- 26.06.2015, 09:33:17
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Diskussionen zur Zukunft der Seeklause Steeg am Hallstätter See
Ergebnisse der Informationsveranstaltung am 25.6.2015 in Bad Goisern zum technischen Denkmal im UNESCO-Welterbe und Möglichkeiten für die Zukunft
Utl.: Ergebnisse der Informationsveranstaltung am 25.6.2015 in Bad
Goisern zum technischen Denkmal im UNESCO-Welterbe und
Möglichkeiten für die Zukunft =
Bad Goisern/Wien (OTS) - Am Vorabend des Welterbefestes 2015 in
Hallstatt organisierte TICCIH Austria am Donnerstag, den 25. Juni
2015, im HAND.WERK.HAUS in Bad Goisern eine Informationsveranstaltung
zu dem technischen Denkmal "Seeklause Steeg am Hallstätter See".
Während das ‚unserem See’ gewidmete diesjährige Welterbefest in
Hallstatt den Fokus auf die Schifffahrt am See setzt, widmete sich
die Veranstaltung im voll besetzten Saal des HAND.WERK.HAUS der
bautechnischen Grundlage der Wasserhaltung des Hallstätter Sees, der
mehr als 500 Jahre in Betrieb stehenden, aber optisch unscheinbaren
Seeklause.
Im Mittelpunkt stand zunächst die Geschichte der Seeklause, aber
insbesondere die Bedeutung dieses Bauwerks für die Region und im
internationalen Kontext des UNESCO-Welterbes. Unter der offen
gestellten Frage als Titel der Veranstaltung "Wird die Seeklause in
Steeg am Hallstätter See abgerissen?" informierten und diskutierten
Experten mit BürgerInnen über die historische Bedeutung und den
angemessenen Umgang mit dem Bauwerk.
Dr. Günter Dinhobl von TICCIH Austria, dem österreichischer
Denkmalrat für das kulturelle Erbe von Industrie und Technik,
moderierte und leitete in das Thema mittels Grundgedanken der
Vereinbarkeit von historischen technischen Bauwerken und deren
heutige Betriebsführung ein. Ebenfalls stellte Dinhobl den neuen
TICCCIH Austria-Folder zur Seeklause vor, in dem die Geschichte und
Bedeutung dieses Bauwerkes kurz gefasst nachgezeichnet wird. Dinhobl
berichtete von seiner weltweiten Umfrage bei TICCIH international und
dem Zwischenergebnis, dass es weltweit kein Bauwerk gäbe, welches
eine ähnliche Geschichte aufweist - die denkmalgeschützten
Wehranlagen in anderen Staaten seien ‚nur‘ erst seit etwa 150 bis 200
Jahre in Betrieb.
Dr. Peter Strasser vom Departement für Bauen und Umwelt an der Donau
Universität Krems, erläuterte die Stellung und Bedeutung des
Bauwerkes in der Kulturlandschaft des UNESCO-Welterbes
Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut. Dabei betonte er das Bauwerk als
integraler Bestandteil des gesamten, vom Menschen und menschlicher
Tätigkeit geprägten Landschaftsbildes.
Minsterialrat Mag. DI Dr. Bruno Maldoner vom Bundeskanzleramt
berichtete über die UNESCO-Deklaration von Nara und die darin
festgehaltene Gedanken zu Authentizität: Authentizität - die Echtheit
- eines historischen Bauwerkes beinhaltet demgemäß nicht nur Form,
Gestaltung und Material, sondern auch Verwendung und Funktion, ebenso
wie Traditionen und Techniken oder Ort und Umfeld, Geist und
Empfindung oder andere in der regionalen Kultur verankerte interne
oder externe Faktoren. Dr. Maldoner ergänzte, dass der Ort der
Veranstaltung, das HAND.WERK.HAUS, hervorragend für die Diskussionen
um dieses Thema geeignet ist.
Der Monitoring-Beauftragte von ICOMOS Österreich, Dr. Hans-Jörg
Kaiser, berichtete von der gegenwärtigen Prüfung von mehreren
Varianten in einer Machbarkeitsstudie: Die Varianten reichen von
komplettem Neubau über teilweisen Neubau und Erhalt eines Teils der
Seeklause bis hin zu der Variante eines Entlastungsbauwerkes bei
Erhalt der kompletten Seeklause.
Ein internationaler Vergleich zeige, dass diese letzte Variante
beispielsweise in Thun in der Schweiz schon mehrere Jahre erfolgreich
im Einsatz ist und gewissermaßen ‚doppelte Sicherheit’ gegenüber
Hochwasser bietet: Zur Erhaltung der historischen Schleusen in Thun
wurde ein unterirdischer, aus städtebaulichen Gründen mehr als 1
Kilometer langer Entlastungsstollen mit 5,4 Meter Durchmesser
errichtet. Damit kann auch bei tiefem Wasserstand des rund 50 km2
großen Thunersees eine Abflusskapazität bereit gestellt werden,
welche im Fall von einer sich abzeichnenden Hochwassergefahr von
essentieller Bedeutung für ein rasches Vorabsenken ist. Zusammen mit
einem Messstellen-Netz im knapp 2.500 km2 großen Einzugsgebiet
mitsamt hydraulischem Modell sowie einem entsprechenden
Betriebsreglement konnte nun "eine bessere Schutzwirkung als alle
anderen diskutierten Maßnahmen" erzielt werden. Kaiser merkte an,
dass bei Thun der Entscheidungsfindungsprozess mehr als fünf Jahre in
Anspruch nahm, bevor mit dem Bau begonnen werden konnte.
Die Diskussion umfassten Wortmeldungen zur besseren Sichtbarmachung
dieses einzigartigen Bauwerkes, aber auch die Aussage, dass es
während der Zeit der letzten Klausmeisterin aufgrund ihres großen
Engagements zu keinen Überschwemmungen gekommen sei. In erster Linie
drehten sich die Diskussionen um die Zukunft der Seeklause, welche
fachlich hochstehend und sachlich sehr ausgewogen blieben.
Insbesondere wurde von den Bürgern der Region die Frage gestellt und
diskutiert, warum die derzeitige Steuerung des im Jahr 2001
eingebauten 2001 automatisierten Klappenwehrs nur mittels
Seepegel-Messung erfolgt. Die Frage blieb mangels entsprechender
Fachexperten aus dem Wasserbaubereich offen. Mit dem Hinweis auf die
erfolgreich praktizierte Lösung am Thunersee mit Messstellen im
Einzugsgebiet und Prognose als kostengünstige und kurzfristig
umsetzbare Maßnahme fanden zahlreiche TeilnehmerInnen, dass
derartiges auch bei der Seeklause erprobt werden möge. Dies, so
merkte Dr. Dinhobl an, entspräche auch der Forderung von
Landeshauptmann Dr. Josef Püringer, welcher beim Hochwasserschutz
auch die Einbeziehung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes des
Jahres 2013 (Ischler Woche, 3.7.2013, S.10) einforderte.
Dinhobl unterstrich, dass ein UNESCO-Welterbe einen sensiblen Umgang
mit den überlieferten Bauten und unkonventionelle, aber praktikable
Lösungen erfordert. Aufbauend auf international vergleichbare
Erfahrungen wäre eine regional angepasste innovative und individuelle
Lösung auszuarbeiten, um die Sicherstellung des Betriebes, den
Hochwasserschutz UND den Erhalt der einzigartigen historischen
Seeklause zu ermöglichen. "Diese Veranstaltung möge ein Ausgangspunkt
sein, um Diskussionen für einen welterbeverträglichen Umgang mit der
Seeklause anzustoßen", so Dinhobl von TICCIH Austria. "Es liegt in
der Region, diese Chance der Seeklause zu nutzen, und es wird die
Welt sein, diese lokalen Anstrengungen im UNESCO-Welterbe
"Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut Kulturlandschaft" zu honorieren."
Den Abschluss der Informations- und Diskussionsveranstaltung bildeten
die Worte des Bürgermeisters von Bad Goisern, Herr Peter Ellmer.
Dinhobl entschuldigte die eingeladenen Bürgermeister der Region,
welche durch Gemeinderatssitzungen verhindert waren, und beendete die
Veranstaltung mit den schriftlichen Worten von Herrn Bürgermeister
Ellmer: "Im Sinne der Bürger sollte man rasch und möglichst
unbürokratisch, unter Einhaltung aller Maßnahmen zur Erhaltung der
Seeklause, handeln, um in Zukunft Hochwasserereignisse bestmöglich in
den Griff zu bekommen."
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