Studie: Das grenzüberschreitende wirtschaftliche, kulturelle und politische Engagement von MigrantInnen ist wichtig, wird aber oft durch staatliche Politiken blockiert
Utl.: Studie: Das grenzüberschreitende wirtschaftliche, kulturelle
und politische Engagement von MigrantInnen ist wichtig, wird
aber oft durch staatliche Politiken blockiert =
Wien (OTS) - Gibt es einen Widerspruch zwischen dem Engagement von
MigrantInnen in ihrem Herkunftsland und erfolgreicher Integration in
Österreich? Eine neue Studie des International Centre for Migration
Policy Development (ICMPD) beleuchtet diverse transnationale
Tätigkeiten und zeigt, dass es keine Unvereinbarkeit mit Integration
gibt.
In der eben erschienenen Studie untersucht ein Forschungsteam am
ICMPD, wie MigrantInnen grenzüberschreitende Aktivitäten
organisieren. Ein wichtiges Ergebnis: MigrantInnen engagieren sich
oft in vielfältiger Weise in mehreren Gesellschaften gleichzeitig –
dabei müssen sie allerdings viele Barrieren überwinden, so Alexandra
König, eine der StudienautorInnen am ICMPD.
Kürzlich hat die wirtschaftliche Bedeutung von MigrantInnen für
Herkunftsländer, etwa durch Rücküberweisungen oder internationales
Unternehmertum, in der breiteren Öffentlichkeit verstärkt Anerkennung
gefunden. Andere Formen von Engagement, etwa ehrenamtliche
Tätigkeiten oder politischer Einsatz, wurden dagegen kaum
berücksichtigt.
„Denken und Handeln jenseits des Nationalstaates ist eines der
wesentlichen Charakteristika der Befragten“, sagt Alexandra König
über die InterviewpartnerInnen aus den Herkunftsländern
Bosnien-Herzegowina, Indien, Ukraine und Philippinen. „Sie engagieren
sich auf vielfältige Weise im politischen, sozialen, kulturellen und
wirtschaftlichen Leben, und zwar in mehreren Gesellschaften zugleich.
Meist profitiert also sowohl Österreich als auch das Herkunftsland.“
Während MigrantInnen in Sachen Integration oft Loyalitätskonflikte
unterstellt werden, werde das Potenzial grenzüberschreitender
Aktivitäten politisch vernachlässigt, so König. Die
InterviewpartnerInnen der Studie haben sich in Österreich etabliert
und schöpfen gleichzeitig Verbindungen zum Herkunftsland als
Ressource aus. Österreichische Politiken, etwa Visa- und
Aufenthaltspolitik, schwieriger Zugang zu StaatsbürgerInnenschaft,
langwierige Anerkennung von Qualifikationen, und mangelnde
Internationalisierung sozialer Rechte erschweren die Entwicklung
dieser Projekte.
Der Beitrag dieses Engagements sei aber nicht immer bloß in
ökonomischen Maßstäben zu verstehen, unterstreichen die AutorInnen.
Ein Beispiel dafür ist Miriam Bogdanovic (Name geändert), eine
Migrantin bosnisch-herzegowinischer Herkunft: Während ihrer
Studienzeit in Österreich führte sie ein regionales
Versöhnungsprojekt mit Jugendlichen in Bosnien-Herzegowina durch.
Ziel war es, junge Menschen zusammenzubringen, die aufgrund der
ethnischen Spaltung im Alltag wenig miteinander zu tun haben. In
Österreich engagiert sich Bogdanovic zudem für anti-rassistische
Initiativen und sensibilisiert darüber hinaus
MehrheitsösterreicherInnen mit ihrer eigenen Fluchtbiografie – alles
auf ehrenamtlicher Basis.
Menschen wie Miriam Bogdanovic stehen in ihrem grenzüberschreitenden
Engagement aber vor vielfältigen Herausforderungen. Es erfordert
Ressourcen – Zeit, Geld und Wissen – und muss oft neben Job und
Familienleben organisiert werden. Dazu kommen noch die erwähnten
hinderlichen Rahmenbedingungen, die diesen Initiativen auf
verschiedenste Weise zuwiderlaufen. „Die Interviews im Rahmen des
Projekts haben verdeutlicht, dass die Politik nun aktiv diese
Barrieren beseitigen sollte, um das große Potential transnationaler
Verbindungen zu stärken“, so König abschließend.
Link zur Studie: http://www.ots.at/redirect/studie9
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Die Studie
Das Forschungsprojekt ITHACA (Integration, Transnational Mobility and
Human, Social and Economic Capital Transfers) war als vergleichende
Studie angelegt. Engagement und die Mobilität von MigrantInnen wurden
in ausgewählten Zielländern (Italien, Österreich, Spanien Vereinigtes
Königreich) und Herkunftsländern (Bosnien und Herzegowina, Indien,
Marokko, Philippinen und Ukraine) untersucht. Über zwei Jahre wurden
insgesamt über 330 MigrantInnen befragt, die sich regelmäßig im
Herkunftsland und im Zielland aufhalten. Für den österreichischen
Teil des Projekts wurden ExpertInnen sowie über 80 MigrantInnen aus
Bosnien und Herzegowina, Indien, den Philippinen und der Ukraine
befragt.
Im Rahmen des Projekts entstand auch der Dokumentarfilm "Ten Hours
from Home", in dem MigrantInnen ihre Erfahrungen zu Mobilität und
Engagement mitteilen.
Film und alle Projektberichte:
http://globalgovernanceprogramme.eui.eu/ithaca/
ICMPD
Das Internationale Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD)
ist eine internationale Organisation mit Sitz in Wien. Das Zentrum
unterstützt Regierungen und Institutionen bei der Ausarbeitung
innovativer, umfassender und langfristiger Migrationsstrategien.
Weiters bietet ICMPD eine Plattform für Dialog und
Informationsaustausch. Neben seiner Vertretung in Brüssel hat es 7
Projektbüros in verschiedenen Ländern. Die Forschungsabteilung von
ICMPD spezialisiert sich auf politikbezogene Forschung und führt
regelmäßig Studien für verschiedene europäische Institutionen und
Ministerien durch.
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