- 07.10.2015, 10:21:37
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"Zufriedenheit mit dem Arzt ist keine Zufriedenheit mit dem System"
Ja zum "PHC-Gesetz": Neue Versorgungsform braucht klare Spielregeln
Utl.: Ja zum "PHC-Gesetz": Neue Versorgungsform braucht klare
Spielregeln =
Wien (OTS) - Die österreichische Ärztekammer sollte schleunigst ihre
zur Schau gestellte "Bergdoktor-Romantik" in Sachen Gesundheitsreform
aufgeben, in dem ein bestehendes Hausarztsystem breit per Inserat
glorifiziert wird, fordert Dr. Gerald Bachinger, Sprecher der
österreichischen Patientenanwälte.
Denn Patienten und Patientinnen erleben Tag für Tag vor Ort vor allem
eine gänzlich andere Realität: Geschlossene Ordinationen,
Massenabfertigung, elend lange Wartezeiten oder immer noch eine
Zettelwirtschaft, weil sich die Funktionäre der Ärztekammern
standhaft weigern, moderne, für jedermann selbstverständliche
Kommunikationstechniken - außer gegen extra Honorierung - rasch
einzusetzen. Und von dem heute mehr denn je erforderlichen
Gesundheitsmanagement für den Bürger kann überhaupt keine Rede sein.
"Ich betrachte es daher als eine totale Realitätsverweigerung seitens
der Funktionäre der Ärztekammern, die Zufriedenheit der Bevölkerung
mit dem eigenen Hausarzt als eine Zufriedenheit mit dem bestehenden
Hausarztsystem zu interpretieren. Eher ist es so, dass die
Zufriedenheit der Bevölkerung daher rührt, dass keiner weiß, was eine
moderne, vernetzte medizinische Betreuung im niedergelassenen Bereich
für die Gesundheit und die langfristige Sicherung der Lebensqualität
des Einzelnen leisten könnte - von den Öffnungszeiten bis hin zur
Gesundheitsvorsorge. Hier wird der Patient mit Umfragen lediglich in
Geiselhaft genommen, um gegen eine Weiterentwicklung der
Versorgungsformen im niedergelassenen Bereich zu agitieren und damit
ein zentrales Vorhaben der Gesundheitsreform zu torpedieren", so
Bachinger weiter.
Das österreichische Hausarztsystem hat seine Meriten und keiner denkt
an eine Abschaffung. Denn mit dem Hausarztsystem ist eine gute Basis
für die notwendige Ergänzung und Weiterentwicklung vorhanden. "Wir
haben eine Bevölkerung, die es gewöhnt ist bei gesundheitlichen
Problemen ihren Arzt aufzusuchen. Allerdings der Umstand, dass die
Österreicher im Schnitt 21 Jahre ihres Lebens in Krankheit
verbringen, ist alles andere als ein Hinweis darauf, dass das
bestehende medizinische Betreuungssystem im niedergelassenen Bereich
leistungs- und zukunftsfähig wäre. Vielmehr ist dieser negative
europäische Spitzenwert eine Herausforderung, das medizinische
Angebot im niedergelassenen Bereich gründlich zu erneuern. Mit der
neuen, im Rahmen der Gesundheitsreform beschlossenen Primärversorgung
mit vielen medizinischen Angeboten unter einem Dach oder in einem
Netzwerk, kann diese gemeistert werden, betont Bachinger. Und
Umfragen - selbst von der Ärztekammer - bestätigen, dass die
Bevölkerung mit massiver Mehrheit die Schaffung dieser neuen
Einrichtungen begrüßt.
Verständlich ist auch, dass die neue Primärversorgung klare
Spielregeln benötigt. Dies betrifft das interne Verhältnis zwischen
den einzelnen vernetzten medizinischen Berufen oder Regelungen der
externen Beziehungen, etwa zur Sozialversicherung. Frau BM Dr. Sabine
Oberhauser hat dafür einen Vorschlag vorgelegt. Dieser ist zu
diskutieren, abzulehnen ist aber jeder Versuch der Ärztekammern unter
Missbrauch der Nähe zum Patienten, damit die Pläne für eine neue
Primärversorgung zu torpedieren, so der Sprecher der österreichischen
Patientenanwälte. Bachinger weist abschließend darauf hin, dass die
Letztentscheidung über ein PHC-Gesetz beim Gesetzgeber und
keinesfalls bei den Ärzten liege. Denn es sei nicht einzusehen, dass
die Ärzte als einzige Berufsgruppe in Österreich alle
Rahmenbedingungen für ihre Tätigkeit selbst festlegten.
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