• 14.06.2015, 16:27:59
  • /
  • OTS0048 OTW0048

Presseerklärung von Rechtsanwalt Otto Schily

Wien (OTS) - Zu der tendenziösen Titelgeschichte der Zeitschrift "Der
Spiegel" (Ausgabe Nr.25/13.6.2015) stelle ich folgendes fest:

1. Die Insinuation des SPIEGEL, ich sei von der kasachischen
Regierung beauftragt worden, ist nachweislich unrichtig. Ich bin im
Jahre 2012 über die Wiener Anwaltssozietät Dr. Lansky und Partner von
den Angehörigen von kasachischen Staatsangehörigen, dem früheren
stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Nurbank, Timraliyev und
dem früheren Chef der Wirtschaftsabteilung der Nurbank, Khasenov,
mandatiert worden. Timraliyev und Khasenov sind im Jahre 2007 nach
vorausgegangener Folter auf grausame Weise ermordet worden. Ich bin
also als Opfer-Anwalt tätig.. Daher habe ich in diesem Mandat auch
ausschließlich mit den Angehörigen der Opfer gesprochen und
korrespondiert und zu keinem Zeitpunkt mit kasachischen
Regierungsbehörden.

2. Dringend verdächtig, Timraliyev und Khasenov im Jahre 2007 nach
vorausgegangener Folter auf grausame Weise unter Mithilfe von anderen
Beschuldigten ermordet zu haben, ist Rakhat Alyev alias Shoraz, der
frühere kasachische Geheimdienstchef und spätere kasachische
Botschafter in Wien. Außerdem ist Aliyev dringend verdächtig,
Millionenbeträge aus Kasachstan unrechtmäßig an sich gebracht und in
Europa ein umfangreiches weitverzweigtes Geldwäschesystem aufgebaut
zu haben.

3. Zum Zeitpunkt meiner Mandatsübernahme im Jahre 2012 befand sich
Rakhat Aliyev auf freiem Fuß. Sein genauer Aufenthalt war damals
unbekannt, nachdem er sich aus Österreich absetzen konnte.

4. Unter Einsatz erheblicher Geldmittel und unter Nutzung seiner
Verbindungen aus seiner Zeit als Geheimdienstchef und Botschafter
haben Rakhat Aliyev und die Mitbeschuldigten enorme Anstrengungen
unternommen, sich als Opfer des kasachischen Geheimdienstes zu
stilisieren, die Aufklärung der Straftaten zu verhindern und sich der
Strafverfolgung zu entziehen.

5. Meine Aufgabe als Opfer-Anwalt war und ist es, zu der
vollständigen Aufklärung der Rakhat Aliyev und den Mitbeschuldigen
zur Last gelegten Kapitalverbrechen sowie der Zerschlagung des bis
nach Deutschland reichenden Geldwäschesystems beizutragen. Dazu
gehörte auch, mich dafür einzusetzen, dass sich Alyev nicht der
Strafverfolgung entziehen kann.

6. Im Rahmen meiner Aufgaben galt es auch, der massiven
Desinformationskampagne von Aliyev, die leider bei einigen Medien
einschließlich des SPIEGEL durchaus Erfolge zu verzeichnen hatte,
entgegen zu wirken. Wer die Tätigkeit eines Opfer-Anwalts als
"Lobby-Arbeit" zu diskreditieren versucht, arbeitet jedenfalls der
Desinformationskampagne der Alyev-Gruppe in die Hände.

7. Es fällt auf, dass der investigative Ehrgeiz des SPIEGEL
vollständig erlahmt, wenn es um die Aufklärung der von Aliyev und
seiner Mitbeschuldigten begangenen Verbrechen geht. So heißt es
wörtlich in der SPIEGEL-Story: "Ob Alyev tatsächlich in Kasachstan
114 Millionen Euro zur Seite gebracht hat, ob er sogar zwei Menschen
ermorden ließ oder ob das alles nur vom Geheimdienst so hingebogen
wurde, wie er beteuerte, das wird sich vermutlich nie aufklären
lassen."

Erfreulicherweise ist es dagegen der Wiener Staatsanwaltschaft durch
umfangreiche Ermittlungen gelungen, den Sachverhalt umfassend
aufzuklären und gegen ihn Anklage wegen Mordes zu erheben.

Es fällt außerdem auf, dass der SPIEGEL ausgerechnet wenige Tage vor
Abschluss des Strafverfahrens behauptet, die gravierenden Vorwürfe
gegen Aliyev und seine Mittäter ließen sich "vermutlich" nie
aufklären, und auf diese Weise versucht, den Urteilsspruch des Wiener
Gerichts zu Gunsten der Aliyev-Gruppe vorweg zu nehmen.

Es fällt ferner auf, dass der SPIEGEL die von der Aliyev-Gruppe und
ihren Anwälten in die Welt gesetzte Verdächtigung aufnimmt und von
einem "angeblichen Selbstmord" spricht, obwohl es nicht das geringste
Indiz für eine Tötung von fremder Hand gibt.

Es fällt schließlich auf, dass die Titel-Story des SPIEGEL die
Fortsetzung von Diffamierungsversuchen ist, die bereits im Jahr in
der Ausgabe des SPIEGEL Nr.11/2013 mit einem Artikel unter dem Titel
"Teure Freunde" begonnen hat. Aus diesem letztgenannten Artikel ist
bemerkenswerterweise erkennbar, dass der SPIEGEL sich seinerzeit mit
Rakhat Aliyev unmittelbar in Verbindung gesetzt und in seinem Artikel
der Desinformation in Gestalt der Behauptungen von Aliyev breiten
Raum verleiht, während der SPIEGEL im Lauf der zurückliegenden Jahre
zu keinem Zeitpunkt versucht hat, auf seriöse Weise eine
Stellungnahme der Opfer-Anwälte einzuholen und in fairer Weise in die
Berichterstattung aufzunehmen.

8. Im Rahmen meiner Tätigkeit als Opfer-Anwalt habe ich, um der
Desinformationskampagne der Aliyev-Gruppe entgegen zu wirken, auch
Medien, einschließlich des SPIEGEL, angesprochen. Der SPIEGEL
unterstellt mir in diesem Zusammenhang, ich hätte ihn
"instrumentalisieren" wollen. Es war mir bisher nicht bekannt, dass
sich der SPIEGEL "instrumentalisieren" lässt. Nach Lektüre der
jüngsten SPIEGEL-Story kommen allerdings Zweifel auf, ob sich nicht
doch einige ihrer Redakteure bewusst oder unbewusst im Sinne der
Desinformationskampagne der Aliyev-Gruppe instrumentalisieren lassen.

Jedenfalls habe ich bei allen Gesprächen, die ich in der Sache Alyev
mit Medien-Vertretern geführt habe, stets betont, es komme mir auf
eine objektive und unvoreingenommene Darstellung des Sachverhalts an,
und dabei die vollständige Einsichtnahme in das der Anwaltssozietät
Dr. Lansky und Partner vorliegende Beweismaterial angeboten.
9. Dass ein traditionsreiches Wochenmagazin, das in der deutschen
Medienlandschaft sicherlich zu den bedeutenderen Publikationen zählt,
sich nicht einmal scheut, Auszüge aus Akten einer Anwaltskanzlei zu
veröffentlichen, die ein ungetreuer ehemaliger Mitarbeiter der
Kanzlei entwendet hat, gehört zu den leider partiell auftretenden
Erscheinungen der Verrohung journalistischer Arbeit.

10. Unter Hinweis auf die Auswertung illegal beschaffter
Informationen und unter Durchbrechung der zum Schutz der Mandanten
bestehenden Verpflichtung zur Wahrung des anwaltlichen
Verschwiegenheit stellt der SPIEGEL auch Behauptungen über die Höhe
meines Honorars auf. Diese unlautere Verfahrensweise des SPIEGEL kann
mich nicht dazu veranlassen, meinerseits mich unter Verletzung meiner
anwaltlichen Pflichten zur Höhe meines Honorars Stellung zu nehmen.
Ich weise lediglich darauf hin, dass ich in dieser Sache bereits seit
drei Jahren unter erheblichem Zeit- und Arbeitsaufwand, nicht zuletzt
auf Grund der Durcharbeitung sehr umfangreichen Aktenmaterials, tätig
bin. Mit Rücksicht darauf ist das von mir vereinbarte Honorar
durchaus angemessen.

11. Es ist sicherlich richtig, dass auch die kasachische Regierung an
der Strafverfolgung von Rakhat und der Mitbeschuldigten Interesse
hat. Das kann aber keinesfalls ein Grund sein, die Tätigkeit eines
Opfer-Anwalts, der dafür eintritt, dass im rechtsstaatlichen Rahmen
die Alyev und den Mitbeschuldigten zur Last gelegten Straftaten
aufgeklärt und geahndet werden, als "Wühlarbeit- und Schmutzarbeit in
Politik und Verwaltung" zu diffamieren. In dieser verzerrenden
Perspektive wäre dann womöglich auch die Wiener Staatsanwaltschaft,
die Anklage gegen Aliyev und die Mitbeschuldigten erhoben hat, und
das Wiener Gericht, das Haftbefehl erlassen hat, Teil des vom SPIEGEL
apostrophierten angeblichen "Kasachstan-Komplotts".

12. Dass der SPIEGEL mit seinem massiven Diffamierungsversuch auch
jede Rücksichtnahme auf die Gefühle der Angehörigen der ermordeten
Opfer vermissen lässt, sollte wenigstens allen, die noch an einer
seriösen Medienarbeit festhalten, bewusst bleiben.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel