• 21.10.2015, 14:46:09
  • /
  • OTS0181 OTW0181

OTSconnect-Diskussion zu ethischen Maßstäben in der (Bild)berichterstattung

PR-Experten und Journalisten: „Menschenwürde steht im Vordergrund - Der Zweck heiligt nicht alle Mittel“

http://www.apa-fotoservice.at/galerie/7235/
OTSconnect: Branchentalk zum Thema: „Das Geschäft mit dem
Schockeffekt – Heiligt der Zweck die Mittel?“ am Mittwoch, 21.
Oktober 2015, im RadioKulturhaus.
Wien (OTS) - 

Provokation und Emotionalisierung sind im Wettbewerb um Aufmerksamkeit, Quoten oder Spendengelder starke Trümpfe. Wo die Grenze zwischen dem Ge- und Missbrauch schockierender und verstörender Motive liegt und welche Filter in Redaktions- und Kommunikationsbüros zwischen Ereignisse und deren Darstellung gelegt werden, darüber diskutierten heute, Mittwochvormittag, Medien- und PR-Profis bei der Herbstauflage von OTSconnect, der Diskussionsreihe zu Themen und Trends in Journalismus und Kommunikation.

Für Andrea Winter, Leiterin Marketing und Kommunikation des Roten Kreuzes, gilt: "Wir brauchen keine Schockbilder. Natürlich geht es darum, die Motivation des Helfens hervorzuheben. Aber der Schock ist für uns als Rotes Kreuz nicht das Mittel zum Zweck. Als werteorientierte Organisation stellen wir die Menschenwürde in den Mittelpunkt, das spiegelt sich auch in der Bildsprache und Kommunikation wider.“

Die Wirkung schockierender Bilder stehe jedoch außer Frage, etwa das "Krone"-Bild der 71 toten Flüchtlinge in einem Lkw auf der A4 oder das Foto des toten Buben an einem türkischen Strand. "Es hat etwas mit Europa getan, dass diese Fotos publiziert wurden. Wir sind davor mit dem Thema Flüchtlinge als Rotes Kreuz nicht so durchgedrungen", sagte Winter.

Andreas Koller, Präsident des Presseclubs Concordia und Sprecher eines der Senate des Presserats, betonte, dass auch der Bub am Strand eine Menschenwürde habe. Selbst wenn der Vater seine Zustimmung zur Veröffentlichung gegeben habe, müssten letztlich Journalisten die ethische Entscheidung treffen, ob das Motiv publiziert wird. Zum Gegenbeispiel des nackten, Napalm-verbrannten Mädchens aus dem Vietnam-Krieg, das in den USA den Widerstand gegen den Vietnam-Krieg erst anfachte, meinte Koller: "Auch dieses Bild würde heute vor dem Presserat landen. Ich bin der Meinung, man kann keine nackten Kinder zeigen, auch nicht für den guten Zweck."

Der Blogger und Journalist Andreas Unterberger sah in der Aufregung um das "Krone"-Foto der toten Flüchtlinge auf der A4 eher "Konkurrenzneid" denn ehrliche ethische Empörung. "Viel mehr Probleme" hätte er mit Fotos und Aufnahmen von Strafprozessen aus Gerichtssälen. "Das ist ein unglaublich harter Pranger." Unterberger konstatierte einen generellen Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust der klassischen Medien.

Koller sieht „keine generelle Verschlechterung von ethischen Standards, sondern eher eine gewisse Boulevardisierung. Es gibt Ehrenkodizes der österreichischen Presse, würde man sich daran halten, müssten wir nicht darüber diskutieren“. Explizit spricht er sich gegen weitere staatliche Eingriffe aus und plädiert für die Selbstreinigungskräfte und -kontrolleinrichtungen der Branche. Diese seien u.a. durch den Presserat, Redaktionskonferenzen, Ethikkodizes udgl. gegeben. Letztlich habe aber auch der einzelne Journalist die Verantwortung, ein Bild zu bringen oder nicht.

 

Auch die Frage, wie sich jenseits von Leichenbergen das Interesse der Zielgruppe wecken lässt, beantworten die Experten. Unterberger spricht sich dabei für mehr „Positives in den Medien“ aus: „Vollständige Information ist wichtiger als die gute Absicht.“ Beim Roten Kreuz versuche man immer, auch die Lösung, z.B. das Hilfsteam, mit ins Bild zu bringen, betont Winter. Koller schlägt indes vor, „heikle Bilder künstlerisch zu verfremden, denn die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Fotos zur Veranstaltung sind unter http://www.apa-fotoservice.at/galerie/7235/ abrufbar. 

Die gesamte Diskussion als Audiofile

Rückfragen & Kontakt

APA - Austria Presse Agentur

Barbara Rauchwarter
Unternehmenssprecherin, Leiterin Marketing & Kommunikation
Tel.: +43 (0)1 360 60-5700
barbara.rauchwarter@apa.at

Petra Haller
Stv. Leiterin Marketing & Kommunikation
Tel.: +43 (0)1 360 60-5710
petra.haller@apa.at

www.apa.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | KRO

Bei Facebook teilen
Bei X teilen
Bei LinkedIn teilen
Bei Xing teilen
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel