- 02.09.2015, 09:13:46
- /
- OTS0030 OTW0030
Stellungnahme der IVS Wien zur geplanten Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes
Wien (OTS) - Am 04. September endet die Begutachtungsfrist zur
geplanten Novelle zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. Der
vorgelegte Entwurf berücksichtigt zurzeit fast ausschließlich
Krankenhäuser und großen Pflegeheime. Damit wird wider besseres
Wissen die Lebensrealität von vielen tausenden Menschen mit
Behinderung in Österreich ignoriert, die in ihren eigenen Wohnungen,
in der Familie oder in kleinen integrativen Wohneinheiten
unterstützt, betreut und gepflegt werden. Der seit Jahren kritisierte
rechtliche Graubereich, indem sich tausende gut qualifizierte
professionelle BetreuerInnen und Pflegefachkräfte bewegen müssen,
wird damit prolongiert, obwohl einfach umsetzbare Lösungsvorschläge
auf dem Tisch liegen.
Robert Mittermair, Sprecher der IVS Wien, zeigt sich entsetzt
darüber, dass auch in dieser Novelle die seit Jahren geforderte
Rechtssicherheit im Zusammenhang mit pflegerischen Leistungen für
Menschen mit Behinderungen (aber auch für pflegebedürftige ältere
Menschen), die in eigenen Wohnungen und kleinen integrativen
Wohneinheiten leben, nicht verwirklicht wird. "Die Entwicklung der
Gesetzgebung hinkt hier der gesellschaftlichen Entwicklung um
Jahrzehnte hinterher", so Mittermair. "Es gibt eine im Bereich der
Behindertenhilfe seit Jahren erprobte Praxis der Pflegeanleitung,
Pflegeunterweisung und Qualitätssicherung, mit der sichergestellt
wird, dass Menschen mit Behinderungen nach ihren individuellen
Vorstellungen in kleinen Wohneinheiten leben können. Sie erhalten
dabei im Bereich der Pflege die notwendige Unterstützung von jenen
Betreuungspersonen, die ihnen aus anderen Bereichen des täglichen
Lebens vertraut sind. Was fehlt ist eine rechtliche Absicherung indem
zum Beispiel erweiterte Delegationsrechte in die GUKG Novelle
Aufnahme finden. Ein hochrangiges ExpertInnengremium hat dazu im
Auftrag von Caritas, Diakonie, Lebenshilfe, Habit, Jugend am Werk und
Sozialwirtschaft Österreich einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt
und dem Ministerium übermittelt.
Auch im Bereich der Betreuung und Pflege von älteren Menschen geht
die gesellschaftliche Entwicklung immer mehr in Richtung Betreuung zu
Hause bzw. in kleinen integrativen Wohneinheiten. So hat die Stadt
Wien in ihrem Strategiekonzept "Pflege und Betreuung in Wien 2030"
klar festgelegt, dass in Zukunft keine neuen großen Pflegeheime mehr
gebaut werden, sondern die Betreuung zu Hause bzw. in solchen kleinen
Wohneinheiten erfolgen soll. In der Betreuung von Menschen mit
Behinderung ist dieses Konzept in Wien seit Jahren Realität und wird
laufend weiter entwickelt. Im Mittelpunkt stehen dabei die
individuellen Bedürfnisse und Lebensentwürfe der betroffenen
Menschen, die von ihren BetreuerInnen im Alltag umfassend und
ganzheitlich unterstützt werden. Der Pflegeprozess ist dabei ein
wichtiger Begleitprozess, der professionell organisiert ist und von
qualifizierten Fachkräften überwacht und begleitet wird.
Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz zielt mit dem vorliegenden
Novellenentwurf leider weiterhin auf stationäre Großeinrichtungen, so
als würden alle Menschen, die auf pflegerische Unterstützung
angewiesen sind, in Großeinrichtungen leben bzw. als wäre diese eine
erstrebenswerte Perspektive. "Es ist höchste Zeit, das Gesetz der
gelebten Realität anzupassen und vorliegenden Vorschläge dazu von
Seiten des Gesetzgebers endlich aufzugreifen!", so Robert Mittermair.
Nähere Informationen zur IVS Wien finden Sie unter www.ivs-wien.at.
IVS Wien - Daten und Fakten
Die im Mai 2011 gegründete "Interessensvertretung sozialer
Dienstleistungsunternehmen für Menschen mit Behinderung" (IVS Wien)
gestaltet und entwickelt verbesserte Rahmenbedingungen für die
Betreuung von Menschen mit Behinderung. Die IVS formiert sich aus 17
Wiener Sozialeinrichtungen, die im Auftrag der Stadt Wien,
Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung erbringen. Das Ziel des
Vereins ist, aktiv die zukünftige Entwicklung der politischen und
gesetzlichen Parameter in Wien mitzubestimmen und die UN-Konvention
über die Rechte von Menschen mit Behinderung umzusetzen. Die IVS Wien
leistet einen wichtigen Beitrag, damit Betroffene als BürgerInnen an
der Gesellschaft teilhaben können und schafft somit mehr
Lebensqualität. Der Verein zeichnet sich durch gebündeltes
Fachwissen, hohen Qualitätsanspruch, politische Unabhängigkeit und
Offenheit aus.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF