Crowdfunding in Österreich bekommt eine starke Basis – und muss noch weiter entwickelt werden
Forschungsrat: „Ausbau alternativer Finanzierungsformen nimmt Fahrt auf, dem ersten Schritt des Gesetzesentwurfs müssen weitere folgen“
Wien (OTS) - Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) hat die "Empfehlung zur Unterstützung einer verbesserten Crowdfunding-Kultur in Österreich" beschlossen. Darin stellt die Ratsversammlung fest, dass das derzeit im Entwurf vorliegende Alternativfinanzierungsgesetz AltFG einen wichtigen ersten Schritt zur Dynamisierung des virtuellen Crowfunding-Marktes darstellt: "Mehr Sicherheit durch bessere Transparenz für Investoren und mehr Kontrolle der Plattformen ist wichtig. Insofern kann man den vorlie-genden Gesetzesvorschlag positiv beurteilen", so Karin Schaupp, Mitglied der Ratsversammlung.
Der RFTE stellt fest, dass die im Gesetzesentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen zur Regulierung von Schwarmfinanzierung den Ausbau von Alternativer Finanzierung in Österreich nur in Teilbereichen beschleunigen können.
Hier setzen nun die Ratsempfehlungen an:
(1) Crowdinnovation in Österreichs Köpfen verankern (2) Anschubfinanzierung für Crowdfunding-Projekte (3) Einführung eines Transparenzlabels (4) Öffnung der Innovationspolitik: Verstärkte Miteinbindung der Schwarmintelligenz (5) Stärkung von Regionen mittels Crowdfunding (6) Intensivierung der Crowdfunding-Forschung (7) Erstellung und Umsetzung einer Crowdfunding-Roadmap
Hintergrund
Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung weist in seiner Empfehlung auf die Chancen einer breiten Palette von Alternativen Finanzierungsmöglichkeiten mittels Schwarmfinanzierung (Crowdfunding) für Investoren, Projekte und Plattformen hin. Diese basieren auf den Ergebnissen einer breit angelegten Studie über das Innovationspotenzial von Crowdfunding und Crowdsourcing für den Innovationsstandort Österreich, welche auf der Homepage des Rates veröffentlicht wurde.
Die Möglichkeiten - vom klassischen Charity- oder Donation-based Modell oder bekannten Crowd-Rewards-Modellen von Crowdfunding bis hin zu Crowd-Lending und Crowdinvesting-Modellen - sind in Österreich noch wenig verbreitet, insbesondere im Vergleich zum anglo-amerikanischen Raum: "Das Wissen über Crowdfunding in Österreich beschränkt sich auf Kenntnisse über einzelne Projekte, die zumeist von ‚Donations‘ oder ‚Rewards-based‘-Modellen dominiert werden, und kann daher als oberflächlich bezeichnet werden. Zudem stecken die wenigen österreichischen Projekterfahrungen, welche sich mit der Förderung von Innovations- und Wissenschaftsprojekten über Crowdfunding auseinandersetzen, noch in den Kinderschuhen", so Karin Schaupp.
Die Ratsempfehlung enthält daher eine Reihe von Vorschlägen, um in Österreich eine verbesserte Crowdfunding-Kultur zu verankern:
(1) Crowdinnovation in Österreichs Köpfen verankern
Eine fundierte Auseinandersetzung mit Crowdfunding erfordert breites Wissen über Finanzwesen, Kommunikation, Technologie und insbesondere soziale Medien, Psychologie, Rechtswesen und Wirtschaft.
Der RFTE empfiehlt eine breit angelegte, öffentlich organisierte Informations- und Ausbildungskampagne, um mehr Wissen über Crowdfunding in der Bevölkerung aufzubauen.
(2) Anschubfinanzierung für Crowdfunding-Projekte
Die erstmalige Vorbereitung und Umsetzung von Crowdfunding-Projekten ist aufwändig. Deshalb empfiehlt der RFTE für innovative Einzelpersonen, Star-tups, KMU oder Hochschul- und Forschungseinrichtungen Anschubfinanzierungen für die individuelle Kampagnenplanung und -durchführung.
Zudem sollen auch Projekte gefördert werden, welche durch Crowdfunding-Initiativen die Governance-Strukturen österreichischer Hochschul- und Forschungseinrichtungen stärken z.B. Crowdfunding-Initiativen innovativer Alum-niverbände österreichischer Hochschuleinrichtungen.
Weiters soll das volle Potenzial von Diaspora-Projekten genutzt werden. Durch Anschubfinanzierung von innovativen Projekten sollen engagierte Menschen mit Migrationshintergrund unterstützt werden, welche in Österreich Firmen gründen oder Forschungsnetzwerke weiterentwickeln und dafür ihre internationalen Netzwerke verwenden wollen. Dafür empfiehlt der RFTE die Entwicklung eines eigenen Förderprogramms.
(3) Einführung eines Transparenzlabels
Zur Schaffung von Vertrauen und Transparenz empfiehlt der RFTE die Einführung eines Transparenz-Labels für Crowdfunding-Angebote. Dieses Label soll mit aktuellen Entwicklungen auf europäischer Ebene abgestimmt werden.
(4) Öffnung der Innovationspolitik: Verstärkte Miteinbindung der Schwarmintelligenz
Wie bei innovativen Unternehmen bereits üblich, soll sich auch die österreichische Innovationspolitik in ihrer Arbeit verstärkt der Schwarmintelligenz bedienen. Durch das Konzept der "Test Tube Governance" können durch Online-Partizipation der Crowd von bestehenden Entwicklungsabteilungen, Foren, Gremien und Think Tanks interessante Beiträge und innovative Ideen abgeholt und in laufende politische Entscheidungsprozesse eingebaut werden. Der RFTE empfiehlt daher die Konzeption und Entwicklung einer transparenten "Test Tube Governance-Plattform" zur besseren Einbindung der Schwarmintelligenz in innovationspolitische Fragen in Zusammenarbeit mit einem anerkannten Medienpartner wie einer Online-Tageszeitung oder Wochenzeitschrift.
(5) Stärkung von Regionen mittels Crowdfunding
Regionale Netzwerke stärken die Wirtschaftskraft einer Region und verhindern Abwanderung. Regionales Crowdfunding fördert die Schaffung von Arbeitsplätzen und liefert neue Aufgabenschwerpunkte und Perspektiven für regionale Interessensverbände. Der RFTE empfiehlt deshalb die Entwicklung und Umsetzung von regionalen Crowdfunding-Vorzeige- oder Leuchtturmprojekten, um das erforderliche Anwendungswissen zu generieren und die Verbreitung zu fördern. Diese sind mit Sachverständigen, politisch Verantwortlichen und Medien optimal vorzubereiten, um rasche Erfolge sicherstellen zu können.
(6) Intensivierung der Crowdfunding-Forschung
Die Wissenschaft hat erst jüngst begonnen, sich mit Crowdfunding verstärkt auseinander zu setzen. Der RFTE empfiehlt, verstärkt Forschung über Open Innovation im Allgemeinen und über Crowdsourcing und Crowdfunding im Besonderen zu fördern sowie durch die Finanzierung von Know-how-Transfer-Projekten insbesondere aus dem anglo-amerikanischen Raum das Phänomen Crowdfunding einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Zudem empfiehlt der RFTE die nachhaltige Etablierung eines Zentrums für Forschung über alternative Finanzierungsformen in Österreich nach dem Vorbild des Cambridge Centre for Alternative Finance an der Universität Cambridge, Großbritannien.
(7) Erstellung und Umsetzung einer Crowdfunding-Roadmap
Der RFTE empfiehlt den Einsatz einer Arbeitsgruppe zur Vorbereitung und Umsetzung einer Crowdfunding-Roadmap für Österreich unter Einbindung von Sachverständigen und Innovations-Stakeholdern (Ministerien, Innovations- und Förderagenturen etc.).
Rückfragen & Kontakt:
DI Dr. Ludovit Garzik
Geschäftsführer des Rates für Forschung und Technologieentwicklung
Tel: 01 – 7131414
E-Mail: l.garzik@rat-fte.at