkungen von Bürgerrechten und die
 Rechtlosigkeit von Flüchtlingen zusammen? Ökonomische Interessen
 sowie Rendite- und Sicherheitsversprechungen unterminieren zunehmend
 von der Verfassung garantierte Rechte – Rechte, die Flüchtlingen gar
 nicht erst zugestanden werden. Die Ausstellung „As Rights Go By –
 Über Rechtsverlust und Rechtlosigkeit“, kuratiert von Sabine Winkler,
 im freiraum Q21 INTERNATIONAL/MuseumsQuartier untersucht Aspekte
 rechtlicher, sozialer und emotionaler Veränderungen im Verhältnis von
 BürgerInnen, Politik, Ökonomie und Gewalt. Eröffnung ist am 14.
 April, 19h, ein Presserundgang findet am Mittwoch, 13. April, 10h
 statt.
Postdemokratische Entwicklungen haben sich im letzten Jahrzehnt
 beschleunigt: Unregulierte Finanzmärkte, die zunehmend politische
 Agenden dominieren, sowie unkontrollierte Massenüberwachung, die
 zukünftiges (Verkaufs-)verhalten vorhersagen und beeinflussen will,
 prägen unsere Realität. Im aktuellen hochexplosiven Szenario lohnt
 vor allem ein Blick auf die Ursachen und Folgen der mit zunehmender
 ökonomischer Ungleichheit verbundenen rechtlichen Ungleichheiten. Die
 behauptete Notwendigkeit, dass sich die Politik den Interessen des
 Marktes unterordnen müsse, führt zu einer Verschiebung von Rechten zu
 Gunsten von Investoren. Schulden und Handelsabkommen sind
 Instrumentarien mit denen Ungleichheit festgeschrieben und
 institutionalisiert wird. Die Radikalisierung und Globalisierung der
 Märkte wiederum führt zu einer Verschärfung sozialer und rechtlicher
 Ungleichheit zwischen reichen und armen Ländern, im Kampf um billige
 Rohstoffe und Arbeitskräfte. Neokolonialistische Vorgehensweisen, die
 mit ein Grund für die Migrationsbewegungen sind.
Die in der Ausstellung gezeigten künstlerischen Arbeiten untersuchen
 diese Folgewirkungen von Globalisierung, Finanzialisierung, und
 Massenüberwachung auf Bürgerrechte und Menschenrechte sowie damit
 verbundene soziale und rechtliche Ungleichheiten. Die Frage nach der
 Rechteverteilung stellt sich auch innerhalb des Systems der Kunst.
 Das Kunstsystem spiegelt die in der Gesellschaft zu beobachtenden
 sozialen und rechtlichen Ungleichheiten wider. Innerhalb ästhetischer
 Praxen spielt die Reflexion der eigenen Handlungsweise und
 Positionierung eine entscheidende Rolle, um rechtliche, soziale oder
 gesellschaftliche Asymmetrien in den Produktionsbedingungen sichtbar
 zu machen.
So untersuchen Lorenzo Pezzani und Charles Heller (Forensic
 Architecture) in ihrem Video „Liquid Traces – The Left-to-Die Boat
 Case“ ein Flüchtlingsbootunglück im Jahre 2011. Sie bedienen sich
 forensischer Methoden um den Verlauf des tragischen Ereignisses zu
 rekonstruieren und damit die Verantwortlichen zu ermitteln. Die
 beiden Künstler hinterfragen, inwieweit das durch
 Überwachungstechnologie erlangte Wissen bei unterlassener
 Hilfeleistung nicht ein Indiz dafür ist, dass Behörden gegen die
 Menschenrechtskonventionen verstoßen.
Nikita Kadan bezieht sich in seiner Arbeit „Procedure Room“ auf
 Folterpraxen der Ukrainischen Polizei. Seine Zeichnungen von
 Foltermethoden auf Porzellantellern im Stil des „Popular Medical
 Dictionary“ der Sowjet-Ära verweisen auf die ideologische Darstellung
 von Folter als Behandlungsmethode im Sinne eines „notwendigen
 Eingriffes“, um staatliche Gewalt zu legitimieren. Rechtsverlust wird
 als Notwendigkeit für das Gemeinwohl oder als Freiheitszugewinn
 deklariert.
Lina Theodorous installative Arbeit „The amazing board games club“
 lädt ein, griechische Krisenrealität fiktiv über Brettspiele
 nachzuvollziehen. Das Finanz-Brettspiel „Pawnshop – Days of Mistrust“
 ist als Persiflage des kapitalistischen Paradebrettspiels Monopoly
 konzipiert während das Brettspiel „Save the Pensioner“ Element einer
 fiktiven Pharmawerbekampagne ist, mit der die Bevölkerung darauf
 vorbereitet werden soll 20 Jahre länger zu arbeiten und dabei fit zu
 bleiben. Lina Theodorou verweist dabei auf die mit Schulden und
 Austeritätsprogrammen verbundenen sozialen und rechtlichen
 Konsequenzen, sowie auf die von Armut und Rechtsverlust
 profitierenden Unternehmen.
In James Bridles animiertem Video „Seamless Transitions“ geht es um
 das Sichtbarmachen von drei nicht zugänglichen Orten der
 Urteilsfindung, Inhaftierung und Abschiebung von Einwanderern in
 Großbritannien. Anhand von Planungsdokumenten und
 Augenzeugenberichten schafft das Video eine architektonische
 Visualisierung dieser physischen Räume, aber auch der komplexen
 rechtlichen und sozialen Regelwerke.
Carey Young zeigt in ihrer Arbeit „Obsidian Contract“ einen
 spiegelverkehrt geschriebenen Rechtstext, der durch die Reflexion in
 einem schwarzen Spiegel öffentlichen Raum und Rechtsräume im
 Ausstellungskontext imaginiert. In ihrem Video „Uncertain Contract“
 führt ein Schauspieler ein Skript auf, das aus rechtlichen Begriffen
 eines Handelsvertrages besteht. Bei der rechtlichen Aus- und
 Aufführung bleiben die spezifischen Vertragsbedingungen ausgespart,
 woraus sich ein „unsicherer“ Vertrag ergibt, dessen Bedeutung
 Interpretationssache bleibt und die Funktion von Verträgen in der
 Kunst reflektiert.
Yuri Pattison wiederum zeigt Aufnahmen des Hotelzimmers 1014 in Hong
 Kong, in dem Edward Snowden 2013 sein NSA-Enthüllungsinterview gab
 und kombiniert diese Bilder mit Aufnahmen von Hotelzimmerbewertungen
 und Videoaufnahmen von Hollywood-Drehorten. Die Arbeit reflektiert
 den schnellen Übergang von einem politischen Ereignis in den Bereich
 der Unterhaltung und verweist im konkreten Fall auf die Aushöhlung
 der x-fach von der NSA begangenen Rechtsbrüche durch das
 Hollywoodkino.
In seinem Film „Sequence Error“ bezieht sich George Drivas auf den
 Aphorismus von Karl Marx: „History repeats itself, first as tragedy,
 then as farce” und adaptiert Teile von Reden von Che Guevara (1963)
 und George Marshall (1947). Die Szenen spielen in einem
 zeitgenössischen Unternehmensumfeld, das – von einer plötzlich
 auftretenden Systemkrise betroffen – kollabiert. Das Unternehmen
 steht stellvertretend für das kapitalistische System, die Krise für
 die Ausnahme, die als Anlass benutzt wird um Rechte auszusetzen.
 Widerstand formiert sich.
KünstlerInnen:
Silvia Beck* (DE), James Bridle (GB), Petja Dimitrova (BG/AT), George
 Drivas (GR), Özlem Günyol*/Mustafa Kunt* (TR/DE), Nikita Kadan* (UA),
 Vladimir Miladinović* (RS), Yuri Pattison (IE), Lorenzo Pezzani und
 Charles Heller (IT, USA), Julien Prévieux (FR), Andrea Ressi (AT),
 Judith Siegmund* (DE), Lina Theodorou* (GR), Carey Young (GB)
*Artist-in-Residence des Q21/MQ
 Kuratorin: Sabine Winkler (AT)
„As Rights Go By“ wird in Kooperation mit dem Bundesministerium für
 Europa, Integration und Äußeres organisiert.
As Rights Go By
 Über Rechtsverlust und Rechtlosigkeit
Dauer: 15.04. bis 05.06., Di-So 13-16h & 16.30-20h, Eintritt frei
 Eröffnung: Do 14.04., 19h
 Presserundgang: Mi 13.04., 10h
 Ort: freiraum Q21 INTERNATIONAL/MuseumsQuartier Wien
 www.Q21.at
Direktor MuseumsQuartier Wien: Dr. Christian Strasser
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