- 11.06.2015, 10:21:24
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Urheberrecht ohne Rechte für UrheberInnen
Wien (OTS) - Die Koalition präsentiert einen Gesetzesentwurf zur
Urheberrechtsnovelle, der darauf schließen lässt, dass es nicht die
UrheberInnen sind, deren Rechte das Gesetz zu schützen hat, sondern
deren Rechte es zu beschneiden gilt - egal, ob dies gegen europäische
Grundrechte verstößt.
Der vorliegende Gesetzesentwurf zum Filmurheberrecht bevorzugt in
allen Fällen die Stellung der ProduzentInnen. Unter der Ausflucht der
'Synchronisierung mit der deutschen Gesetzeslage', wurden dieser nur
die für FilmherstellerInnen vorteilhafte Absätze entnommen und von
der österreichischen Regierung in ihren Vorschlag implementiert.
Aspekte, wie das Recht auf kollektive Verhandlungen durch
Interessensverbände, der "Bestsellerparagraph" oder das Recht auf
adäquate Renumeration bei Abtretung der Rechte wurden beflissentlich
ignoriert.
Die RegisseurInnen der Austrian Directors’ Association und der
Verbände Filmregie und dok.at protestieren gegen jegliche
Vermutungsregelungen, die RegisseurInnen schon ex lege in eine
nachteilige vertragliche Ausgangsposition gegenüber den
FilmherstellerInnen bringen. Sie wollen verhandeln statt vermuten! Es
ist auch den österreichischen FilmherstellerInnen durchaus zumutbar,
sich die Rechte in Verhandlungen mit den FilmregisseurInnen
einzelvertraglich zu sichern. Das ist international üblich und in
Österreich mit DrehbuchautorInnen und FilmkomponistInnen gängige
Praxis.
Im Februar 2012 entschied das europäische Höchstgericht in der Sache
"Luksan vs Van der Let", dass der §38 (vulgo "Cessio Legis") des
österreichischen Urheberrechts gegen Europäisches Recht, genauer
gegen Art.17/2 der Grundrechte-Charta verstößt. Der Staat Österreich
ist dementsprechend aufgefordert, das nationale Urheberrecht
anzupassen. Der vorgelegte Entwurf stellt die alte Regelung im neuen
Kleid dar. Wurden im EUGH Urteil die Rechte an einem Film jedenfalls
den RegisseurInnen zugesprochen, werden diese durch die vorliegende
Novelle abermals dazu angehalten, die aus der Urheberschaft
entstehenden Nutzungsrechte an FilmherstellerInnen ohne gesetzlich
abgesicherten Anspruch auf angemessenes Entgelt und für alle
Nutzungsarten abzugeben. Sogar die ohnehin geringen aber
unverzichtbaren gesetzlichen Vergütungsansprüche der FilmurheberInnen
stehen im österreichischen Entwurf dem Filmhersteller und dem
Filmurheber je zur Hälfte zu. Das ist schon an sich eigenwillig, da
HerstellerInnen Urheberrechte erwerben, obwohl sie per definitionem
keine UrheberInnnen sind. Das Leistungsschutzrecht der ProduzentInnen
sei ihnen unbenommen - das Gesetz hat die verschiedenen Rechte jedoch
klar zu trennen.
Absolute Rechtsunsicherheit verspricht der vorliegende Gesetzestext
durch die Möglichkeit der mehrfachen Abtretung der Rechte. "Hat der
Urheber des Filmwerkes dieses Nutzungsrecht im Voraus einem Dritten
eingeräumt, so behält er gleichwohl stets die Befugnis, dieses Recht
beschränkt oder unbeschränkt dem Filmhersteller einzuräumen." Um die
Verwertungsgesellschaften der UrheberInnen zu schwächen, wird also
den FilmurheberInnen das Recht eingeräumt die Rechte mehrfach
abzugeben, aber keinesfalls sie zu behalten.
Der Reformunwille zeigt sich auch im Verwertungsgesellschaftengesetz,
in dem die in EU-Richtlinien bereits eingeforderte Pflicht zur
Transparenz und die demokratische Mitbestimmung aller Mitglieder
fehlt.
In vielen Gesprächen mit MinisterInnen, ParlamentarierInnen, Kultur-
und JustizsprecherInnen der stimmenstärksten Partei wurde den
österreichischen RegisseurInnen versprochen, die vorliegende
Textversion zur Korrektur des §38 (besser bekannt unter "Cessio
Legis") keinesfalls zu implementieren. Das Veto wäre den
RegisseurInnen sicher, hieß es. Die SPÖ ist umgefallen und will mit
einer nach oben gedeckelten Festplattenabgabe den vorliegenden
Gesetzesentwurf als urheberfreundlich verkaufen obwohl die gesetzlich
normierte Deckelung gegen das Unionsrecht und das Grundrecht auf
Eigentum verstößt. Die ProduzentenvertreterInnen und der Fachverband
der Wirtschaftskammer haben sich im ÖVP Justizministerium
durchgesetzt..
Zeitgemäße Kulturpolitik sieht anders aus!! Für das Kunst- und
Kulturministerium unter Minister Ostermayer ist dies ein
Armutszeugnis. Die knappe Begutachtungsfrist rund um das durch einen
Feiertag verlängerte Wochenende legt die Vermutung nahe, dass sich
das Justizministerium über die Unzulänglichkeit ihres vorgelegten
Papiers bewusst ist und auf diese Art versucht, den Urhebern die
Möglichkeit zu nehmen, schnell genug zu reagieren.
Die 'Austrian Directors Association' protestiert vehement gegen den
vorliegenden Gesetzesentwurf und fordert die Regierung auf, den
jetzigen Vorschlag der Urheberrechtsnovelle zurückzuziehen und einen
Vorschlag auszuarbeiten, der den Vorgaben europäischer Grundrechte
entspricht und die UrheberInnen ins Zentrum eines zeitgemäßen, fairen
Urheberrechts stellt. Wenn dieser Entwurf implementiert wird, werden
die Austrian Directors’ Association, der Verband Filmregie und die
Interessengemeinschaft Österreichischer Dokumentarfilm dok.at das
Gesetz abermals vor den EUGH bringen, der den österreichischen
RegisseurInnen schon einmal recht gab.
ADA Austrian Directors’ Association
Houchang Allahyari, Jenny Gand, Jacob Groll,
Franz Leopold Schmelzer, Georg Sokol Leitgeb
office@ada-directors.com
http://www.ada-directors.com/
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