- 27.04.2015, 10:30:54
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IGV-Nahverkehrskongress in Graz: Öffentlicher Verkehr als Wirtschaftsfaktor
Massive Bedeutung des öffentlichen Nahverkehrs als stabilisierender Faktor für Wirtschaftsstandort gerade in Krisenzeiten unterstrichen
Utl.: Massive Bedeutung des öffentlichen Nahverkehrs als
stabilisierender Faktor für Wirtschaftsstandort gerade in
Krisenzeiten unterstrichen =
Wien (OTS) - Von 23. bis 24. März tagten namhafte Wirtschafts- sowie
Verkehrsexperten in Graz zum Thema "Öffentlicher Verkehr als
Wirtschaftsfaktor". Beide Tage des Nahverkehrskongresses nutzten die
in- und ausländischen Experten, um gemeinsam in vier Arbeitsgruppen
die Themen "Investitionen", "Herausforderungen",
"Wirtschaftsfaktoren" und "Finanzierung des öffentlichen Verkehrs" zu
diskutieren. Im Fokus der oft intensiven Diskussionen wurde ohne
Denkverbote über Fahrpreisgestaltung ebenso debattiert wie über
Investitionsnotwendigkeiten, die Herausforderung der Zersiedelung in
vielen Regionen oder Effekte der Sparpolitik in Zeiten der
Wirtschaftskrise.
Investitionen in Schieneninfrastruktur - ein
volkswirtschaftliches Schwergewicht
Der Ausbau und Betrieb von U-Bahn- und Straßenbahnnetzen sind
bedeutende Wirtschaftsfaktoren für die gesamte österreichische
Volkswirtschaft. Daher sind Investitionen in die
Schieneninfrastruktur gerade in wirtschaftlich herausfordernden
Zeiten von Bedeutung, wie Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte
am Beispiel der aktuellen U1-Verlängerung sichtbar sind. Wiener
Linien-Geschäftsführer DI Günter Steinbauer betont die
Beschäftigungswirkung, die weit über Wien hinausgeht.
Wertschöpfungseffekte entstehen allgemein durch Investitionen in die
Schieneninfrastruktur auch auf dem Immobilienmarkt. So erhalten
Immobilien mit Nähe zum Stadt-, Regional- und Fernverkehr auf der
Schiene Zuschläge oder gelten als wichtiges Lagemerkmal einer
Immobilie. Investitionen in die Schieneninfrastruktur führen so zu
weiteren Investitionen in Immobilienentwicklungen. Der Ausbau und
Betrieb der Schieneninfrastruktur sind bedeutende Wirtschaftsfaktoren
von denen ganz Österreich über Wertschöpfungs- und
Beschäftigungseffekte profitiert.
Wie können die Herausforderungen im ÖV der Städte und
Agglomerationen in Zukunft bewältigt werden?
Rechtliche, planerische, technische und finanzielle Aspekte,
Erfordernisse und Lösungsmöglichkeiten mit einem Blick über die
Grenzen Österreichs hinaus standen im Fokus der von Mag. Albert
Waldhör (Linz Linien) geleiteten Arbeitsgruppe. Das Ergebnis:
Zur Bewältigung künftiger Herausforderungen muss ein Wechsel des
Denkens in Macht und Einflusssphären, hin zum Denken in Kundennutzen
erfolgen. Denn in erster Linie bestimmt die Qualität des Angebots
über die individuelle Verkehrsmittelwahl. Aus diesem Grund ist die
Zusammenarbeit zu forcieren - so wurden Verkehrsverbünde auch dazu
gegründet, um das Miteinanderreden zu institutionalisieren. Es gilt
gemeinsame Werte und Spielregeln im öffentlichen Verkehr zu stärken
und durch Zusammenarbeit Änderungen zu gestalten.
Investitionen in den öffentlichen Verkehr - Wirtschaftsfaktor
in der Region
Die Aufrechterhaltung und Förderung des öffentlichen Verkehrs in der
Region sichert nicht nur Erreichbarkeit und Lebensqualität.
Traditioneller Linienverkehr in Kombination mit bedarfsgesteuerten
ÖV-Systemen schaffen Beschäftigung und Einkommen vor Ort, können
regionale Identität stärken und die Standortqualität für
wirtschaftliche Initiativen fördern. Die Verfügbarkeit des ÖV als
Mobilitätsversicherung und Daseinsvorsorge muss dabei langfristig
garantiert sein, so der Experte DI Günther Rettensteiner
(regionalis). Auch müssen regionale Ausbildungs- und
Betriebsstandorte gut angebunden werden. Öffentlicher Verkehr ist ein
wichtiger Mitentscheidungsgrund für den Zuzug bzw. die Abwanderung
aus einer Region. Bedarfsorientierte Angebote sind als Ergänzung und
Zubringer zum Linienverkehr zu sehen. Zersiedelung ist das
Hauptproblem um einen qualitativ hochwertigen öffentlichen Verkehr
anbieten zu können.
Welchen Wert hat der öffentliche Verkehr? Was darf er kosten?
Wie kann er finanziert werden?
Die Finanzierung eines attraktiven öffentlichen Verkehrs stellt Bund,
Länder und Gemeinden vor gewaltige Herausforderungen. Dipl.-Geograph
Stefan Weigele (civity Management Consultans) stellt dazu die Frage,
inwieweit Drittnutzer bzw. Nutznießer eines attraktiven öffentlichen
Verkehrs stärker in die Finanzierung eingebunden werden können. Zum
einen durch die Nutzerfinanzierung, d.h. Fahrgäste finanzieren den
Betrieb und zum anderen durch Drittnutzerfinanzierung, welche
Ersatzinvestitionen stützt. Heute finanziert die öffentliche Hand
gemeinsam mit den Fahrgästen den öffentlichen Verkehr. Profiteure
etwa des U-Bahnausbaus - zum Beispiel Immobilienentwickler -
beteiligen sich gar nicht. Ein logischer Finanzierungsmix des
öffentlichen Verkehrs sollte, so eine These, neben den Fahrgästen und
der öffentlichen Hand auch auf diesen Drittnutzern basieren.
Eine durchaus provokante Forderung ist jene nach einer stärkeren
Kostenwahrheit durch höhere Tarife - der Kostendeckungsgrad durch
Ticketeinnahmen im öffentlichen Verkehr befindet sich in Österreich
bei rund einem Drittel. Zu bedenken wurde hierbei die soziale und
ökologische Dimension des öffentlichen Verkehrs gegeben.
Der renommierte deutsche Wirtschaftsexperte Prof. Heiner Flassbeck
(flassbeck-ecnomics) hielt einen sehr kritischen Vortrag über die aus
seiner Sicht kontraproduktive europäische Sparpolitik, während DI
Ernst -Walter Lipka (Infra Dialog Deutschland GmbH) die dringende
Notwendigkeit von Investitionen in Aufrechterhaltung und Ausbau der
Verkehrsinfrastruktur am Beispiel Deutschlands darstellte.
Über die IGV:
Die Interessengemeinschaft Österreichischer Verkehrsverbünde (IGV)
ist ein Zusammenschluss aller
Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften, der VertreterInnen der
finanzierenden Gebietskörperschaften und der innerstädtischen
Verkehrsunternehmen Österreichs. Einzelne Arbeitsgruppen der IGV
beschäftigen sich insbesondere mit den Themen ÖV-Rabattkarte,
Qualitäts- und Sozialkriterien in Ausschreibungen und
vergaberechtliche Angelegenheiten.
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