- 08.06.2015, 11:59:22
- /
- OTS0111 OTW0111
VIBE: Vorschlag zur Urheberrechtsreform ignoriert Realität
Wien (OTS) - Die seit vergangener Woche vorliegenden Vorschläge zur
Reform des Urheberrechts ignorieren nicht nur die alltägliche
Nutzungspraxis, sondern sogar ein Urteil des Europäischen
Gerichtshofs. Mit Ausnahme der Neufassung des Zitatrechts, das nun
unter gewissen Bedingungen ein "Recht auf Remix" ermöglicht, ist der
Reformvorschlag des Justizministeriums enttäuschend ausgefallen. Der
Verein für Internet-Benutzer Österreichs (VIBE) kritisiert in seiner
Stellungnahme zum Gesetzesvorschlag besonders, dass die Regelung zur
so genannten Festplattenabgabe nicht einmal demEuGH-Urteil Rechnung
trägt, wonach eine derartige Vergütung an der Höhe des entstandenen
Schadens bemessen werden muss. Statt dessen soll die Höhe der
Belastung für Konsumentinnen und Konsumenten willkürlich festgelegt
werden.
"Während die EU-Abgeordnete Julia Reda mit ihrem Bericht gezeigt hat,
was die Eckpunkte eines Urheberrechts im 21. Jahrhundert sein
sollten, bleibt der Reformvorschlag für die dringend nötige Regelung
dieser Materie in Österreich weit hinter unseren Erwartungen zurück.
Nicht nur, dass überholte Modelle für die Zukunft festgeschrieben
werden, man orientiert sich dabei nicht einmal an höchstgerichtlichen
Vorgaben", kritisiert Joachim Losehand, der bei VIBE die
Urheberrechtsthematik koordiniert. Konkret ist damit § 42b Abs. 4
gemeint, der die Vergütungshöhe regeln soll. Während ein EuGH-Urteil
(vom 21.10.2010, Az. C-467/08) sagt, "dass der gerechte Ausgleich
zwingend auf der Grundlage des Schadens zu berechnen ist, der den
Urhebern geschützter Werke infolge der Einführung der Ausnahme für
Privatkopien entstanden ist", ist im vorgeschlagenen Paragrafen
nichts davon zu lesen, dass die so genannnte Festplattenabgabe - eine
an sich schon sehr rückständige Art der Vergütung - auf Basis eines
entstandenen Schadens berechnet werden muss.
Trauerspiel
In der Stellungnahme, die VIBE zur Urheberrechtsnovelle eingebracht
hat, listet der Verein zahlreiche weitere Kritikpunkte auf; etwa jene
am so genannten Leistungsschutzrecht, einer "Lex Google", die sich
nicht nur gegen die Suchmaschine richtet und die Ergebnisse für
österreichische User massiv einschränken wird, sondern auch gegen
heimische Start-ups, die ihre Businessmodelle auf international
anerkannten Prinzipien eines offenen Netzes aufbauen. "Die
österreichische Diskussion zum Urheberrecht ist ein Trauerspiel. Das
Gesprächsklima zwischen den verschiedenen Stakeholdern ist nachhaltig
vergiftet worden. Das zuständige Ministerium hat es leider nicht
geschafft, einen Entwurf vorzulegen, der auf einen fairen
Interessensausgleich abzielt und damit einen Weg in die Zukunft
weist", kritisiert Losehand.
Die gesamte Stellungnahme findet sich hier:
http://ur21.at/wp-content/uploads/2015/06/Stellungnahme_UrhG-Novelle_2015_-VIBE.pdf
Über VIBE
Der Verein für Internet-Benutzer Österreichs (VIBE) hat es sich zur
Aufgabe gemacht zu einem mündigen, verantwortungsvollen und
selbstbestimmten Umgang mit dem Medium Internet zu ermuntern.
Gleichzeitig will er ein öffentliches Bewusstsein schaffen, das
jegliche Versuche diese Freiheiten übermäßig zu beschränken erkennt
und verurteilt. Ein aktives Vorgehen gegen derartige Versuche ist für
VIBE daher selbstverständlich. Seit der Gründung im Frühjahr 1999 war
VIBE unter anderem an der Durchsetzung des Spam-Verbotes in
Österreich und der alljährlichen Verleihung der Big Brother Awards
beteiligt und wurde gegen Pläne aktiv, die eine Kostenpflicht beim
Rechtsinformationssystem (RIS) vorsahen. VIBE ist Mitglied im
weltweiten Dachverband Global Internet Liberty Campaign (GILC),
Gründungsmitglied von European Digital Rights (EDRi), Betreiber von
priv.at und Tagungsteilnehmer des Internetbeirats. Ein
Gründungsmitglied von VIBE hat als Vertreter der Internetbenutzer
einen Sitz im 7-köpfigen Domainbeirat.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | WEQ