Nachhaltige Waldbewirtschaftung in Guatemala mit österreichischer Unterstützung
Bundesminister Rupprechter startet beispielhaftes Forstprojekt mit Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú Tum
Wien (OTS) - Die Berg- und Nebelwälder in Guatemala sind die wichtigste Lebensgrundlage für die indigene Bevölkerung in dem mittelamerikanischen Land. Mit österreichischer Hilfe sollen die Wälder rund um Laj Chimel, der Heimatgemeinde von Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú Tum, nachhaltig bewirtschaftet werden. Ziel ist es, die lebenswichtigen Funktionen des Walds zu erhalten. Das Projekt wurde heute, Donnerstag, von Rigoberta Menchú Tum und Bundesminister Andrä Rupprechter in Wien präsentiert. Durchgeführt wird das Projekt vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW).
Österreichisches Know-how über nachhaltige Waldwirtschaft wird international stark nachgefragt. Die heimischen Forstexperten sind in zahlreichen Ländern, unter anderem in Bhutan, Suriname, Singapur, Mali, Äthiopien und Georgien in verschiedenen Projekten tätig.
Bundesminister Rupprechter: "Ökonomischer Erfolg, verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt und soziale Verantwortung in der Land- und Forstwirtschaft sind eine österreichische Erfolgsgeschichte, die weltweit auf Beachtung stößt. Es ist erklärtes Ziel meiner Forstpolitik, dass Österreich auch international Verantwortung für nachhaltige Waldbewirtschaftung übernimmt."
Das Projekt in Guatemala wurde von der Rigoberta Menchú Tum-Stiftung initiiert. Das BMLFUW wurde gebeten, bei der Erstellung eines nachhaltigen Bewirtschaftungskonzepts für den Wald in Laj Chimel zu helfen. In und von diesem Wald leben 37 Bergbauernfamilien, die einem Stamm der indigenen Bevölkerungsgruppe der Maya angehören.
Menchú Tum: "Unser Leben basiert auf einer Verbindung zwischen Mutter Erde und den Menschen. Guatemala braucht zum einen verbesserte Technologien, um weiter im Einklang mit der Natur produzieren zu können. Zum anderen muss Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung geschaffen werden, was zum Beispiel den Umgang mit Feuer im Wald betrifft.
Hilfe zur Selbsthilfe
Für das 1125 Hektar große Projektgebiet in Guatemala wird von den österreichischen Forstexperten ein Nachhaltigkeitskonzept für den Berg-Nebelwald erstellt. Bis Ende 2016 werden gemeinsam mit der örtlichen Bevölkerung Pläne für eine praktikable und nachhaltige Waldbewirtschaftung entwickelt, die die ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Anforderungen an diesen Wald berücksichtigen. Ziel ist es, der ansässigen indigenen Bevölkerung das für die nachhaltige Waldbewirtschaftung notwendige Know-how zu vermitteln. Dafür werden auch Austausch-Studenteninnen und Studenten aus Guatemala in Österreich ausgebildet.
Rupprechter: "Das Überstülpen vorgefertigter Rezepte würde sicher nicht funktionieren. Es ist daher besonders wichtig, die Konzeption und Durchführung des Projekts gemeinsam mit Vertretern der örtlichen Bevölkerung zu gestalten."
BFW-Leiter Peter Mayer betont: "Hilfe zur Selbsthilfe ist einer der vorrangigen Gründe, warum sich das Bundesforschungszentrum für Wald in diesem Pilotprojekt engagiert. Das BFW kümmert sich um den österreichischen Wald, genauso ist es aber uns ein Anliegen, in anderen Ländern beim Aufbau einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung behilflich zu sein, damit die Menschen vor Ort vom Wald leben und ihn nachhaltig bewahren können."
Bei aller Verschiedenheit zwischen Österreich und Guatemala gibt es bei der Waldbewirtschaftung durchaus Parallelen. Wie in weiten Teilen Österreichs, handelt es sich bei dem Wald im Projektgebiet in Guatemala um Bergwald, der von kleinen Familienbetrieben bewirtschaftet wird. Die Menschen arbeiten in steilem, zum Teil unwegsamem Gelände. Die schwierigen Produktionsbedingungen, Erosion und Naturgefahren bedrohen die Lebensbasis. Hier ist Nachhaltigkeit in der Landnutzung eine Frage des Überlebens.
Das Projekt leistet auch einen wichtigen Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt. Berg-Nebelwälder gehören zu den artenreichsten und am meisten gefährdeten Ökosystemen der Welt.
Berg-Nebelwald von Laj Chimel
In dem Gebiet in der zentralen Bergkette, die zwischen 2900 und 3400 Höhenmeter verläuft, treffen warm-feuchte Luftmassen aus der Karibik auf die kühlfeuchte Luft aus dem Pazifikraum. Das ist eine Kombination, die das ganze Jahr über starken Nebel verursacht und eine speziell feuchtigkeitsliebende Flora und Fauna hervorbringt. Viele Epiphyten (Aufsitzerpflanzen), Orchideenarten und potenziell medizinisch nutzbare Pflanzen stellen eine Ressource dar, die ökologisch und sozial nachhaltig bewusst gemacht und bewirtschaftet werden sollen. Dabei geht es auch um eine Abschätzung von Holzvorrat, Kohlenstoffspeicherung, Biodiversität und darum, wie dieses Wissen unter der Bevölkerung kommuniziert und angewandt werden kann.
Denn Brandrodung für die Bestellung des Landes und unkoordinierte Brennholzgewinnung sind die wesentlichen Bewirtschaftungsformen. Das führt zur Erosion, Nährstoffarmut und Problemen mit dem Wasserhaushalt. Das Bundesforschungszentrum für Wald hat die Aufgabe, im Projektgebiet die ökologischen und kartographischen Grundlagen zu dokumentieren, um in Kooperation mit der indigenen Bevölkerung die entsprechenden Nutzungsformen abzuleiten. Dabei geht es nicht nur um natur- bzw. forstwissenschaftlich relevanten Fakten. Es geht auch darum, die identitätsstiftende Bedeutung des Waldes für die Bevölkerung herauszufinden und zu formulieren.
Declaration of Friendship
Besiegelt wurde die Kooperation mit der ‚Declaration of Friendship’, die von Rigoberta Menchú Tum und Bundesminister Andrä Rupprechter unterzeichnet wurde. Damit ist eine weiterführende, langfristige Zusammenarbeit zwischen Österreich und der Stiftung Rigoberta Menchú Tum betreffend nachhaltige Landnutzung und Waldbewirtschaftung vereinbart.
Rupprechter: "Das Projektgebiet ist zwar klein hat aber durch den ökologischen Wert und die gute nationale und internationale Vernetzung der Stiftung Rigoberta Menchú das Potenzial, Beispielprojekt und Grundlage für langfristige weitere Entwicklungsprojekte, etwa für Forschungs- und Bildungsprogramme zu werden, und weitere Partner anzuziehen."
Rückfragen & Kontakt:
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Magdalena Rauscher-Weber
+43 1 71100 – DW 6823
magdalena.rauscher@bmlfuw.gv.at
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