
Wien (OTS) - Lange Zeit schien Spiritualität in der rein
naturwissenschaftlich orientierten Medizin keinen Platz zu haben.
Heute wird jedoch zunehmend ihre Bedeutung (wieder-)erkannt, nicht
zuletzt, weil Schulmedizin allein häufig zu kurz greift und
elementare Bedürfnisse des Menschen unerfüllt lässt. Auf einer
multidisziplinären Fortbildungsveranstaltung der GAMED – Wiener
Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin diskutierten ExpertInnen
mit rund 100 TeilnehmerInnen über den Stellenwert von Spiritualität
aus historischer und aktueller, aus westlicher und östlicher
Perspektive.
Die Liste der namhaften ReferentInnen reichte vom Physiker o.
Univ.-Prof. Dr. Herbert Pietschmann über den Moraltheologen und
Medizinethiker ao. Univ.-Prof. Dr. Dr. Matthias Beck und die
Religionswissenschaftlerin ao. Univ.-Prof. Dr. Birgit Heller bis
hin zur Philosophin und Journalistin Dr. Ursula Baatz. In seiner
Begrüßungsrede forderte ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Marktl,
Präsident der GAMED – Wiener Internationale Akademie für
Ganzheitsmedizin „kritische Offenheit für das Thema Spiritualität
sowie eine Annäherung im Geiste echter Wissenschaftlichkeit, um
Hindernisse und Gefahren, aber auch Chancen und Potentiale möglichst
unvoreingenommen wahrzunehmen und zu definieren“.
Spiritualität wirkt
In seinem Eröffnungsreferat „Warum wir Spiritualität in der
Wissenschaft und Medizin brauchen“ definierte Prof. Dr. Dr. phil.
Harald Walach, Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften
(IntraG), Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder, Spiritualität
als „Erfahrung des Bezogenseins auf eine das eigene Ich und seine
Ziele übersteigende Wirklichkeit, die sich im Gefühl, im Erkennen und
im Handeln zeigt“. Wie wichtig Religiosität bzw. Spiritualität selbst
unter Menschen mit naturwissenschaftlicher Ausbildung tatsächlich
ist, untermauert eine Umfrage unter rund 900 deutschen
Psychotherapeuten (1). Darin gaben zwei Drittel an, an eine höhere
Wirklichkeit zu glauben. Ein Drittel bezeichnete sich als spirituell,
jeder fünfte als religiös. Insgesamt hatten etwa zwei Drittel selbst
zumindest eine bedeutsame spirituelle/religiöse Erfahrung gemacht. In
einer weiteren Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass gelebte
Spiritualität objektivierbare positive Auswirkungen hat: Das
Behandlungsergebnis von Psychotherapeuten nach einer Stunde
Soto-Zen-Meditation – evaluiert mittels Symptomcheckliste bei
psychischen Störungen (SCL-90) und Veränderungsfragebogen des
Erlebens und Verhaltens (VEV) – war signifikant besser als jenes von
nicht meditierenden (2).
Offenheit ist angesagt
„Gerade bei Menschen in schweren Gesundheitskrisen, in palliativen
Situationen oder nach Schicksalsschlägen tauchen spirituelle Themen
auf. Dieses Phänomen sollte daher nicht ignoriert werden. Es ist
vielmehr die Pflicht der Wissenschaft, diesen Erfahrungsraum in ihren
Diskurs zu holen“, betonte Walach abschließend.
Quelle: Symposium „Spiritualität in der Medizin – Chance oder
Zumutung“, Fortbildungsveranstaltung der GAMED – Wiener
Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin, 13.-14. November 2015,
Wien.
Literatur:
(1) Hofmann L, Walach H. Psychotherapy Research 2011;21 (02),179–192.
(2) Grepmeier L et al., Psychother Psychosom 2007;76(6):332-338.
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