• 09.12.2015, 22:21:27
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  • OTS0272 OTW0272

Asyl: Kostensätze für Grundversorgung werden angehoben

Nationalrat genehmigt Bund-Länder-Vereinbarung

Utl.: Nationalrat genehmigt Bund-Länder-Vereinbarung =

Wien (PK) - Der Nationalrat hat bereits im Zuge der Verankerung des
Durchgriffsrechts des Bundes bei der Schaffung von Asylquartieren
beschlossen, die Tagsätze für die Grundversorgung von AsylwerberInnen
in organisierten Unterkünften in zwei Schritten von 19 € auf 21 € zu
erhöhen. Auch andere ausgewählte Sätze sind nach Meinung der
Regierung zu niedrig, um eine kostendeckende Grundversorgung
schutzbedürftiger Fremder sicherzustellen. Sie hat sich daher mit den
Ländern auf eine Änderung der Grundversorgungsvereinbarung (GVV)
verständigt. In der heutigen Sitzung gab der Nationalrat gegen die
Stimmen der FPÖ und des Team Stronach grünes Licht für diesen Bund-
Länder-Vertrag. Die Opposition blitzte hingegen mit zwei Anträgen zum
Thema Asyl ab, die NEOS wollten etwa eine Neuausschreibung der
Flüchtlingsbetreuung in Traiskirchen und anderen Erstaufnahmestellen
des Bundes erreichen.

Neben der Erhöhung des Tagsatzes für Erwachsene in organisierten
Unterkünften sieht die Bund-Länder-Vereinbarung auch die Anhebung
anderer ausgewählter Grundversorungssätze vor, wobei der
Kostenhöchstsatz für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung
unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in kleinen Wohngruppen bis
zu 10 Personen am deutlichsten steigt. Rückwirkend ab August können
hierfür 95 € statt 77 € pro Tag geltend gemacht werden. Keine
Änderungen gibt es hingegen beim Taschengeld, dieses bleibt bei 40 €
monatlich.

FPÖ und Team Stronach kritisieren "Geschäftsmodell Asyl"

Kritisch zur vorliegenden Vereinbarung äußerten sich die FPÖ-
Abgeordneten Günther Kumpitsch und Gernot Darmann. Angesichts der
hohen Zahl von AsylwerberInnen wäre es vordringlich, Asylverfahren
rasch und effizient abzuwickeln, statt die Kostenhöchstsätze für die
Grundversorgung zu erhöhen, sagte Kumpitsch. Damit könnte man die
Kosten für den Asylbereich erheblich senken. Ihm zufolge haben
mittlerweile überdies viele Institutionen und Private das
"Geschäftsmodell Asyl" entdeckt und verdienten sich auf Kosten der
SteuerzahlerInnen "eine goldene Nase".

Bekräftigt wurde von Kumpitsch und Darmann auch die Forderung der
FPÖ, NGOs vollständig aus der Mitwirkung von Asylverfahren
auszuschließen und sowohl die Grundversorgung von Flüchtlingen als
auch die Rechtsberatung hoheitlich zu organisieren. Darmann hält
außerdem eine Obergrenze für Flüchtlinge für dringend erforderlich.
Es könne nicht sein, "dass AsylwerberInnen ohne Ende nach Österreich
kommen können". Kein Verständnis hat er überdies dafür, dass für eine
Erhöhung von Familienleistungen kein Geld da ist, für eine bessere
Versorgung von Flüchtlingen aber schon. Flüchtlinge müssten auch
konsequent abgeschoben und zurückgeführt werden, wenn ein
Asylverfahren negativ abgeschlossen ist, forderte Kumpitsch.

Auch Team-Stronach-Abgeordneter Christoph Hagen rief die
Verantwortlichen dazu auf, bei der Betreuung von AsylwerberInnen mehr
auf das Geld der SteuerzahlerInnen zu achten. Man solle nur das
Nötigste finanzieren, bekräftigte er und wandte sich ausdrücklich
gegen ein "Fünf-Sterne-All-Inclusive-Programm". Man müsse überdies
verhindern, dass "sich irgendwelche Organisationen die Taschen voll
stopfen".

Grüne und NEOS für bessere Versorgung minderjähriger Flüchtlinge

Die Grünen stimmten zwar für die Bund-Länder-Vereinbarung,
Abgeordneter Alev Korun geht der Beschluss aber nicht weit genug. Die
Kostensätze seien seit dem Jahr 2004 erst einmal angehoben worden und
würden auch nach der nunmehrigen Erhöhung nicht kostendeckend sein,
glaubt sie. Insbesondere hält sie es für notwendig, den Tagsatz für
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf das Niveau der
österreichischen Kinderhilfe von 120 € pro Tag anzuheben. Kinder und
Jugendliche hätten die gleichen Bedürfnisse nach Betreuung,
gleichgültig, woher sie kommen, argumentiert Korun. Ein
entsprechender Antrag der Grünen fand bei der Abstimmung jedoch keine
Mehrheit.

Auch die NEOS blitzten mit einem eigenen Antrag ab. Nikolaus Scherak
und seine FraktionskollegInnen wollten erreichen, dass die
Flüchtlingsbetreuung in Traiskirchen und den anderen
Erstaufnahmestellen des Bundes neu ausgeschrieben wird. Die SPÖ-
Abgeordneten Otto Pendl und Hannes Fazekas sprachen sich zwar dafür
aus, die Beauftragung privater Firmen mit der Betreuung von
Flüchtlingen generell zu überdenken und in Ruhe über diese Frage zu
diskutieren, akuten Handlungsbedarf sehen sie aber nicht.

Hinter die Forderung der NEOS stellte sich hingegen Alev Korun. Ihrer
Meinung nach wäre es angebracht, die Betreuung von Flüchtlingen
Organisationen zu übertragen, die nicht gewinnorientiert sind. Eine
Überprüfung der ORS AG und eine Offenlegung der Verträge hält auch
FPÖ-Abgeordneter Kumpitsch für erforderlich, den vorliegenden Antrag
lehnte er aber ab.

Zustimmend äußerte sich NEOS-Abgeordneter Scherak zur vorliegenden
Bund-Länder-Vereinbarung. Es sei höchste Zeit, dass es zu einer
Anhebung der Kostensätze komme. Wie Korun verwies auch Scherak vor
allem auf Defizite bei der Betreuung unbegleiteter minderjähriger
Flüchtlinge und verlangte eine weitere Erhöhung des Tagsatzes für
Kinder und Jugendliche auf 120 €.

SPÖ und ÖVP: Tariferhöhung ist berechtigt

Seitens der Koalition verteidigten unter anderem die Abgeordneten
Nikolaus Prinz (V), Nurten Ylmaz (S) und Rudolf Plessl (S) die
Erhöhung der Kostensätze. Die neuen Tarife seien in Ordnung und
berechtigt, bekräftigte Prinz. Ylmaz erinnerte daran, dass die Sätze
schon seit längerem nicht angehoben wurden.

ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon wies darauf hin, dass Österreich
bei der Dauer von Asylverfahren international vorbildlich sei, auch
wenn sich die durchschnittliche Verfahrensdauer mittlerweile von rund
drei Monaten auf sechs Monate verlängert habe. Kein Verständnis
zeigte er für die Kritik der FPÖ. Dieser könne man offenbar nichts
recht machen, klagte er und versicherte, für den Bund sei das
Asylwesen jedenfalls mit Sicherheit kein "Geschäftsmodell". SPÖ-
Abgeordneter Pendl hob die Notwendigkeit hervor, auch bei
Asylverfahren Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten.

Der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler stellte eine Verbindung
zwischen Grundversorgung und Pflegegeld her und meinte, auch beim
Pflegegeld würde man sich eine rückwirkende Erhöhung wünschen. Er hob
außerdem die Notwendigkeit hervor, klar zwischen Flüchtlingen gemäß
der UN-Flüchtlingskonvention und Wirtschaftsflüchtlingen zu
unterscheiden.

SPÖ-Kritik an Containerdorf für Flüchtlinge in Bruckneudorf

Kritik an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner übte der
burgenländische SPÖ-Abgeordnete und Bürgermeister von Inzenhof Jürgen
Schabhüttl. Er habe seinerzeit das Durchgriffsrecht des Bundes zur
Schaffung von Asylquartieren mitbeschlossen, weil er verhindern habe
wollen, dass Flüchtlinge in unbeheizten Zelten oder im Freien
schlafen müssten, betonte er. Bei der Umsetzung des Durchgriffsrechts
läuft seiner Ansicht nach aber einiges schief, etwa was die
Abstimmung mit den betroffenen Gemeinden betrifft. Schabhüttl stellte
sich in diesem Sinn "zu hundert Prozent" hinter den Bürgermeister von
Bruckneudorf und den burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl,
die Widerstand gegen die Errichtung eines Containerdorfs für
Flüchtlinge am Gelände des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf
angekündigt haben. Massenquartiere für Flüchtlinge würden Integration
nicht fördern, unterstrich Schabhüttl.

Straßenverkehr: Team Stronach will verendenden Tieren Qualen ersparen

Abgelehnt wurde vom Nationalrat schließlich ein Antrag des Team
Stronach, dem zufolge die Exekutive das ausdrückliche Recht erhalten
soll, Wildtieren und - mit Einverständnis des Besitzers - auch Haus-
und Nutztieren einen Gnadenschuss zu geben, wenn diese im
Straßenverkehr verletzt wurden und am Verenden sind. Nach Meinung der
Abgeordneten Michael Hammer (V) und Anton Heinzl (S) ist der
Sachverhalt im Tierschutzgesetz ausreichend geregelt. Es gebe in der
Praxis keine Probleme, versicherte Hammer. Generell wies Heinzl auf
die enorme Zahl von Verkehrsunfällen mit Wildschäden hin, die er
nicht zuletzt auf überhöhte Geschwindigkeit und die Missachtung von
Warntafeln zurückführt.

Dass es in der Praxis keine Probleme gibt, dem widersprach nicht nur
Abgeordnete Martina Schenk (T). Auch der fraktionslose Abgeordnete
Rupert Doppler sieht Handlungsbedarf. Es wäre sinnvoll, wenn
PolizistInnen Tiere von ihren Qualen erlösen dürften, unterstrich er.
Schenk nutzte die Debatte überdies dazu, sich vehement gegen eine
Verschärfung des Waffengesetzes auszusprechen.

Christian Lausch stellte namens der FPÖ die Ablehnung des Antrags in
Aussicht, obwohl dieser seiner Meinung nach in manchen Punkten
durchaus Berechtigung hat. (Fortsetzung Nationalrat) gs

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