• 15.10.2015, 21:02:20
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Nationalrat billigt Fortsetzung des Gratis-Kindergartenjahres

Familienministerin Karmasin stellt zweites verpflichtendes Kindergartenjahr ab 2018 in Aussicht

Utl.: Familienministerin Karmasin stellt zweites verpflichtendes
Kindergartenjahr ab 2018 in Aussicht =

Wien (PK) - Der Gratis-Kindergarten ein Jahr vor Schulantritt wird
weiter vom Bund mitfinanziert, das beschloss heute der Nationalrat
mehrheitlich. Die Verlängerung der Kostenbeteiligung des Bundes mit
jährlich 70 Mio. € für die nächsten drei Jahre ist Teil der neuen
Vereinbarung mit den Ländern. Ein verpflichtendes zweites
Kindergartenjahr soll es zwar vorerst nicht geben, allerdings will
die Regierung das Angebot ermäßigter Plätze für Vierjährige
ausgeweitet sehen. In Beratungsgesprächen sollen PädagogInnen die
Eltern von den Vorteilen einer institutionellen Kinderbetreuung
beginnend schon zwei Jahre vor der Schulreife überzeugen.

Familienministerin Sophie Karmasin betonte, die Regierung rücke nicht
grundsätzlich vom Vorsatz ab, auch das zweite Kindergartenjahr
verpflichtend zu machen, sondern wolle dies 2018 umsetzen. Eine
Arbeitsgruppe befasse sich bereits damit. Grüne und NEOS stimmten der
neuen Bund-Länder-Vereinbarung zwar gemeinsam mit den
Regierungsfraktionen zu, um die bestehenden Regelungen aufrecht zu
erhalten. Deutlich plädierten aber beide Oppositionsparteien für eine
qualitative und quantitative Ausweitung der heimischen
Elementarpädagogik und fanden darin Zustimmung bei der SPÖ.
Wahlfreiheit der Eltern über die Form der Kinderbetreuung ist aus
Sicht der FPÖ entscheidend, die ebenso wie das Team Stronach gegen
den Regierungsvorschlag zur Bund-Länder-Vereinbarung stimmte.

Mit ihren eigenen Anregungen zur Familienpolitik hatten die
Freiheitlichen heute keinen Erfolg im Plenum. Die FPÖ-Anträge gegen
Leistungskürzung aufgrund von Ferialarbeit und Ausgleichszulage
wurden mehrheitlich abgelehnt.

Ausweitung des Kindergartenbesuchs auf freiwilliger Basis

Insgesamt 210 Mio. € gibt der Finanzminister in den
Kindergartenjahren 2015/16, 2016/17 und 2017/18 frei, um die
Weiterführung des obligatorischen Kindergartenbesuchs ein Jahr vor
Schulantritt von Bundesseite mitzufinanzieren. Außerdem sollen damit
mehr vergünstigte oder unentgeltliche Kinderbildungsangebote für die
Altersgruppe der 4-Jährigen geschaffen werden. Bundeszuschüsse, die
nicht zum Ersatz von Elternbeiträgen benötigt werden, könnten für
Maßnahmen der Qualitätssicherung wie verkleinerte Gruppengrößen
genutzt werden, geht aus dem Regierungsvorschlag für die neue 15a-
Vereinbarung hervor.

Für Familienministerin Karmasin ist Österreich auf einem guten Weg,
zum familienfreundlichsten Land Europas zu werden. Dass der Kurs
stimme, zeige neben der Erhöhung der Familienbeihilfe und dem Ausbau
der Kindergärten eben auch die Verlängerung des Gratis-
Kindergartenjahres um drei Jahre. Zur Hebung der Betreuungsquote bei
Unter-Fünf-Jährigen meinte sie, die verpflichtende Gespräche mit
Sachpädagogen, wie in der Vereinbarung vorgesehen, stellten hier
einen wichtigen ersten Schritt dar; mit der Universität Wien werde
bereits intensiv an einem bundesweiten Leitfaden dafür gearbeitet.
"Mit Empfehlung und Überzeugung ist mehr zu bewirken als durch
Verpflichtung", unterstrich die Ministerin. Überdies habe man eine
Kostenermäßigung beim Kindergartenbesuch für Vierjährige in allen
Bundesländern erwirkt und eine Arbeitsgruppe befasse sich schon
damit, wie ab 2018 ein verpflichtender Gratiskindergarten für
Vierjährige umgesetzt werden kann.

ÖVP-Abgeordneter Georg Strasser lobte die Regierungsinitiativen in
der Familienpolitik anhand mehrerer Beispiele wie sprachlicher
Frühförderung und brach in diesem Zusammenhang eine Lanze für die
verpflichtenden Elterngespräche, die zur Anhebung der Betreuungsquote
bei den Vierjährigen führen sollen: "In Zusammenarbeit mit den
PädagogInnen wird hier in einem sensiblen Bereich hervorragende
Arbeit geleistet". Der Obmann des Familienausschusses liest daraus
ein gutes Zusammenspiel von Kindergärten, Familien und Gemeinden ab.
Sein Parteikollege Norbert Sieber bekräftigte, der Bund dürfe in
Fragen der Elementarpädagogik Länder und Gemeinden als kostentragende
Gebietskörperschaften nicht einfach bevormunden. Lobend beschriebt er
die Situation in Vorarlberg, wo die institutionelle Kinderbetreuung
sich zu allererst nach den Bedürfnissen der Eltern richte.

Seitens der Opposition hagelte es jedoch Kritik an der neu
ausverhandelten Vereinbarung mit den Bundesländern. Die
Entscheidungsfreiheit der Eltern in Sachen Kinderbetreuung sehen
Anneliese Kitzmüller (F) und Leopold Steinbichler (T) durch das
verpflichtende Kindergartenjahr untergraben und wie ihre
Parteikollegin Carmen Schimanek monierte die FPÖ-Familiensprecherin,
dass der Entwurf der Vereinbarung ohne vorangegangenes
Begutachtungsverfahren im Parlament behandelt worden sei. Eine
mögliche Bestrafung von Eltern, die einem Gespräch über die Vorteile
eines Kindergartenbesuchs für ihr Kind nicht Folge leisten wollen,
wies Kitzmüller entschieden zurück. Schimanek beklagte überdies,
immer noch gebe es in Österreich keine Interessensvertretung der
KindergartenpädagogInnen und sie rügte die derzeitige
Kompetenzzersplitterung im Kindergartenwesen, die einheitliche
Qualitätsstandards verhindere. Zu den Geburtenzahlen spannte
Steinbichler den Bogen weiter und verdeutlichte, die Ursache für
deren Rückgang liege auch in der sinkenden Kaufkraft der Bevölkerung,
für die ein Grund die fehlende Inflationsabgeltung bei der
Familienbeihilfe sei.

Als "Beibehaltung des Status Quo" titulierte Harald Walser (G) die
angepeilte Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, fehle darin doch
erneut das im Regierungsprogramm angekündigte verpflichtende zweite
Kindergartenjahr. Obwohl sich bereits 95% der Vierjährigen im
Kindergarten befänden, müsse man bei dieser Altersgruppe verstärkt
auf elementarpädagogische Bildung setzen, denn jene 5% außerhalb der
sozialen Bildung im Kindergarten würden großteils schulische
Schwierigkeiten haben, zeigte der Grünen-Bildungssprecher auf.
Solange der Kindergartenbesuch nicht auf freiwilliger Basis möglich
sei, sollte zumindest eine Verpflichtung von 12 Wochenstunden
bestehen. Viel Diskussionsbedarf ortet im Bereich Elementarpädagogik
auch Judith Schwentner (G), die trotz aller Kritik die Zustimmung
ihrer Fraktion mit dem Festhalten am bestehenden
Gratiskindergartenjahr begründete. Auf einer Linie mit der
Industriellenvereinigung sieht sich NEOS-Klubobmann Matthias Strolz
mit seiner Forderung nach einem umfassenden Ausbau der
elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen als profundes Mittel,
schulischen Problemen vorzubeugen.

Für die SPÖ unterstrichen Angela Lueger und Katharina Kucharowits,
die mit den Ländern ausverhandelte Weiterführung des Gratis-
Kindergartenjahrs sei in ihren Augen nicht gänzlich
zufriedenstellend. Kritikpunkte der Sozialdemokratinnen sind, dass
ohne zusätzlicher Finanzmittel eine Ausweitung der Betreuungsangebote
angestrebt werde und der kostenlose Kindergarten nur
Vormittagsstunden umfasse. Schon um die Chancengleichheit von Kindern
mit unterschiedlichem sozialökonomischen Hintergrund zu fördern, sei
ein weiterer Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen inklusive
verpflichtendem zweiten Jahr mit bundesweitem Rahmengesetz dringend
nötig. Für das zweite Gratis-Kindergartenjahr sei Sorge zu tragen,
bestätige Wolfgang Knes (S), räumte aber ein, viele Gemeinden hätten
derzeit nicht die Ressourcen dafür.

Keine Zustimmung zu FPÖ-Anträgen gegen mögliche Kürzungen bei
Familienbeihilfe

Mit zwei Anträgen stellte sich die FPÖ-Familiensprecherin Anneliese
Kitzmüller gegen mögliche Reduktionen bei der Familienbeihilfe, fand
jedoch auch im Plenum nicht die nötige Unterstützung, nachdem bereits
der Familienausschuss dagegen votiert hatte. Zum einen verlangte
Kitzmüller, Studierenden dürfe die Familienbeihilfe nicht mehr
gekürzt werden, falls sie durch Ferialarbeit die jährliche
Verdienstobergrenze von 10.000 € überschreiten (1278/A(E)). Zum
anderen orten die Freiheitlichen in einigen Fällen eine nicht
nachvollziehbare Leistungsminderung der Waisenrente bei behinderten
BezieherInnen. Einigen dieser Personen werde bei Bezug einer
Ausgleichszulage ab dem Zeitpunkt der Volljährigkeit ein Teil der
ihnen zustehenden Familienbeihilfe aberkannt (1305/A(E)), so
Kitzmüllers Vorwurf.

In der Debatte begründete sie ihre Forderung einer vollständigen
Auszahlung der Familienbeihilfe an Studierende unabhängig von deren
Einkommen, damit, dass eine Leistungskürzung der falsche Ansatz sei,
Studierende zu beruflicher Tätigkeit zu motivieren. "Fleiß muss sich
lohnen" zog Leopold Steinbichler (T) nach und regte an, die Beihilfen
auch bei Lehrlingen ohne Abstriche auszuzahlen. Da das Studieren von
Kindern eine finanzielle Belastung für Eltern darstelle, wie der
fraktionslose Abgeordnete Gerhard Schmid sagte, bedürfe es einer
Abkehr von der derzeitigen Regelung. Judith Schwentner (G) warnte
beim FPÖ-Ansatz zwar vor bürokratischen Hürden in der Umsetzung,
konnte sich aber eine generelle Anhebung der Zuverdienstgrenzen für
Studierende vorstellen.

Als Untermauerung ihres zweiten Antrags wies Kitzmüller auf ein
Schreiben des Seniorenrats hin, der in der Leistungskürzung bei der
Familienbeihilfe infolge der Ausgleichszulage ebenfalls auf großen
materiellen Schäden bei betroffenen Personen aufmerksam mache.
Schwentner verlangte bezugnehmend auf einen konkreten Fall eine
rasche rechtliche Klarstellung.

Tatsächlich bestünden die von den Freiheitlichen aufgezeigten
Probleme de facto nicht mehr, begründeten Claudia Durchschlag (V) und
Hermann Lipitsch (S) die Ablehnung der Anträge. Bei den
Waisenpensionen werde die Ausgleichzulagen nicht länger zu den
Einkünften gezählt, was man in entsprechenden Fortbildungen allen
Finanzämtern vermitteln wolle. Und mittels einer Einschleifregelung
werde von StudentInnen nicht mehr die gesamte Familienbeihilfe
zurückgefordert, sobald die Zuverdienstgrenze überschritten wird,
sondern nur der Betrag, der über die Grenze von 10.000 € hinausgeht.

Der Definition von Familie widmete sich schließlich Marcus Franz (V)
und legte dabei das Hauptaugenmerkt auf Familien mit Kindern. Diese
"klassische Familie" verdiene als Grundstein der Gesellschaft die
meiste Unterstützung der Politik.

Im Anschluss an die Sitzung fand eine weitere (99.) Sitzung des
Nationalrats statt, in der die in der Geschäftsordnung vorgesehenen
Mitteilungen und Zuweisungen erfolgten. (Schluss Nationalrat) rei

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