• 11.12.2014, 18:23:57
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Wachstum schwächelt, Budgetvollzug wird schwieriger

Bundesrechnungsabschluss liefert Nationalrat Informationen zur Finanzlage des Bundes

Utl.: Bundesrechnungsabschluss liefert Nationalrat Informationen zur
Finanzlage des Bundes =

Wien (PK) - Der neugestaltete Bundesrechnungsabschluss 2013, die
Haushaltsplanung 2015, die Verlängerung des geltenden
Finanzausgleichs bis 2016 und das neue Eigenmittelsystem der EU, das
bis 2020 gelten soll - das waren die teils gewichtigen Dokumente zur
Budgetpolitik, die die Nationalratsabgeordneten samt dazugehörigen
Analysen des Parlamentarischen Budgetdienstes heute im Nationalrat
debattierten. Inhaltlich konzentrierten sich die Parlamentarier in
der Debatte mit Finanzminister Hans Jörg Schelling auf die Frage, wie
die Budgetziele angesichts der Wachstumsschwäche erreicht und eine
Steuerreform mit einer deutlichen Entlastung der ArbeitnehmerInnen
finanziert werden kann. Dabei ging es in der Diskussion vorab um das
ökonomisch richtige Verhältnis zwischen wachstumsfördernden Ausgaben
und Strukturreformen zur Fortsetzung der Budgetkonsolidierung.

Österreichs Budgetpolitik und die europäischen Fiskalregeln

Zunächst stand die Umsetzung des Budgets 2015 zur Debatte. Der im Mai
2014 beschlossene Bundesvoranschlag 2015 baute auf einer BIP-Prognose
von 1,7% auf und sah ein gesamtstaatliches Maastricht-Defizit von
1,4% sowie eine Senkung des strukturellen Defizits um 0,1% auf 0,9%
des BIP vor. Die deutlich ungünstigere Konjunktur - die BIP-
Wachstumsprognose lautet nunmehr auf 1,2% - dürfte das
gesamtstaatliche Maastricht-Defizit auf 1,9% des BIP erhöhen.
Aufrecht bleibt das Ziel der Regierung, ab 2016 einen strukturell
ausgeglichenen Haushalt des Gesamtstaates und eine sukzessive Senkung
der Staatsschuldenquote zu erreichen, erklärte Finanzminister Hans
Jörg Schelling den Abgeordneten anhand der Übersicht zur
Haushaltsplanung 2015. Die Kenntnisnahme des Berichts erfolgte nach
lebhafter Debatte mehrheitlich. Ein Entschließungsantrags der Grünen
zum Thema "Goldene Regel für Investitionen blieb in der Minderheit.

Österreich hat ein Ausgabenproblem

"Wir steuern auf eine Rezession zu", sagte Elmar Podgorschek (F)
eingangs der Debatte und sah Österreich vor enormen Herausforderungen
bei der Einhaltung des Budgetpfads stehen. Da die Einnahmen aus der
Lohnsteuer jene aus der Mehrwertsteuer bereits überholt haben und die
Steuerbelastung insgesamt bereits so hoch sei, sei eine Steuerreform
notwendig. Völlig ausgeschlossen seien neue Steuern oder
Steuererhöhungen. "Wir haben ein Ausgabenproblem", sagte Podgorschek
und mahnte Reformen in Richtung eines schlankeren Staates ein.

Dieser Ansicht ihres Vorredners schloss sich Gabriele Tamandl (V) an.
Sie klagte über steigende Ausgaben für Pensionen und für den
Arbeitsmarkt. Die Aufgabe laute, "bei den Ausgaben zu sparen und die
Frage zu lösen, wie die Steuerreform gegenfinanziert werden soll",
denn die Steuerreform sei nicht ins Budget 2015 eingepreist. Tamandl
will die Transparenzdatenbank mit Leben erfüllen und begrüßt
ausdrücklich die Absicht, finanziell bis 2020 zu planen und auch die
Wirtschaft zu entlasten. Es gehe um eine kräftige Senkung der Steuer-
und Abgabenquote. Auch Tamandls Fraktionskollege Andreas Zakostelsky
sah die finanzpolitischen Herausforderungen angesichts rückläufiger
Wirtschaftsprognosen steigen, wobei er Finanzminister Schelling für
dessen verantwortungsbewusste Äußerungen lobte und es seinerseits
ablehnte, eine Steuerreform auf Pump oder mit einer
Mittelstandssteuer zu finanzieren.

Europa und Österreich brauchen Investitionen

Ganz anderer Ansicht war Bruno Rossmann (G), der "ein
Ausgabenstrukturproblem und ein Einnahmenstrukturproblem" ortete. Als
Hauptproblem identifizierte Rossmann aber die Rezession, vor der
Österreich stehe und die steigende Arbeitslosigkeit. Während eine
Deflation drohe, setze der Finanzminister den Konsolidierungskurs
fort, um Vorgaben des Wachstums- und Stabilitätspakt einzuhalten,
ohne konkrete Auskunft über die Maßnahmen zu geben. Während
Deutschland von Europa einen Austeritätskurs verlange, habe Juncker
schon verstanden, dass Investitionen notwendig seien, aber sein
völlig ungenügendes Paket werde aber nur psychologisch wirken. Was
Österreich und Europa braucht, sei ein radikales Umdenken in Richtung
nachhaltige Wachstumspolitik. Die EU braucht ein ökologisches
Wachstumspaket und eine Goldene Regel für Investitionen, sagte
Rossmann und legte dazu einen Entschließungsantrag seiner Fraktion
vor.

Österreich habe Grund, stolz auf den Grad seiner Zielerreichung in
der Haushaltspolitik zu sein, sagte Markus Vogl (S). Was abweiche,
seien die Wirtschaftsprognosen. Österreich erreichen seine
Budgetziele, weil sich Lohnsteuer und Körperschaftssteuer gut
entwickeln, während der Konsum stark stagniere. Die etwas höhere
Inflationsrate in Österreich sollte man nicht kritisieren, sie sei
ökonomisch günstiger als die Deflation, die sich in Europa ausbreite.
Es sei wichtig, Wachstum zu erzeugen, was für Österreich möglich sei,
weil es als stabil gelte und für seine Anleihen historisch niedrige
Zinsen zahlen müsse.

Gegen "sozialistische Umverteilungsstrategien"

Von düsteren Aussichten für die österreichische Wirtschaft sprach
hingegen Kathrin Nachbaur (T): Während die Staatsschulden steigen,
nehmen die Investitionen der Unternehmen ab und die Arbeitslosigkeit
steige deutlich, weil die Arbeitskosten zu hoch seien und die
Wettbewerbsfähigkeit abnehme. Nachbaur will Doppelgleisigkeiten und
Ineffizienzen beseitigen und erteilte der Ansicht eine Absage,
Einnahmenausfälle infolge der Steuerreform sollten durch neue und
höhere Steuern kompensiert werden. "Sozialistische
Umverteilungsstrategien" lehnte die Rednerin ab. Statt den
Klassenkampf zu schüren, gehe es darum, Investoren ins Land zu holen
- so erhöhe man die Steuereinnahmen.

Dramatische Entwicklungen im Haushalt und insbesondere bei den
Pensionsausgaben registrierte Rainer Hable (N). Während das Defizit
und die Staatsschulden steigen, verspreche der Finanzminister der EU
Nachbesserungen im Budget, ohne dies ausreichend zu konkretisieren.
Nun erwarte die EU-Kommission eine erhebliche Abweichung Österreichs
vom mittelfristigen Budgetpfad. Auch ein Verstoß gegen die
Fiskalpaktregeln sei zu befürchten. In der Strukturreform registriere
die EU in Österreich nur begrenzte Fortschritte, klagt Hable, der
anders als Rossmann keinen Austeritätskurs erkennen kann: Die
Ausgaben sind seit der Finanzkrise gestiegen. Hauptziel einer
Steuerreform müsse laut Rainer Hable eine Entlastung der BürgerInnen
sein. Da sei anzusetzen, weil die BürgerInnen angesichts
stagnierender Einkommen und steigender Steuerbelastung weniger
konsumieren und investierten.

Schelling weiterhin für strikte Haushaltsführung

Finanzminister Hans Jörg Schelling machte darauf aufmerksam, dass der
Konjunktureinbruch nicht auf Österreich beschränkt sei, sondern
weltweit zu beobachten sei. Reformen seien wichtig, räumte der
Finanzminister ein, der aber auch Positives zu berichten wusste:
Österreich werde in der EU zu den stabilen Ländern gezählt und habe
sein Budget bei der Kommission durchgebracht. Die Exporte werden vom
günstigen Eurokurs und dem sinkenden Ölpreis beflügelt und die EU
plane zusätzliche Investitionen. "All das bewahrt und aber nicht vor
einer strikten Haushaltsführung", schloss Schelling.

Auf eine positive Einschätzung des Haushaltsplans für 2015 von Seiten
des Fiskalrats wies Johann Hell (S) hin. Die Regierung setze
Zukunftsmaßnahmen für die Breitbandversorgung und die
Kreativwirtschaft. Da die Steuereinnahmen zu 80% von den
ArbeitnehmerInnen stammten, sei bei der Budgetkonsolidierung darauf
zu achten, das Wachstum nicht zu beeinträchtigen. "Wir brauchen
Beschäftigungsimpulse und Sozialmaßnahmen, weil sie Wachstum
schaffen", schloss Hell.

Eine Verwaltungsreform vermisste Gerald Loacker (N). Es sei
bezeichnend, dass es die Republik nicht einmal schaffe "ein paar
Musikkapellen beim Bundesheer zusammenzulegen". Die Pensionsausgaben
explodieren mit einer Dynamik von 10% pro Jahr. Daher plädierte
Loacker für die Einführung eines Automatismus bei der Festsetzung des
Pensionsantrittsalter nach Maßgabe der Entwicklung des Lebensalters.
Auch bei der Pflege werde das Geld beim Fenster hinaus geworfen und
komme nicht bei den Bedürftigen an. Die nächste Generation wird für
die Versäumnisse dieser Regierung "brennen", klagte Loacker.

Bundesrechnungsabschluss 2013 zeigt Entwicklung des Bundesvermögens

Als Schlussstein der Haushaltsreform bezeichneten Abgeordnete den
Bundesrechnungsabschluss 2013, der die Haushaltsreform vollendet und
erstmals nicht nur Geldflüsse abbildet, sondern in einer
Ergebnisrechnung auch über die Entwicklung des Bundesvermögens
informiert. Die finanzielle Situation des Bundes wird markanter denn
je darstellt. Mit 7,237 Mrd. € war der Verbrauch an Bundesvermögen
2013 größer als das Defizit in der traditionellen
Finanzierungsrechnung (4,203 Mrd. €). Der Rechnungshof - Autor der
Bundesbilanz zum Vorjahr - macht Aufwendungen und auch den
Ressourcenverbrauch sichtbar, der nicht mit Zahlungen verbunden ist.
2013 stammten Aufwendungen großteils aus der Abwertung von
Beteiligungen (3,119 Mrd. €), etwa bei der Hypo-Alpe-Adria (2,498
Mrd. €), beim Verbund (385 Mio. €) und bei den Volksbanken (222 Mio.
€). Dazu kommen Wertberichtigungen und Forderungsabgänge (1,256 Mrd.
€), vor allem bei öffentlichen Abgaben (1,007 Mrd. €), Rückstellungen
für Personal (345 Mio. €) und Prozesskosten (247 Mio. €) sowie die
Abschreibung materieller und immaterieller Vermögenswerte (451 Mio.
€). Der Vermögenstand des Bundes war 2013 deutlich negativ: Das Minus
aus Vermögen und Fremdmitteln betrug 140,591 Mrd. €. Der Beschluss
des Bundesrechnungsabschlusses erfolgte mehrheitlich.

Budgetkonsolidierung ohne Strukturreformen nicht möglich

Elmar Podgorschek (F) sah die Einnahmen aus der Besteuerung des
Faktors Arbeit gegenüber Konsumsteuern steigen, verlangte
Steuerentlastungen und riet, dabei die Sozialabgaben nicht außer Acht
zu lassen. Sorge bereite auch der rückläufige Beschäftigungszuwachs
bei steigender Arbeitslosigkeit. Handlungsbedarf sah Podgorschek bei
der Finanzierung der Pensionen. Angesichts hoher Rücklagenbestände
sei eine Rückkehr des Dezemberfiebers zu erwarten, wenn man den
Ressorts die Möglichkeit nehme, Rücklagen aufzulösen. Nur eine
massive Ausgaben- und Einnahmenstrukturreform wird eine nachhaltige
Konsolidierung des Budgets ermöglichen, zeigte sich Podgorschek
überzeugt.

Ein gerechter Beitrag des Kapitals zur Finanzierung des Staates

"Das Budget des Jahres 2013 hat gehalten", sagte Kai Jan Krainer (S).
Es war nicht auf Sand gebaut, wie die Opposition bei dessen
Beschlussfassung behauptet hatte. In der Strukturreformdebatte sah
Krainer die Politik zur Entscheidung aufgerufen, welche Aufgaben der
Staat erfüllen soll. Und er soll dafür sorgen, dass diese Aufgaben
effizient erledigt werden. Privatisierte Bildungssysteme in anderen
Ländern ließen jedenfalls erkennen, dass staatliche Schulen besser
und kostengünstiger seien als private. Wenn 85% der Steuern und
Abgaben die Arbeitnehmer zahlten, Kapital und Vermögen aber nicht
einmal 15%, stimme die Struktur der Einnahmen nicht. Die Steuern für
die Arbeitnehmer seien zu senken. Dies auch deshalb, weil Österreich
bei der Besteuerung von Kapital und Vermögen in Europa weit hinten,
bei der Besteuerung des Faktors Arbeit hingegen im Spitzenfeld liege.
Die Vorschläge der SPÖ zur Steuerreform sind technisch geprüft und
stimmig. Es geht um einen gerechteren Beitrag von Vermögen und
Kapital zur Finanzierung des Staates.

Dieser Ansicht schloss sich Bruno Rossmann (G) an und verlangte
seinerseits eine höhere Besteuerung der Vermögen bei Entlastung des
Faktors Arbeit. Die Frage sei, wie dies die SPÖ mit einem
Koalitionspartner ÖVP umsetzen wolle. Kurzfristig sei eine
Steuerreform mit einer Föderalismusreform oder einer
Verwaltungsreform nicht zu finanzieren. Den Budgetvollzug 2013
beurteilte Rossmann positiv.

Lob für den Rechnungshof

Gabriele Tamandl (V) bedankte sich beim Rechnungshof für den
erweiterten und neu gegliederten Bundesrechnungsabschluss und schlug
angesichts von 17 Mrd. € an Rücklagen vor, sich bei der Evaluierung
des neuen Haushaltsrechts mit dem Thema Rücklagenauflösung zu
befassen. Die Ansicht Rossmanns, die Regierung hätte keine
vermögensbezogenen Steuern eingeführt, wies Tamandl zurück und
erinnerte an die Einführung von Zuwachssteuern bei Immobilien- und
Wertpapiererträgen. Die ÖVP ist aber gegen Substanzbesteuerungen.

Licht und Schatten sah Rainer Hable (N) beim neuen
Bundesrechnungsabschluss, der jedenfalls einen Meilenstein darstelle,
weil die Staatsfinanzen in der Form eines modernen Rechnungswesen
dargestellt werden und eine Demokratie Transparenz bei der
Darstellung der Staatsfinanzen brauche. So erkenne man, dass der Bund
- ohne Berücksichtigung von Pensionsversprechen - mit 140 Mrd. €
überschuldet sei und die Staatseinnahmen 2013 - bei einem BIP-
Wachstum nahe null - um 8% stiegen. Damit werde die Notwendigkeit
einer Steuerreform noch deutlicher.

Die Haushaltsreform wird in allen Ressorts gut umgesetzt, lobte
Christoph Matznetter (S). Österreich habe eine solide
Haushaltsführung und habe seine Budgetziele 2013 eingehalten, obwohl
sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechterten. Bei
einer Gesamthöhe von 17 Mrd. € an Rücklagen, die nicht gleichzeitig
abgebaut werden können, steige die Gefahr einer negativen Motivation
beim Sparen und einer Rückkehr des Dezemberfieber, warnte Matznetter.

Widerspruch kam von Erwin Angerer (F). Die Regierung könne solide
Budgetvollzugszahlen zum Jahr 2013 nur deshalb vorlegen, weil sie den
SteuerzahlerInnen das Geld aus der Tasche ziehe. Tatsächlich betrage
die Staatsverschuldung 125% des BIP. Reformen fehlten laut Angerer in
den Bereichen Gesundheit, Arbeit und Soziales, während die Ausgaben
für Bildung, Forschung, Entwicklung und Investitionen zurückgingen.
Die Realwirtschaft werde zerstört, Spekulanten geschont, fleißige
Menschen aber bestraft, formulierte Angerer drastisch.

Die Budgetzahlen haben 2013 gehalten und der Primärsaldo ist positiv,
freute sich Franz Leonhard Eßl (V). Problemzonen erkannte der Redner
bei den Pensionen, der Finanzierung der Staatsschuld und beim
Personalbedarf. Eine Lanze brach Eßl für die Förderung des ländlichen
Raums, der Lebensqualität biete und gesunde Lebensmittel liefer.
Eigentum, das Menschen durch harte Arbeit erwerben und dabei viel
Steuern zahlen, soll nicht noch zusätzlich besteuert werden, sagte
Eßl zum Thema Steuerreform.

Wir verbrauchen mehr Ressourcen als uns zusteht

Rechnungshofpräsident Josef Moser bedankte sich für die positive
Resonanz des Bundesrechnungsabschlusses und erläutert die neue Form
des großen Zahlenwerks. Der Bundesrechnungsabschluss biete nun auch
eine Sicht auf die Ressourcen und Informationen über das Vermögen des
Staates. Ergebnis- und Vermögensrechnung zeigten, ob Österreich
reicher oder ärmer werde und mache Qualitätsverbesserungen
ersichtlich. Wichtig sei es, die Haushaltsreform bundesweit zu
harmonisieren, sagte Moser. Die Ergebnisse zeigten, dass Maßnahmen
gesetzt werden müssen, um die die Nachhaltigkeit erhalten.
Handlungsbedarf bestehe bei der Ineffizienz der Verwaltung. Das Ziel,
den Haushalt 2015 strukturell auszugleichen, werde nicht erreicht und
es drohe eine signifikante Abweichung vom Wachstums- und
Stabilitätspakt. "Wir brauchen Maßnahmen, um den Zuwachs bei den
Pensionsausgaben zu bremsen und genügend Mittel für Bildung und
Forschung übrig zu haben." Auch die steigende Arbeitslosigkeit werde
zusätzliche Ausgaben erfordern. Der RH-Präsident hält es für
notwendig, ein finanzielles Gesamtkonzept zu erstellen, um die
Generationengerechtigkeit aufrecht zu erhalten. Derzeit ist der
Ressourcenverbrauch höher als uns dies zusteht, sagte Moser.

Finanzausgleich verlängert - Reformdebatte gestartet

Da Bund, Länder und Gemeinden Zeit für Beratungen über eine
grundsätzliche Reform des Finanzausgleichs brauchen, verlängern sie
den geltenden Finanzausgleich um zwei Jahre, nämlich bis Ende 2016.
Eine diesbezügliche Bund-Länder-Vereinbarung samt Änderung des
Finanzausgleichsgesetzes sieht wegen der Einrichtung von
Landesverwaltungsgerichtshöfen und der Transparenzdatenbank für 2015
und 2016 einen Beitrag des Bundes von jeweils 10 Mio. € vor.
Zweckzuschüsse für den Ausbau der Kinderbetreuung und der frühen
sprachlichen Förderung an die Länder bleiben aufrecht. 15a-
Vereinbarungen über Organisation und Finanzierung des
Gesundheitswesens, die thermische Gebäudesanierung und die
bedarfsorientierte Mindestsicherung gelten automatisch weiter. Die
mit Ende 2014 befristeten Vereinbarungen über die gemeinsame
Förderung der 24-Stunden-Betreuung und die Abgeltung der
medizinischen Versorgung der Insassen von Justizanstalten in
öffentlichen Spitälern wurden ausdrücklich bis 2016 verlängert. Die
im Transparenzdatenbankgesetz vorgesehene Frist für die Einsicht der
Länder in Bundesdaten wird um ein Jahr auf den 31. Dezember 2015
verschoben. Im Gebührengesetz wird die Bestimmung für den
Kostenersatz an Gemeinden für die Ausstellung gebührenbefreiter
Reisepässe verfassungskonform geregelt. Die Änderung des
Finanzausgleichsgesetzes und die Verlängerung des Finanzausgleichs
wurden mehrheitlich verabschiedet.

Vorschläge der Abgeordneten zur Reform des Finanzausgleichs

Für Elmar Podgorschek (F) ist der Finanzausgleich ein Hauptpunkt bei
der langfristigen Sanierung des Budgets. Es gelte, die Kompetenzen
zwischen Bund und Ländern bei Bildung, Gesundheit und Förderungen zu
entflechten. Das setze eine funktionierende Transparenzdatenbank
voraus. Dazu komme eine Steuerhoheit für die Länder samt
Paradigmenwechsel in Richtung direkte Demokratie. Würden sich alle
Länder und Gemeinden am Beispiel Oberösterreichs orientieren, könnte
man insgesamt 6 Mrd. € einsparen, sagte Podgorschek.

Nikolaus Prinz (V) verband die Verlängerung des Finanzausgleichs mit
der Hoffnung auf einen guten Kompromiss zwischen Bund, Ländern und
Gemeinden. Prinz würdigte die Arbeit der BürgermeisterInnen, schlug
eine Aufgabenorientierung im Finanzausgleich vor und verlangte, dass
jeder Bürger gleich wert sein solle. "Ein Wiener ist nicht viermal
mehr wert als ein anderer Österreicher", schloss Prinz.

Nach neun Jahren Stillstand bei der Föderalismusreform plädierte
Bruno Rossmann (G) für eine grundsätzliche Reform, bei der aber zu
beachten sei, dass Städte in einer andere Situation seien als
Landgemeinden. "Nicht jede Gemeinde hat eine Staatsoper", sagte
Rossmann pointiert. Der Redner fordert strategisches Denken und
Gesprächsbereitschaft ein. Derzeit herrsche Mißtrauen. Einnahmen
sollten konkret mit Aufgaben und Zielen verknüpft, die
Steuerautonomie gestärkt und Transferverflechtungen abgebaut werden,
schlug Rossmann vor.

Auch Karin Greiner (S) trat für eine grundsätzliche Reform des
Finanzausgleichs ein und berichtete von konstruktiven Gesprächen über
die Harmonisierung der Rechnungswesens, die mehr Transparenz und
bessere Daten als Voraussetzuung für die Planung auf Gemeindeebene,
etwa bei der Kinderbetreuung, bringen soll. Auch Greiners Fokus liegt
auf der Unabhängigkeit der Gemeinden: Abgabenautonomie,
Aufgabenorientierung und -konzentration sowie Direkttransfer Bund-
Gemeinden.

Kathrin Nachbaur (T) kritisierte die Diskrepanz zwischen Einnahmen
und Ausgaben bei den Ländern, die sich für die Einnahmen nicht
verantwortlich sehen. Mit einer vernünftigen Föderalismusreform seien
Milliardenbeträge zu gewinnen, die im derzeitigen System vergeudet
werden sagte Nachbaur. BürgerInnen auf dem Land müssen gleich viel
wert sein wie BürgerInnen in der Stadt - die die Aushöhlung der
Infrastruktur müsse beendet werden, forderte Nachbaur.

Die Verlängerung des Finanzausgleichs ermögliche es, die Ergebnisse
der Steuerreform in die Finanzausgleichsverhandlungen einzubeziehen,
sagte Franz Leonhard Eßl (V), der die Mittel für die
Siedlungswirtschaft erhalten möchte.

Gerald Loacker (N) verlangte bei der Reform des Finanzausgleichs eine
Entflechtung der Transfers und eine stärkere Abgabenautonomie, um
Ausgaben und Einnahmenverantwortung zusammenzuführen. In einem
Entschließungsantrag seiner Fraktion trat Loacker für die
Formulierung von Rahmenbedingungen für die
Finanzausgleichsverhandlungen mit Verhandlungsetappen und
Zwischenzielen ein.

Eine Lanze für die kleinen Gemeinden brach Manfred Hofinger (V). Dank
der Arbeit der BürgermeisterInnen befinden sich die Gemeinden auf
gutem Konsolidierungskurs, litten aber stark unter Abwanderung und
demographischem Wandel. Daher brauche es einen Finanzausgleich mit
Augenmaß und Gerechtigkeit für alle BürgerInnen, egal ob sie in einer
kleinen oder großen Gemeinde leben. Ein fairer, zielgerichteter,
aufgabenorientierter Finanzausgleich sollte die
Bevölkerungsentwicklung berücksichtigen, die Gemeinden stärken und
den ländlichen Raum attraktiver machen.

Wolfgang Zanger (F) kritisierte die Umsetzung von EU-
Regionalprogrammen, bei denen viel Geld für Beratungsleistungen
verschwendet werde. Kritik übte Zanger auch an der
Gemeindestrukturreform in der Steiermark, die Verkehrsverhältnisse
nicht berücksichtigte und nicht an die Menschen dachte, die davon
betroffen sind. Statt Geld in Betreuungseinrichtungen zu stecken,
wäre es im Sinne der Kinder, die Mütter stärker zu fördern, meinte
Zanger.

Zustimmung zum EU-Eigenmittelbeschluss

Das neue EU-Eigenmittelsystem, das der EU-Rat im vergangen Mai
beschloss, regelt die Aufbringung der Mittel für den EU-Haushalt bis
2020. Der jährliche Beitrag Österreichs sinkt zunächst um 30 Mio. €
im Jahr 2014, um 20 Mio. € im Jahr 2015 und um 10 Mio. € im Jahr
2016, steigt insgesamt und im Durchschnitt bis 2020 gegenüber der
alten Periode (2007-2013) aber von 2,4 Mrd. € oder 0,83% des
Bruttonationaleinkommens auf 3,1 Mrd. € oder 0,85% des BNE. Die
Zustimmung des Nationalrates erfolgte mit Mehrheit

700 Mio. € mehr werde Österreich zukünftig an Brüssel abzuführen
haben, erboste sich Roman Haider (F), obwohl die Republik aus diesen
Mitteln weniger retourniert bekomme als in den vergangenen Jahren
bzw. im Vergleich zu anderen Mitgliedsländern. Die Regierung habe mit
der EU schlecht verhandelt, folgerte der Freiheitliche, so müsse
Österreich nunmehr mit 0,3% einen größeren Teil der Mehrwertsteuer
als andere Staaten für die EU-Eigenmittel aufwenden.

Haiders Vorhaltungen wiesen die übrigen RednerInnen dieses
Debattenteils entschieden zurück. Andreas Hanger (V) betonte,
ungeachtet aller berechtigter Kritik an der EU-Bürokratie rechne sich
letztlich die EU-Mitgliedschaft für Österreich. Immerhin stelle die
Europäische Union als einzigartiges Friedensprojekt eine
Erfolgsgeschichte dar und auch wirtschaftlich sei die Union ein
Gewinn, denn seit dem Beitritt Österreichs seien hierzulande rund
400.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden.

Bruno Rossmann (G) bekräftigte, natürlich habe Österreich vom EU-
Beitritt profitiert. Konkret zum EU-Haushalt sagte er, das
Eigenmittelsystem sei lediglich ein Abbild des österreichischen
Finanzausgleichs, in dem ebenfalls Mittel zwischen ärmeren und
reicheren Regionen solidarisch verteilt werden. Trotz dieser
Feststellung gab sich Rossmann mit der bestehenden Finanzplanung der
EU nicht zufrieden, weil die begrenzten Mittel daraus nicht adäquat
verteilt würden - in die Agrarpolitik beispielsweise fließe mehr Geld
als in die Armutsbekämpfung. Besser wäre aus Sicht Rossmanns eine
völlige Eigenmittelfinanzierung der Union, die beispielsweise aus
Öko- oder Finanztransaktionssteuern gespeist werden sollte.

Die reale Budgetkürzung auf EU-Ebene bereitete Hubert Kuzdas (S)
Sorge, wobei er hervorhob, dass die Einsparungen im EU-Budget zu
einem guten Teil aus der EU-Verwaltung erbracht würden. Generell
brauche es mehr Offensivmaßnahmen wie den 6 Mrd. Euro-Fonds zur
Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, um die Konjunktur in der EU
anzukurbeln, so Kuzdas. Die europäischen Volkswirtschaften könnten
nicht nur durch Sparen saniert werden. Wie seine Fraktionskollegin
Christine Muttonen (S) richtete Kuzdas der FPÖ aus, ein gutes
Ergebnis sei für Österreich mit der EU-Kommission ausverhandelt
worden. Das Burgenland etwa werde weiterhin Fördermittel der Union
beziehen, zeigte Muttonen auf, und insgesamt würden mehr Gelder für
nachhaltige Investitionen bereitgestellt. (Fortsetzung Nationalrat)
fru/rei

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

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