• 31.01.2015, 13:21:03
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Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder trauert um Carl Djerassi

Wien (OTS) - Klaus Albrecht Schröder:

Ich habe die traurige Pflicht, bekanntzugeben, dass Carl Djerassi
letzte Nacht in San Francisco seinem schweren Krebsleiden erlegen
ist. Djerassi ist 1923 geboren und im Alter von fünf Jahren nach
Wien übersiedelt, von wo er 1938 mit seiner Mutter als Jude vor den
Nationalsozialisten geflohen und zuerst nach Bulgarien und
schließlich in die USA emigriert ist.

In seiner neuen Heimat hat er als Chemiker eine Weltkarriere gemacht.
Ein Höhepunkt während seiner Tätigkeit in Mexiko war die Erfindung
der Antibabypille 1950. Viele weitere bahnbrechende chemische
Erfindungen während seiner jahrzehntelangen Tätigkeit an der Stanford
University haben ihn zu einem der ganz großen Forscher gemacht, der
aus der Geschichte des medizinischen Fortschritts heute nicht
wegzudenken ist.

Über 30 Ehrendoktorate aus aller Welt sind ebenso wie die vom
amerikanischen Präsidenten verliehene Medal of Science ein Symbol
seiner internationalen Wertschätzung. Obwohl seit Jahrzehnten auf der
Shortlist für den Nobelpreis, wurde ihm dieser jedoch versagt.

Carl Djerassi hat 2003 wieder intensiven Kontakt zu Österreich
gesucht und über eine enge Verbindung mit der Albertina und eine
tiefe Freundschaft zu mir persönlich den Weg zurück nach Wien
gefunden, um schließlich diese Stadt als seinen dritten ständigen
Wohnort neben San Francisco und London zu wählen.

Die Albertina verdankt Carl Djerassi eine der reichsten Schenkungen
der letzten 15 Jahre: 2 große Skulpturen von George Rickey sowie 65
Aquarelle, Gouachen und Zeichnungen von Paul Klee hat er der
Albertina übergeben.

Nicht nur unserem Haus hat Carl Djerassi große Bestände seiner
Kunstsammlung zukommen lassen. Nach dem Selbstmord seiner Tochter
richtete er eine Stiftung auf seiner Ranch am Pazifik für Literaten,
Künstler, Tänzer und Komponisten ein. Seine Skulpturensammlung,
darunter eine wertvolle Kollektion an Rodins hat er dem Museum der
Stanford University geschenkt. Über 60 Werke Paul Klees hat er
außerdem dem Museum of Modern Art in San Francisco als Schenkung
übergeben. Weitere Stiftungen für die Künste und die Forschung der
Literatur hat er nach dem Tod seiner zweiten Frau Diane Middlebrook
eingerichtet.

Ich selbst habe Carl Djerassi einen Tag vor seiner endgültigen
Abreise nach San Francisco am 16. Dezember auf seinen Wunsch hin noch
einmal besucht. In einem mehrstündigen Gespräch haben wir auf eine
bewegende Weise voneinander Abschied genommen.

Seinem letzten Wunsch an mich, sein noch nicht publiziertes letztes
Buch nach seinem Tod in der Albertina zu präsentieren und eine
Gedenkfeier für ihn zu veranstalten, werde ich leider früher
nachkommen müssen, als gehofft.

Carl Djerassi hat sich für die Rickey Skulptur, die auf der Albertina
Bastei aufgestellt ist, folgende Inschrift gewünscht: Born 1923,
Exile 1938, Reconciled 2003.

Die Albertina wird Carl Djerassi stets ein würdiges Andenken
gewahren. Unser großes Mitgefühl gilt seinem Sohn und seinem Enkel.
Ich persönlich verliere mit Carl Djerassi einen meiner wertvollsten
Freunde.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | ABT

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