• 27.11.2014, 19:37:04
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EZB reagiert auf niedrige Inflation und verhaltene Konjunktur

OeNB-Spitze informiert Finanzausschuss über Euro-Geldpolitik

Utl.: OeNB-Spitze informiert Finanzausschuss über Euro-Geldpolitik =

Wien (PK) - In seinem Bericht über die Geld- und Währungspolitik der
Europäischen Zentralbank (EZB) in der ersten Hälfte des Jahres 2014
an den Finanzausschuss schilderte der Gouverneur der
Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, den
Abgeordneten die besonderen Herausforderungen, vor denen die EZB
angesichts der Wachstumsschwäche der Weltwirtschaft im Jahr 2014
steht. Europa weise derzeit global das geringste Wachstum auf und sei
die Schwachstelle der Weltwirtschaft. Auf gedämpfte
Inflationssausichten und verhaltene Konjunktur reagierte die EZB mit
Zinsreduktionen im Juni und September und mit dem Ankauf von
Pfandbriefen und gebündelten Kleinkrediten. Der Zinssatz im
Hauptrefinanzierungsgeschäft wurde mit 10. September 2014 um weitere
10 Basispunkte auf den historischen Tiefststand von 0,05% gesenkt.
Die Zinssätze in der Einlage- und Spitzenrefinanzierungsfazilität
betragen seitdem -0,2% bzw. 0,3%.

Der Ankauf von Asset-Backed Securities (ABS) sei wichtig, um die
Vergabe neuer Bankkredite an die Wirtschaft zu fördern. ABS-
Strukturen seien wichtig, weil Basel III Kreditfinanzierung von
Banken erschwere. Die EZB achte beim Ankauf von ABS auf deren
Qualität und erwerbe nur ABS mit geringem Risiko, versicherte
Nowotny. Manchen sei die Politik der EZB zu wenig expansiv,
berichtete Nowotny, während andere meinten, es sei genug Liquidität
in der Wirtschaft, und vor der Gefahr einer Blasenbildung warnen. Die
EZB nehme eine Mittelposition ein, die Ewald Nowotny als vernünftig
bezeichnete.

EZB im Kampf gegen die Deflation

Das Ziel der EZB, die Inflation knapp unter 2% zu halten, soll eine
Deflation verhindern, weil sinkende Preise Schuldner zusätzlich
belasten, zur Verschiebung von Investitions- und Konsumentscheidungen
führen und eine wirtschaftliche Spirale nach unten auslösen können.
Inflation könne man als Notenbank mit höheren Zinsen gut bekämpfen,
gegen eine Deflation fehlten Notenbanken aber die Instrumente - daher
der 2%-Sicherheitsabstand gegenüber einer Deflation als Ziel der EZB-
Geldpolitik.

Aufschwung lässt auf sich warten

Aktuelle BIP-Prognosen für Österreich lauten für 2014 auf ein
Wachstum unter 1% und für 2015 auf etwas mehr als 1%. Auch die
Oesterreichische Nationalbank wird ihre Wachstumsprognose für
Österreich in der kommenden Woche nach unten revidieren, kündigte
Nowotny an. Die EU rechne mit einem deutlichen Konjunkturrückgang in
Deutschland, der sich negativ auf Österreich auswirke. Die Exporte
werden durch die Russlandkrise belastet, positive Effekte für den
Export registrierte Nowotny hingegen von der Euro-Abwertung.

Die überdurchschnittliche Inflation von 1,4% in Österreich sei die
Folge einer stärkeren Lohnentwicklung, insbesondere im Tourismus und
bei anderen Dienstleistungen, die das Wachstum länger stabil gehalten
hat. Auf dem Arbeitsmarkt gelange der gleichzeitig starke Anstieg von
Beschäftigung und Arbeitslosigkeit an sein Ende, aktuell steige nur
noch die Arbeitslosigkeit - ein Zeichen konjunktureller
Schwierigkeiten.

Banken erwirtschaften ein Viertel ihrer Ostgewinne in Russland

Vize-Gouverneur Andreas Ittner informierte den Finanzausschuss über
das schwierige makrofinanzielle Umfeld für Banken, insbesondere über
die geringe Profitabilität und anhaltend niedrige Zinsen. Die
Profitabilität der österreichischen Banken sei seit 2013 negativ,
wobei die Tochterbanken in Mittel-, Ost- und Südosteuropa einen
relevanten Beitrag von 1 Mrd. € zu den Gewinnen leisten, besonders
jene in Russland und Tschechien. Bei den EU-Sanktionen gegen Russland
sei für Österreich relevant, dass die heimischen Banken ein Viertel
ihrer Gewinne im Osten in Russland erwirtschaften.

Dann berichtete Ittner dem Ausschuss über die Einrichtung des
Finanzmarktstabilitätsgremiums im vergangenen September, das sich mit
Systemrisikopuffern befasse, wobei der Vizegouverneur an die
Umsetzung makroprudenzieller Maßnahmen in Österreich bereits vor 2014
erinnerte, insbesondere an das Nachhaltigkeitspaket von OeNB und FMA
für Geschäftsmodelle in Mittel-, Ost-, und Südosteuropa und zur
Reduktion von Fremdwährungskrediten. Mit dem zur Beschlussfassung
stehenden Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz wird nun die
Möglichkeit geschaffen, Banken ohne massive Auswirkungen für den
Steuerzahler aus dem Markt zu nehmen.

Bei der makroprudenziellen Aufsicht in Europa, die an Fahrt gewinne,
befasse sich die Nationalbank aktuell mit der Frage, welche
Instrumente für Österreich passen. Beim Thema zentrale europäische
Bankenaufsicht durch die EZB ging Ittner auf die umfassende
Überprüfung von 130 Banken, darunter sechs österreichische, ein. Eine
Forderungsqualitätsüberprüfung und ein starker Stresstests im
Euroraum ergab eine Kapitallücke von 25 Mrd. €, wovon 6,4 Mrd.€ noch
offen seien. Die österreichischen Banken liegen leicht unter dem
Mittelwert, teilte Ittner mit.

Sorgen der Abgeordneten

Von Seiten der Abgeordneten warnte Robert Lugar (T) vor langen
Niedrigzinsphasen, die zur Fehlallokation von Kapital führen. Lugar
problematisierte außerdem den Ankauf von ABS-Papieren durch die EZB
als Versuch, Basel III zu umgehen. Für unverständlich hielt Lugar die
Angst vor einer Deflation - die Unternehmen der IT-Branche lebten gut
mit stark sinkenden Preisen, sagte der Abgeordnete.

Angesichts einer sehr schlechten Stimmung in der Wirtschaft zweifelte
Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) aktuelle Prognosen für 2014 an und
befürchtete Verschlechterungen für 2015.

Skepsis gegenüber dem ABS-Programm der EZB äußerte Rainer Hable (N).
Die Banken werden nur ABS-Papiere mit hohem Risiko verkaufen, die
anderen aber behalten - dieses System könne nicht funktionieren,
meinte der Abgeordnete. Bruno Rossmann (G) verlieh seiner Überzeugung
Ausdruck, dass es bei der Wachstumspolitik nicht ausreiche,
geldpolitisch Gas zu geben, zugleich aber in der Fiskalpolitik zu
bremsen. "Ende der Austeritätspolitik", lautete der Vorschlag
Rossmanns. In der Frage, wie man Investitionen stimulieren könnte,
müsse man die Grenzen der Geldpolitik beachten, sagte Werner Kogler
(G) und illustrierte die gegenwärtige Situation in Europa mit dem
Bild eines Flugzeugs, bei dem eine Düse mit Schub, die andere aber
mit Schubumkehr arbeite.

Die EZB ist keine Bad Bank, sondern ein sicherer Hort der Banken

Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny räumte ein, es wäre problematisch,
würden die Zinsen nach einer langen Phase niedrigen Niveaus abrupt
steigen. Wie das aktuelle Beispiel der USA zeige, könnten sich die
Märkte an langsame Zinssteigerungen aber sehr wohl anpassen. Banken
deponieren ihr Geld auch bei Negativzinsen in der EZB, weil diese als
ein sicherer Hort gelte. Die Einlagen bei der EZB seien seit der
Krise aber massiv zurück gegangen, berichtete Nowotny.

ABS würden nicht eingesetzt, um Basel III zu umgehen, vielmehr gehe
es darum, die Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen
(KMU) zu erleichtern.

Die Geldmenge steige durch die Maßnahmen der EZB nicht, weil die
Kreditvergabe der Banken stagniere, erklärte Nowotny. Hohe Liquidität
und niedrige Zinsen seien notwendige, aber nicht hinreichende
Voraussetzungen für einen Aufschwung. Dazu müsse die Bereitschaft der
Unternehmen kommen, zu investieren. Positive Wirkungen der Deflation
in der IT-Branche änderten nichts an Problemen, die eine Deflation
für eine gesamte Volkswirtschaft mit sich bringe. Die höhere
Inflation Österreichs gegenüber Deutschland sei Folge einer guten
Tourismussaison und höherer Lohnabschlüsse in Österreich.
Wachstumsprognosen von OECD und EU-Kommission liegen für 2014
deutlich unter 1% und für 2015 leicht über 1%, wobei die Entwicklung
der Investitionen den großen Unsicherheitsfaktor bilde.

Die EZB wird durch den Ankauf von ABS nicht zu einer Bad Bank, wie
dies in deutschen Medien zu lesen stand, sagte Nationalbankgouverneur
Nowotny und betonte einmal mehr, dass die EZB nur Papiere mit gutem
Rating und geringem Risiko kaufe. Richtig sei, dass das ABS-Programm
der EZB ausgedehnt werden könnte, wenn sie auch ABS der
Mezzanintranche mit mittlerem Risiko kaufe, dies sei aber nur
möglich, wenn solche Papiere mit einer Garantie versehen seien.

Einer der Effekte der Niedrigzinspolitik sei die Entlastung von
Schuldnern, davon profitiere Österreich besonders und nannte den
Betrag von 700 Mio. €, führte der Nationalbankgouverneur aus.

Schelling will kleine Einkommen entlasten und Investitionen beleben

Fragen des Abgeordneten Robert Lugar nach dem aktuellen Stand der
Entwicklungen bei der Hypo Alpe Adria beantwortete Finanzminister
Hansjörg Schelling mit dem Hinweis darauf, das bislang keine Antwort
aus Bayern zum geplanten Verkauf der Südosteuropatöchter der Hypo
eingelangt sei. Sein Haus bereite für den Fall, dass es zu keinem
Vergleich mit den Bayern komme, eine Klage vor. Positive zu bewerten
sei die Absicht der Europäischen Bank für Wiederaufbau und
Entwicklung, sich an einem Kauf der Südosteuropatöchter der Hypo zu
beteiligen.

Den Umfang der geplanten Steuerreform bezifferte der Finanzminister
mit 5 Mrd. €. Mehr könnten es nur sein, wenn es die konjunkturelle
Situation zulasse, was derzeit nicht absehbar sei. Die Tarifreform
soll großteils kleinen Einkommen nützen, um den Konsum anzuregen,
sagte Schelling, der seinerseits vorschlug, auch Maßnahmen zur
Belebung der Investitionen zu setzen.

Seine Überlegungen zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen von
KMU gehen in Richtung einer Finanzierungsgesellschaft, wobei die
Austria Wirtschaftsservice in seinen Überlegungen eine Rolle spielte.
Nachdenken könne man auch über eine Banklizenz für die AWS, sagte
Schelling. (Schluss) fru

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