• 12.11.2014, 13:32:51
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WK-Kampagne gegen Bürokratie fordert "Schluss mit Schikanen!"

Mit einer Anti-Bürokratie-Kampagne protestiert die Kärntner Wirtschaft gegen die Gesetzesflut und Behördenwillkür. Im Visier: ALSAG, VRUG und EEffG.

Utl.: Mit einer Anti-Bürokratie-Kampagne protestiert die Kärntner
Wirtschaft gegen die Gesetzesflut und Behördenwillkür. Im
Visier: ALSAG, VRUG und EEffG. =

Klagenfurt (OTS) - Von zwei Seiten gerät die Wirtschaft in Österreich
und in Kärnten immer stärker unter Druck: Die schwache Konjunktur
verschärft den internationalen Wettbewerb und stellt die heimischen
Betriebe vor enorme Herausforderungen, was etwa die hohen
Lohnnebenkosten und die damit in den vergangenen Jahren empfindlich
gestiegenen Lohnstückkosten anlangt. Gleichzeitig glauben Politik und
Verwaltung in Österreich, die Betriebe mit praxisfremden
Gesetzeskonvoluten, beinharter Kontrolle und drakonischen Strafen
noch stärker zur Budgetsanierung heranziehen zu können. Jürgen Mandl,
Präsident der Wirtschaftskammer Kärnten: "Aus meiner Sicht ist das
Ende der Fahnenstange erreicht. Die Politik erlässt Gesetze, ohne an
die Auswirkungen zu denken, die Behörden blicken nicht mehr durch,
die Unternehmer können die Folgen gar nicht abschätzen - und werden
dennoch zur Kasse gebeten. Wir haben wirtschaftlich schwierige
Zeiten, die überstehen wir schon als Unternehmer - aber man muss uns
auch den Handlungsspielraum lassen."

Der Unmut der Wirtschaft richtet sich nicht nur gegen den
Kontrollwahn und den Vorschriftenfetischismus einer überbordenden
Bürokratie, sondern auch gegen die Gesetzgebung. Immer stärker zeige
sich, dass viele Rechtsvorschriften allein wegen ihres enormen
Umfangs und auch wegen ihrer juristischen Komplexität für den
Unternehmer nicht mehr nachvollziehbar oder schlicht in der Praxis
nicht einhaltbar seien. Mandl: "Gegen diese Kriminalisierung des
Unternehmers werden wir jetzt auch mit juristischen Mitteln vorgehen.
Da gibt es vielhundertseitige Gesetze, deren korrekte Interpretation
renommierte Juristen vor Herausforderungen stellt, die aber von
Unternehmern auf Punkt und Beistrich eingehalten werden müssen, sonst
drohen existenzgefährdende Strafen. Nehmen wir nur das Beispiel
Altlastensanierungsgesetz: Hier werden wir prüfen lassen, ob das
Prinzip der Rechtsstaatlichkeit eingehalten wurde."

Österreichweit seien tausende Unternehmen betroffen, da laut
aktuellem Stand prinzipiell jede Baustelle als potentielle
Betriebsanlage betrachtet und somit ALSAG-beitragspflichtig sein
könnte. Die Folge könnten Strafzahlungen wie im Falle des Kärntner
Unternehmers Bruno Urschitz sein, der mit Strafbescheiden über mehr
als 200.000 Euro konfrontiert sei. Mandl: "Wenn es hier keine
rechtlichen Korrekturen gibt, werden wir als Wirtschaftskammer
aufgerufen sein, auch die Bautätigkeit der Gemeinden, der ÖBB, der
ASFINAG, der Bundesforste oder der Energieversorger unter diesem
Aspekt prüfen zu lassen."

Vorsicht, Falle: Das unerfüllbare
Altlastensanierungsgesetz (ALSAG)

Unternehmen müssen bei der Lagerung und Verwertung von
Abbruchmaterial folgende Normen befolgen: das
Altlastensanierungsgesetz, die Abfallnachweisverordnung, die
Deponieverordnung, die Festsetzungsverordnung für gefährliche
Abfälle, die Abfallverzeichnisverordnung, den
Bundes-Abfallwirtschaftsplan, die Bundesabgabenordnung, das
Wasserrechtsgesetz, das Naturschutzrecht und die Bauordnung. Wenn
Betrieben bei der Einhaltung dieser Normen nur ein Fehler passiert,
entsteht ex lege die Abgabenpflicht. Allerdings sind mittlerweile
auch Juristen mit der Anwendung dieser Gesetzeskombinationen in der
Praxis heillos überfordert.

Fest steht nur, dass durch das ALSAG - ursprünglich geschaffen, um
die Umwelt vor wilden Deponien und gefährlichen Stoffen zu schützen -
jede Baustelle in Österreich mit hunderttausenden Euro
ALSAG-Beiträgen bedroht ist, ebenso wie übrigens die Bauhöfe der
Kommunen, die hoffentlich auch bald so streng wie WK-Mitglieder
geprüft werden: Sieben Jahre nach der naturschutzrechtlich
genehmigten Aufschüttung eines Industriegeländes mit beprobtem,
unbedenklichem Recyclingmaterial wird dem Erdbewegungs- und
Transportunternehmen Urschitz nun vorgeworfen, eines von 23
anzuwendenden Gesetzen nicht zur Gänze eingehalten zu haben. Bruno
Urschitz, Unternehmer in dritter Generation und Fachgruppenobmann der
Kärntner Transporteure: "Kein Betrieb kann einen Überblick haben und
sich einigermaßen sicher sein, dass er sich rechtskonform verhält und
damit keine Abgabe fällig wird." Sogar Bodenaushübe oder Bachschotter
würden plötzlich zum Problemstoff hingetrimmt. Auch der Aushub für
ein normales Einfamilienhaus von rund 400 Kubikmetern würde sich
dadurch um rund 8000 Euro verteuern, Hauptleidtragende seien aber die
Unternehmen, fürchtet Urschitz, der als Behördenopfer kein Einzelfall
ist: "Diese Strafen sind existenzbedrohend, allein in Kärnten geht es
um rund 5000 Arbeitsplätze."

Neues Verbraucherrecht (VRUG):
Ein neues Bürokratiemonster

Schlecht ist die Stimmung auch im Handwerk und Gewerbe: Seit 13. Juni
2014 gilt das "Verbrauchrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (VRUG)",
welches speziell für Professionisten zusätzliche bürokratische
Auflagen gebracht hat. Handwerker, die auf Wunsch eines Kunden ins
Haus kommen, um dort Arbeiten zu verrichten, müssen ihre
Vertragspartner nachweislich auf das Recht hinweisen, binnen 14 Tagen
vom Vertrag zurücktreten zu können. Tun sie dies nicht oder können
sie dies nicht beweisen, verlängert sich dieses Rücktrittsrecht auf
ein Jahr. Das gilt auch, wenn der Kunde drauf besteht, dass Arbeiten
sofort ausgeführt werden - etwa bei einem Wasserrohrbruch oder bei
Gefahr in Verzug. Der Gewerbetreibende darf das verrechnete Entgelt
für seine Arbeit nur behalten, wenn er den Verzicht auf das
Rücktrittsrecht beweisen kann. Spartenobmann Klaus Peter Kronlechner:
"Das ist ein Unfug, so können wir nicht arbeiten, dieses
Bürokratiemonster ist für die Betriebe nicht mehr bewältigbar."

Selbst für kleine Reparaturen (alles über 50 Euro) müssten
seitenlange Verträge erklärt und unterzeichnet werden, die einerseits
keiner verstehe und die andererseits dem Vertrauensverhältnis
zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Kunden schaden würden. Die
Wirtschaftskammer hat zwar für ihre Mitglieder umfangreiche
Checklisten und Merkblätter für "Außergeschäftsraumverträge"
ausgearbeitet, jedoch ist diese Rechtsmaterie äußerst schwierig zu
verstehen. Kronlechner: "Sowohl Handwerker als auch Konsumenten sind
hier aussichtslos überfordert. Dennoch kann es bei Nichteinhaltung
der vorgeschriebenen Informationspflichten zu wettbewerbsrechtlichen
Rechtsfolgen oder Verwaltungsstrafen bis zu 1.450 Euro kommen.
Dieser überbordende Formalismus ist in der Praxis nicht umsetzbar und
sollte dringend wieder abgeschafft oder zumindest auf ein
erträgliches Maß reduziert werden."

Für die Betriebe undurchführbar:
Das Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG)

Weit übers Ziel geschossen hat der Gesetzgeber auch mit dem
Energieeffizienzgesetz: Es tritt mit 1.1.2015 mit den für die
Unternehmen relevanten Bestimmungen in Kraft. Zielsetzung ist die
Erhöhung der Energieeffizienz in Österreich: Ein Energielieferant
muss Energieeffizienzmaßnahmen bei sich selbst, seinen eigenen Kunden
oder anderen Endenergieverbrauchern nachweisen, die 0,6 Prozent
seiner Vorjahres-Energieabsätze an heimische Endkunden entsprechen.
40 Prozent der Effizienzmaßnahmen müssen im Haushaltsbereich gesetzt
werden. Armin Leitgeb, Obmann der Fachgruppe des Energiehandels: "Wie
soll so eine Zwangsberatung an der Tankstelle aussehen? Sollen wir
dem Kunden ein anderes Auto oder einen neuen Kühlschrank empfehlen -
und die Einhaltung der Empfehlung kontrollieren?"

Mangels jeder Möglichkeit, der Forderung des Gesetzes nachzukommen,
werde den Tankstellenbetreibern nichts anderes übrigbleiben, als die
im Falle der Nichteinhaltung als "Ausgleichszahlung" angedrohten zwei
Cent pro Liter auf den Spritpreis aufzuschlagen. Zusätzlich zu einer
allfälligen Ausgleichszahlung drohen aber Verwaltungsstrafen bis zu
100.000 Euro, wenn Meldungen nicht rechtzeitig erstattet wurden,
falsche Angaben gemacht wurden etc. Leitgeb: "Das ist nichts anderes
als eine versteckte Steuer, die zum Teil wir als Unternehmer ausbaden
dürfen."

Ein wesentliches Problem des Gesetzes ist auch die fehlende
Rechtssicherheit für betroffene Unternehmer. Die "Monitoringstelle",
die noch gar nicht eingerichtet ist, aber eine zentrale Rolle im
Energieeffizienzgesetz spielt, entscheidet im Streitfall, welche
Maßnahme in welchem Ausmaß anrechenbar ist. Sie ist aber keine
Behörde und erlässt keine Bescheide: Der betroffene Unternehmer kann
daher auch kein Rechtsmittel ergreifen.

Präsident Mandl fand klare Worte an die Adresse der Politik: "Jetzt
ist das Ende der Diskussion erreicht, wir nehmen keinen Millimeter an
neuen Belastungen mehr hin. Wir werden die Gesetzesungetüme bis zum
Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof bekämpfen und starten mit dem
heutigen Tage unsere Anti-Bürokratie-Kampagne Schluss mit Schikanen.
Wir werden nicht die Zeche zahlen für Politiker und Beamte, die noch
keinen Tag in der Praxis gearbeitet, keinen einzigen Lohn gezahlt
haben und die nicht nachdenken wollen, was für Auswirkungen ihre
Ideen im täglichen Leben haben."

Dass Politik und Bürokratie zu weit gehen, zeigt die heute
präsentierte "Schluss mit Schikanen"-Kampagne der Wirtschaftskammer
bildhaft und mit einem Schuss Humor auf. Marketingleiter Markus
Polka: "Nur der unternehmerische Erfolg gewährleistet eine
funktionierende Gesellschaft, das wollen wir mit unserer modernen Art
der Unterschriftenliste hervorstreichen." Auf Facebook und im
Internet werden Bürokratiegegner eingeladen, dem Protest ein Gesicht
zu geben: Durch ein Foto mit einem der zahlreichen Pappkameraden, die
in den kommenden Wochen bei allen Veranstaltungen der WK dabei sein
werden, oder mittels Selfie-Upload auf Facebook in einer Auswahl an
Pappkameraden, die von der Bürokratie in ihrer Handlungsfreiheit
eingeschränkte Unternehmerinnen und Unternehmer verkörpern. Die
Kampagne wurde vom WKK-Marketing gemeinsam mit der Agentur MAJORTOM
entwickelt, die Figuren stammen aus der Feder von Sinisa
Pismestrovic. Polka: "Unsere Mitmach-Kampagne richtet sich nicht nur
an Unternehmer, sondern auch an Beschäftigte: Wer meinen Chef
schikaniert, gefährdet meinen Arbeitsplatz."

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | WKK

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