• 18.12.2014, 10:28:13
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  • OTS0050 OTW0050

Korr. Zu OTS0235 vom 17.12.2014: Fortpflanzungsmedizingesetz passiert Gesundheitsausschuss

Expertendebatte über Eizellenspende und Präimplantationsdiagnostik

Utl.: Expertendebatte über Eizellenspende und
Präimplantationsdiagnostik =

Wien (PK) - Eine sehr ausführliche Debatte über die geplanten
Änderungen im Bereich der Fortpflanzungsmedizin fand heute im
Gesundheitsausschuss des Nationalrats statt. Fast fünf Stunden
diskutierten die Abgeordneten, zunächst in Form eines
Expertenhearings, über den von der Regierung vorgelegten
Gesetzentwurf. Dieser sieht unter anderem vor, dass auch lesbische
Paare ab dem Jahr 2015 den Zugang zu Samenspenden erhalten. Weiters
werden Eizellenspenden und Samenspenden Dritter bei der In-vitro-
Fertilisation (IVF) sowie - unter Einhaltung strenger Bedingungen -
die Durchführung der Präimplantationsdiagnostik (PID) zur
Feststellung von Erbkrankheiten erlaubt, was von den einzelnen
Experten sehr unterschiedlich beurteilt wurde. Die gemeinsam vom
Gesundheits- und vom Justizressort ausgearbeitete Vorlage mit dem
Titel "Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015" wurde
schließlich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS angenommen.

Großes Lob für das Gesetz kam auch von den Grünen. Abgeordnete
Daniela Musiol hofft allerdings, dass bis zur Beschlussfassung im
Plenum noch einzelne Punkte geändert werden. Im Ausschuss fanden
zahlreiche Abänderungs- und Entschließungsanträge der Grünen, etwa
was das Recht von alleinstehenden Frauen auf Samenspenden betrifft,
allerdings keine Mehrheit. Allgemein bedauert wurde von der
Opposition, dass das Parlament sich nicht mehr Zeit genommen hat, um
sich mit dem Thema Fortpflanzungsmedizin zu beschäftigen. Ein
Vertagungsantrag der FPÖ fand allerdings nur die Unterstützung des
Team Stronach.

Mit S-V-N-Mehrheit angenommen wurden auch Änderungen der gesetzlichen
Grundlagen für MasseurInnen und weitere Gesundheitsberufe, die als
weiterer Punkt auf der Tagesordnung standen. Dabei ging es vor allem
um die Einführung einer Erweiterung der Berufsausübungsmöglichkeiten
für medizinische MasseurInnen und HeilmasseurInnen durch die
Einführung der Spezialqualifikation "Basismobilisation", um
Vereinfachung von Berufsausübungsmöglichkeiten und den Einsatz von
OrdinationsassistentInnen in nicht bettenführenden Stationen.

Modernes Fortpflanzungsgesetz bringt mehr Rechtssicherheit und
beseitigt Diskriminierung lesbischer Paare

Vor der Anhörung der Experten nahmen sowohl Justizminister Wolfgang
Brandstetter als auch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser zum
Regierungsentwurf (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1222/2014)
Stellung. Vor dem Hintergrund von höchstgerichtlichen Entscheidungen
auf nationaler und europäischer Ebene sei man gefordert gewesen,
einen vernünftigen Interessensausgleich zu finden, erläuterte
Brandstetter. Er denke, dass eine gute Lösung gefunden wurde, die vor
allem mehr Rechtsicherheit für die Betroffenen bringe und auch die
Bedenken der Kritiker berücksichtige. So sei unter anderem
gewährleistet, dass es weiterhin ein grundsätzliches Verbot für die
Präimplantationsdiagnostik gibt und Ausnahmen nur unter genau
geregelten Kriterien möglich sind. Darüber hinaus wurde aufgrund der
Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren das Kindeswohl noch stärker
in den Vordergrund gestellt und die Dokumentations- und
Aufklärungspflichten erweitert. Eine Verschärfung wurde auch bei den
Strafbestimmungen vorgenommen: bei Nichteinhalten der gesetzlichen
Vorschriften soll die Strafe von bisher maximal 36.000 € auf bis zu
50.000 € erhöht werden.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser zeigte sich erfreut darüber,
dass es aufgrund der sehr guten Kooperation mit dem Justizressort
gelungen sei, ein fortschrittliches und ausgefeiltes Gesetz vorlegen
zu können. Sie wiederholte die Eckpunkte des Entwurfs und wies vor
allem darauf hin, dass durch die neuen Bestimmungen
"Schwangerschaften auf Probe" verhindert werden können. Mit der jetzt
geschaffenen Möglichkeit der Eizellenspende und der Zulassung der
Präimplantationsdiagnostik unter strengen Voraussetzungen schließe
Österreich aber nicht nur an internationale Standards an, es werde
damit auch verhindert, dass Frauen ins Ausland fahren müssen, um
medizinisch unterstützte Fortpflanzung nach dem aktuellsten Stand der
Wissenschaft zu erhalten. Durch ein dezidiertes Vermittlungs- und
Kommerzialisierungsverbot soll außerdem das Geschäft mit den Eizellen
verhindert werden. Wichtig war ihr auch zu erwähnen, dass die
Leihmutterschaft in Österreich weiterhin verboten bleibt.

Vorbehalte einiger ExpertInnen gegenüber Präimplantationsdiagnostik
und Eizellenspende

Die Juristin Stephanie Merckens (Institut für Ehe und Familie) räumte
ein, dass aus rechtlichen Gründen ein Handlungsbedarf bestand; die
Vorlage fand jedoch aus mehreren Gründen nicht ihre Zustimmung. Ihrer
Meinung nach gelingt es mit den vorliegenden Bestimmungen nicht,
überzählige Embryonen zu vermeiden, da nicht geregelt wurde, wie
viele Eizellen befruchtet werden dürfen. Außerdem sei nicht
nachvollziehbar, dass einerseits die Präimplantationsdiagnostik
beschränkt werde, andererseits Spätabtreibungen aber nicht.

Kritisch beurteilte Merckens außerdem, dass in Bezug auf die PID nur
die Zulassungsvoraussetzungen definiert wurden, es in Bezug auf die
Untersuchungsmethoden aber keinerlei Einschränkungen gebe. Man sehe
bei bestimmten Tests viel mehr als grundsätzlich untersucht werden
dürfe, gab sie zu bedenken und meinte, sie könne sich nicht
vorstellen, dass ein Arzt einen Embryo einpflanze, wenn er irgendeine
Krankheit sehe. Nicht in Ordnung fand es die Expertin darüber hinaus,
dass die Polkörperdiagnostik, mit der man über 100 Krankheiten
feststellen könnte, herausgenommen wurde. Was die Eizellenspende
betrifft, habe es keinen rechtlichen Handlungsbedarf gegeben, diese
in Österreich zu erlauben, betonte Merckens. Man hätte sich mit
dieser Frage gemäß dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof nur
ausführlich auseinandersetzen müssen.

Susanne Kummer (Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik)
stellte die grundsätzliche Frage, welche Frau zwischen 18 und 30
Jahren gratis ihre Eizellen zur Verfügung stellen wird, zumal
medizinische Risiken damit verbunden seien. Sie kenne sogar einen
Fall, wo eine junge Frau nach einer Eizellenspende verstorben ist.
Kummer vermutet daher, dass auch in Österreich - ebenso wie in
anderen Ländern - zumindest eine Aufwandsentschädigung dafür bezahlt
werden wird. Generell werde über die Risiken und Nachteile der
diversen Methoden viel zu wenig informiert, meinte sie. Es sei z.B.
kaum bekannt, dass von 100 Frauen, die sich einer In-vitro-
Fertilisation unterziehen, 80 ohne Kind nach Hause gehen. Aus dem
Traum werde damit allzu oft ein Trauma. Natürlich gehe es auch um
ökonomische Aspekte, gab Kummer zu bedenken; ihrer Meinung nach
werden die Frauen dem Markt ausgeliefert. Völlig ausgeblendet hat man
ihrer Ansicht nach auch das Wohl der Kinder, die darunter leiden
könnten, durch IVF erzeugt worden zu sein.

Marianne Karner vom Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (BIZEPS)
lehnte den Entwurf in weiten Teilen ab, vor allem was die Zulassung
der Präimplantationsdiagnostik betrifft. Wenn einmal ein Stein ins
Rollen gebracht werde, dann sei er so leicht nicht mehr zu stoppen,
warnte sie. Ausnahmebestimmungen können irgendwann einmal aufgeweicht
und die Liste der Krankheiten erweitert werden. Für sie stehe das
Recht des werdenden Lebens im Vordergrund, unterstrich Karner, Eltern
haben kein Recht auf ein gesundes Kind. Gerade aufgrund der
historischen Erfahrungen in Österreich sollte man alle Bestrebungen,
vorgeburtliches Leben anhand eines Rasters zu durchforsten und
eventuell zu eliminieren, unterbinden. Auch ein kurzes menschliches
Leben könne lebenswert sein, stellte Karner mit Nachdruck fest.
Dieses Gesetz sei das falsche Signal an die Gesellschaft.

Einer kritischen Beurteilung unterzog auch Universitätsprofessor
Matthias Beck (Institut für Moraltheologie der Universität Wien) den
Vorschlag der Regierungsparteien. Im Gegensatz zu Deutschland, wo
zwei Jahre lang ausführlich über die Weiterentwicklung der
Fortpflanzungsmedizin diskutiert wurde, werde der Vorschlag in
Österreich durchgepeitscht, bemängelte er. Ebenso wie Merckens wies
er darauf hin, dass man auch mit der Polkörperdiagnostik bereits über
100 Krankheiten feststellen könne. Eine bessere Abstimmung sollte es
mit den Pathologen geben, da diese derzeit nicht erfahren, ob ein
Kind mittels IVF gezeugt wurde oder nicht. Er befürchtete zudem, dass
die seelischen Folgen für die Kinder, die auf medizinisch
unterstützte Weise auf die Welt gekommen sind, nicht absehbar sind.
Begrüßenswert sei daher der Vorschlag, Langzeitstudien zu all diesen
Aspekten durchzuführen. Außerdem stellte er die Unabhängigkeit des
Experten Hengstschläger in Frage, der an IVF-Zentren beteiligt sei,
genetische Beratungen durchführe, in der Bioethikkommission sitze und
am vorliegenden Gesetz mitgeschrieben habe.

Für Hengstschläger, Maier und Kletecka-Pulker ist Gesetz längst
überfällig und gelungen

Universitätsprofessor Markus Hengstschläger (Institut für
Medizinische Genetik) machte einleitend darauf aufmerksam, dass die
Bioethikkommission in der Frage der Fortpflanzungsmedizin eine
ziemlich einheitliche Meinung vertrete und seit Jahren darauf dränge,
die heimische Gesetzeslage den aktuellen Gegebenheiten anzupassen.
Österreich sei bei dieser Debatte Schlusslicht in Europa, betonte der
Biologe, und auch der vorliegende Entwurf enthalte sehr strenge
Regelungen. So sind weiterhin Verfahren verboten, die in anderen
Ländern seit langem eingesetzt werden: Leihmutterschaft, Forschung an
Embryonen, genetische Einflussnahme auf Embryonen, Handel mit
Eizellen oder social egg freezing. Dies habe in der Vergangenheit
unter anderem dazu geführt, dass viele Personen, die es sich leisten
können, ins Ausland ausgewichen sind.

Die nun zur Diskussion stehenden Verfahren - IVF und PID - würden
seit Jahrzehnten angewandt und seien seit langem gut erforscht,
betonte Hengstschläger. Die Präimplantationsdiagnostik werde noch vor
der Zellteilung durchgeführt, weshalb es sich nach Ansicht aller
Experten und auch Weltreligionen - mit Ausnahme der katholischen - um
kein individuell schützenwertes Leben handelt. Die immer wieder
angeführte Polkörpermethode sei eine reine Diagnostik an der Eizelle
und finde noch vor Abschluss der Befruchtung statt; sie könne daher
nicht mit der PID verglichen werden.

Was die Untersuchung von Eizellen angeht, so könne man keine genaue
Zahl angeben, da dies abhängig von der jeweiligen Erbkrankheit ist.
Generell informierte Hengstschläger darüber, dass nur 1 % aller
Behinderungen genetisch bedingt seien und befruchtete Eizellen nur
auf wenige dieser Erbkrankheiten untersucht werden dürften; von
Rasterfahndung könne daher überhaupt keine Rede sein. Die Festsetzung
von drei Fehlgeburten als Voraussetzung für eine PID habe man deshalb
gewählt, weil laut aktuellem Stand der Wissenschaft erst dann ein
Verdacht auf Abort aufgrund von genetischen Gründen vorliege.
Zustimmend äußerte sich Hengstschläger zum Vorschlag, auch den
privaten Sektor im Bereich der künstlichen Befruchtungen ins Register
aufzunehmen. Die Datenschutz- und Beratungspflichten seien hingegen
sehr streng geregelt, urteilte er.

Mit Nachdruck verwehrte sich Hengstschläger noch gegen die
persönliche Kritik an ihm. Er sei kein Arzt, er führe keine
künstlichen Befruchtungen durch und er sei auch an keinen
Reproduktionseinrichtungen beteiligt. Außerdem habe er für seine
Arbeit in der Bioethikkommission regelmäßig Informationen bezüglich
Unvereinbarkeiten vorzulegen.

Sie befasse sich nun schon seit über 20 Jahren mit der
Reproduktionsmedizin, konstatierte Universitätsprofessorin Barbara
Maier (Vorständin Gynäkologie u. Geburtshilfe Hanusch Krankenhaus),
und kenne dadurch sehr viele Einzelschicksale von Frauen. Durch die
Betreuung von Patientinnen, die einen Spätabbruch durchführen, wisse
sie, welch traumatische Erfahrungen damit verbunden sind. Durch die
neuen Möglichkeiten der Präimplantationsdiagnostik, die zu einem ganz
frühen Zeitpunkt wichtige Erkenntnisse liefere, könne man daher sehr
viel Leid vermeiden, war sie überzeugt. Sie regte zudem an, die
Voraussetzung für die PID, dass zumindest drei Aborte nachgewiesen
werden müssen, zu lockern bzw. eine Altersindikation in diesem
Bereich einzuführen. Ein ganz wichtiges Anliegen war ihr das
Qualitätsmanagement sowie die Orientierung am Kindeswohl. Maier trat
daher mit Nachdruck für die Durchführung von Langzeitstudien ein, wo
u.a. untersucht werde, wie die Schwangerschaften verlaufen, wie es
den Kindern danach geht etc.

Maria Kletecka-Pulker (Institut für Ethik und Recht in der Medizin)
erinnerte daran, dass die heute behandelten Fragen schon lehr lange
in den verschiedensten Gremien, u.a. der Bioethikkommission,
diskutiert wurden. Sie sei jedenfalls sehr froh darüber, dass nun ein
im Großen und Ganzen gelungener Vorschlag auf dem Tisch liegt, der
sich an den realen Lebensumständen der Menschen und dem medizinischen
Fortschritt orientiere. Viele Kritikpunkte konnte sie nicht
nachvollziehen, da ihrer Auffassung nach das Gesetz sehr klare
Vorgaben gibt und es letztendlich dem Selbstbestimmungsrecht der
Frauen obliegen müsse, welche Möglichkeiten sie für sich in Anspruch
nehmen wollen. Kletecka-Pulker bezweifelte auch, dass die Kinder
damit ein Problem haben, durch IVF gezeugt worden zu sein, wenn sie
entsprechend informiert und aufgeklärt werden. Ihrer Meinung nach
sollte man sich noch überlegen, wie man die Bedürfnisse
alleinstehender Frauen sowie die Möglichkeit der pränatalen Adoption
besser berücksichtigen könne.

FPÖ hätte sich ausführlichere Diskussion gewünscht

Im Rahmen der Diskussion kritisierte zahlreiche Abgeordnete die kurze
parlamentarische Beratungsfrist für den von der Regierung vorgelegten
Gesetzentwurf. Gerade so ein sensibles Thema müsste ausführlich
beraten werden, hielt etwa Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) fest.
Man habe vor 70 Jahren erlebt, welche fatalen Auswirkungen die
Unterscheidung in lebenswertes und nicht lebenswertes Leben haben
könne. Stattdessen werde der Regierungsentwurf unter Zeitdruck
einfach durchgepeitscht. Ein von der FPÖ eingebrachter
Vertagungsantrag fand allerdings lediglich die Unterstützung des Team
Stronach.

Karlsböcks Fraktionskollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein monierte,
dass das Gesetz in etlichen Punkten unklar formuliert sei. Zudem hat
ihr zufolge das Hearing gezeigt, dass es völlig unterschiedliche
Standpunkte gebe, die für sie alle ihre Berechtigung haben. Konkret
als Problem wertete Belakowitsch-Jenewein etwa, dass Frauen dem
Gesetz zufolge theoretisch zwischen dem 18. und dem 30. Lebensjahr
jedes Jahr eine Eizelle spenden können. Zudem gehen ihr die Ausnahmen
vom Verbot der Präimplantationsdiagnostik zu weit.

Grüne bringen zahlreiche Abänderungs- und Entschließungsanträge ein

Grundsätzlich großes Lob für das Gesetz kam hingegen von Grün-
Abgeordneter Daniela Musiol. Sie werde dem Entwurf in Dritter Lesung
auf jeden Fall zustimmen, sagte sie. Musiol hofft allerdings, dass
einige Anliegen der Grünen noch aufgegriffen werden und brachte
gemeinsam mit ihrer Fraktionskollegin Eva Mückstein zur Bekräftigung
der Forderungen eine Reihe von Abänderungs- und
Entschließungsanträgen ein.

Den Grünen geht es unter anderem darum, auch alleinstehenden Frauen
Zugang zu einer Samenspende zu gewähren, begleitend zu erforschen,
welche körperlichen und psychosozialen Auswirkungen die medizinisch
unterstützte Fortpflanzung auf die betroffenen Kinder und ihre
Familien hat, und ein österreichweit zentrales Register für
Spenderdaten einzurichten, um die Durchsetzung des Rechts von Kindern
zu erleichtern, Auskunft über ihren leiblichen Vater bzw. ihre
leibliche Mutter zu erhalten. Außerdem drängen sie darauf, dass die
Eltern im Falle einer Eizellenspende oder einer Samenspende durch
eine dritte Person einen Rechtsanspruch auf psychologische Beratung
und psychotherapeutische Betreuung erhalten und die Kosten dafür von
der öffentlichen Hand getragen werden. Erhoben werden sollen auch
umfassende Daten in Zusammenhang mit In-vitro-Fertilisationen, etwa
was körperliche und psychische Komplikationen der Mutter,
Frühgeburten, Mehrlingsgeburten und Fehlbildungen der Kinder
betrifft.

Musiol plädierte überdies dafür, für den Rechtsanspruch der Kinder,
den Namen des leiblichen Elternteils zu erfahren, kein Alterslimit
festzulegen. Außerdem sollte man sich ihr zufolge bis zu den
Plenarberatungen noch überlegen, ob es in Anbetracht der Ausführungen
der ExpertInnen nicht sinnvoll wäre, die Zahl der Eizellespenden nach
oben hin zu begrenzen, da eine Eizellenspenderin jedes Mal einer
Hormonstimulation und damit hohen Belastungen ausgesetzt sei.

Ausschussfeststellung zu innerfamiliären Eizellenspenden

Zumindest vorerst konnten sich die Grünen mit ihren Anträgen nicht
durchsetzen, lediglich NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak stimmte zu.
Allerdings wurde eine von den Grünen initiierte Ausschussfeststellung
mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS angenommen. Demnach
geht der Gesundheitsausschuss davon aus, dass die von einer
Eizellenspende betroffenen Eltern und Familienmitglieder auch über
mögliche Auswirkungen der Eizellspende innerhalb der Familien
aufgeklärt werden. Abgeordnete Mückstein befürchtet, dass es bei
innerfamiliären Eizellenspenden zu unabsehbaren komplexen
innerfamiliären Beziehungsverstrickungen und zu
Identitätsdiffussionen kommt, etwa wenn sich das Kind beim ersten
echten Konflikt mit den sozialen Eltern seinem biologischen
Elternteil zuwendet.

Generell hob Mückstein die Notwendigkeit hervor, besonderes Augenmerk
auf das Kindeswohl zu richten. Aus ihrer Arbeit als Psychotherapeutin
wisse sie, dass das Wissen über die eigene Herkunft Auswirkungen auf
die Identitätsfindung und das Beziehungsgeschehen in der Familie
habe, merkte sie an. Eine altersgerechte Aufklärung und Information
sollte daher so früh wie möglich stattfinden.

Kritik vom Team Stronach, Lob von den NEOS

Team-Stronach-Abgeordneter Marcus Franz zeigte kein Verständnis für
die rasche Beschlussfassung des Gesetzes. Rechtssicherheit sei
wichtig, diese müsse sich aber auf einem ethischen Grundgerüst
bewegen, meinte er. Schließlich würde der Grundkern der Lebensfrage
berührt. Nach Meinung von Franz stellt man sich viel zu wenig die
Frage, wohin das Ganze führe. Wenn sich das Parlament mit der Würde
am Ende des Lebens auseinandersetze, müsse es sich auch mit der Würde
am Anfang des Lebens beschäftigen. Es gehe nicht an, dass tausende
Embryone "einfach verworfen werden".

Lob für den Gesetzentwurf gab es hingegen von NEOS-Abgeordnetem
Nikolaus Scherak. Die Liberalisierungsschritte im Bereich der
Fortpflanzungsmedizin seien richtig, konstatierte er. Allerdings
bedauerte auch Scherak, dass sich das Parlament in den vergangenen
Jahren nicht ausführlicher mit der Frage der Fortpflanzungsmedizin
befasst hat.

Einen intensiveren politischen und öffentlichen Diskurs hätte sich
auch Grün-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber gewünscht. Es sei positiv,
dass in manchen Bereichen Rechtssicherheit geschaffen werde, man
dürfe die Sache aber nicht allein aus dem Blickwinkel der technischen
Möglichkeiten betrachten, warnte er. Es gelte zu verhindern, dass
eine Entwicklung eintrete, wo kommerzielle Interessen der
Fortpflanzungsindustrie überwiegen und es nicht mehr vorrangig um die
Interessen der Betroffenen gehe.

Koalition will Anträge der Grünen prüfen

Auch ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg hätte sich mehr
Zeit für die Diskussion über die Änderungen im Fortpflanzungsrecht
gewünscht. Vielleicht wäre dieses Thema im Rahmen einer Enquete-
Kommission besser aufgehoben gewesen, meinte er. Was das Thema
Spätabtreibungen betrifft, so wertete es Huainigg als unerträglich,
dass es in Österreich möglich sei, Föten im Mutterleib durch einen
Herzstich zu töten.

ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger sagte den Grünen zu, ihre
Anträge zu prüfen. Insgesamt wurde seiner Ansicht nach "ein
vernünftiger, eher strenger" Kompromiss gefunden. Ausdrücklich
betonten Rasinger und SPÖ-Abgeordneter Erwin Spindelberger, dass die
Präimplantationsdiagnostik weiter verboten bleibe, nur bestimmte
Fälle würden vom Verbot ausgenommen. "Wir öffnen nicht die Büchse der
Pandora", bekräftigte Spindelberger. Es gebe genug Riegel im Gesetz
gegen zu weitgehende Untersuchungen. Auch generell zeigte sich
Spindelberger mit dem Kompromiss zufrieden, er hätte es allerdings
begrüßt, wenn auch alleinstehende Frauen Samenspenden erhalten
dürften.

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) meinte, die Entscheidung
darüber, ein Kind zu bekommen oder nicht, obliege allein den Frauen.
Es sei erwiesen, dass viele Familien, in denen es behinderte Kinder
gibt, scheitern und oft die Frauen alleine übrig bleiben. Dies sollte
man bei der Diskussion auch nicht außer Acht lassen.

Brandstetter: Es gibt keine Alternative zum vorliegenden Gesetz

Justizminister Wolfgang Brandstetter ließ sich von den Einwänden der
ExpertInnen nicht überzeugen und blieb bei seiner Meinung, dass mit
dem Gesetz ein "vernünftiger Interessensausgleich" gelungen sei. Über
einzelne Formulierungen könne man noch diskutieren, meinte er,
grundsätzlich sieht er aber keine Alternative zum vorliegenden
Entwurf. Es wäre niemandem geholfen, würde das Parlament das Gesetz
nicht beschließen, vielmehr käme es dann zu noch mehr
Rechtsunsicherheit.

Die KritikerInnen der Eizellenspende übersehen, dass das
Fortpflanzungsmedizingesetz nicht für sich alleine stehe, sondern in
das gesamte System der Rechtsordnung eingebunden sei, sagte
Brandstetter. Jede Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, die
keine Heilbehandlung sei, sei laut Strafgesetzbuch grundsätzlich
verboten, für Ausnahmen brauche es die ausdrückliche Einwilligung des
Verletzten. Das sei bei Nierenspenden nicht anders als bei
Eizellenspenden. Schon in der Vergangenheit habe die
Sittenwidrigkeitsklausel erfolgreich verhindert, dass jemand in
Österreich auch nur den Versuch unternommen hätte, ein Organ zu
verkaufen, die selbe Bestimmung schiebe auch der Kommerzialisierung
der Eizellenspende einen Riegel vor. Zumal es, was die Frage der
Einwilligung betrifft, eine klare Judikatur gebe. Eine Eizellenspende
werde eine Eizellenspende bleiben, ist Brandstetter überzeugt. Auch
für die Zahl der Eizellenspenden ist die Bestimmung im
Strafgesetzbuch ihm zufolge anwendbar.

Brandstetter stellte außerdem die Frage in den Raum, aus welchem
Grund der Staat es einer Frau verbieten solle, ihrer unfruchtbaren
Schwester eine Eizelle zu spenden. Es sei damit kein Maß an
Sozialschädlichkeit verbunden, das es gebieten würde, eine solche
Spende zu verbieten, hielt er fest. Dass das Auseinanderfallen von
genetischer und sozialer Elternschaft zu Problemen führen könnte,
wisse man, sagte Brandstetter, das gelte aber im gleichen Ausmaß für
Scheidungskinder, deren Eltern eine neue Partnerschaft eingehen. Die
Probleme seien bewältigbar.

In Richtung von Merckens hielt Brandstetter fest, die Judikatur des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gebiete seiner Meinung
nach sehr wohl die Zulassung von Eizellenspenden. Es habe keinen
Sinn, nun eine Minimalkorrektur des Gesetzes vorzunehmen und beim
nächsten EGRM-Urteil wieder "nachzujappeln". Das alleinstehende
Frauen auch in Zukunft keinen Zugang zu Samenspenden haben,
begründete der Justizminister mit dem Kindeswohl und wies darauf hin,
dass dabei auch das Familienrecht hineinspiele. Eine stabile
Partnerschaft sei im Interesse des Kindes, betonte er.

Oberhauser will an eugenischer Indikation nicht rütteln

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser begründete den Umstand, dass
Samenspenden für alleinstehende Frauen verboten bleiben, damit, dass
es sich beim Gesetz um einen Kompromiss handelt. An der so genannten
eugenischen Indikation, die ein Abtreiben von Kindern mit schwerster
Behinderung auch nach dem dritten Schwangerschaftsmonat erlaubt, will
Oberhauser in keinem Fall rütteln. Es gebe ganz wenige Fälle, in
denen die eugenische Indikation zum Tragen komme, kein Arzt, keine
Mutter, kein Vater nehme diese belastende Prozedur leichtfertig auf
sich.

Neue Spezialqualifikation "Basismobilisation" für HeilmasseurInnen

Ebenfalls mit den Stimmen der SPÖ, der ÖVP und der NEOS billigte der
Gesundheitsausschuss einen Gesetzentwurf, mit dem das medizinische
Masseur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz und das Medizinische
Assistenzberufe-Gesetz geändert werden (444 d.B.). Die
Gesetzesnovelle ermöglicht es medizinischen MasseurInnen und
HeilmasseurInnen künftig, durch eine 80-stündige Zusatzausbildung die
Spezialqualifikation "Basismobilisation" zu erwerben. Damit erhalten
sie die Berechtigung, PatientInnen bei der Verbesserung ihrer
Mobilität zu unterstützen und sie im sicheren Umgang mit Gehhilfen zu
schulen. Außerdem sind Erleichterungen für gewerbliche MasseurInnen
vorgesehen: Sie müssen im Rahmen der verkürzten Ausbildung zum
medizinischen Masseur bzw. zur medizinischen Masseurin nur noch 580
statt 875 Praxisstunden absolvieren.

Mit dem Gesetzespaket werden überdies die gesetzlichen Vorgaben für
die Ausübung des gehobenen medizinischen-technischen Dienstes (MTD)
entrümpelt. Die Berufsausübung kann künftig ohne Einschränkung gemäß
dem jeweiligen Berufsbild der sieben MTD-Sparten sowohl im Rahmen
eines Arbeitsverhältnisses als auch freiberuflich erfolgen.
OrdinationsassistentInnen wird gestattet, ihren Beruf auch in nicht
bettenführenden Stationen von Krankenhäusern auszuüben.

Seitens der Grünen behielt sich Abgeordnete Judith Schwentner die
Zustimmung im Plenum vor. Das Gesetz gehe in die richtige Richtung,
einiges sei ihr aber noch zu diffus, meinte sie. So kann sie etwa
keine klare Abgrenzung zwischen der Tätigkeit von
PhysiotherapeutInnen und MaseurInnen in der Frage der
Patientenmobilisation erkennen. Dem hielt Gesundheitsministerin
Sabine Oberhauser entgegen, es handle sich um ganz unterschiedliche
Tätigkeitsprofile. Für sie ist klar geregelt, was wer tun dürfe.
(Fortsetzung Gesundheitsausschuss) sue/gs

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

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