- 27.10.2014, 11:43:44
- /
- OTS0093 OTW0093
8. Sozialstaatsenquete des Hauptverbandes - "Soziale Mobilität und Einkommensungleichheiten"
Experten präsentieren Studien über Chancen und Möglichkeiten der Kinder abhängig von der Einkommenssituation der Eltern

Utl.: Experten präsentieren Studien über Chancen und Möglichkeiten
der Kinder abhängig von der Einkommenssituation der Eltern =
Wien (OTS) - Mag. Martin Schaffenrath, stv. Vorsitzender im
Hauptverband: Wachsende Ungleichheiten der Einkommen als
Herausforderung für die solidarische Sozialversicherung
Für den Gesundheitszustand des Einzelnen sind eine Vielzahl von
Faktoren maßgeblich: der persönliche Lebensstil, individuelle
Veranlagungen, die Umweltsituation, aber auch das gesellschaftliche
und das soziale Umfeld in dem die Menschen leben. So sind etwa die
Rückwirkungen einer hohen und nicht gerechtfertigten
Einkommensungleichheit auf die Gesundheit und die Lebenszufriedenheit
der Bevölkerung durch eine Vielzahl von Untersuchungen belegt. "Die
Sozialversicherung muss sich daher mit allen gesellschaftlichen und
sozialen Entwicklungen nicht nur auseinandersetzen, sondern auch
entsprechende sozialpolitische Initiativen und Maßnahmen setzen, wenn
sie einen derart hohen Einfluss auf die Lebenssituation ihrer
Versicherten, konkret die gesundheitliche Situation haben", betont
Mag. Martin Schaffenrath, stv. Vorsitzender des Verbandsvorstandes im
Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
"Als Bestandsaufnahme verschiedener gesellschaftlicher und
sozialpolitischer Entwicklungen, die in einer engen Wechselwirkung
mit Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen stehen, veranstalten wir
daher jährlich gemeinsam mit dem Österreichischen Institut für
Wirtschaftsforschung (WIFO) die Sozialstaatsenquete", so
Schaffenrath.
Die in Folge achte Veranstaltung, an der Experten aus Österreich,
Deutschland und Schweden teilnehmen, ist dem Thema "Soziale Mobilität
und Einkommensungleichheiten" gewidmet.
Die Experten präsentieren neue Studien zu den langfristigen Folgen
wachsender Einkommensungleichheiten und deren Auswirkungen auf die
Kindergeneration. Diese sind bislang zwar noch wenig untersucht und
dokumentiert. Es gibt aber eindeutige empirische Ergebnisse der
steigenden Chancenungleichheit junger Generationen im Zusammenhang
mit der steigenden Einkommensungleichheit. Die fatale Auswirkung: die
Chancen und Möglichkeiten der Kindergeneration werden insgesamt immer
schlechter, weil eine wachsende Zahl von Eltern immer weniger
verdient. "Das ist eine Herausforderung für eine Sozialversicherung,
die dem Solidaritätsprinzip, also dem Ausgleich von
gesellschaftlichen oder individuellen Ungleichheiten verpflichtet
ist. Wir haben daher die sozialpolitische Verpflichtung mit
geeigneten Initiativen derartigen negativen Entwicklungen gegen zu
steuern", so Schaffenrath abschließend.
Prof. Mag. Dr. Karl Aiginger, Leiter des Österreichischen
Instituts für Wirtschaftsforschung: Die Schnittstelle zwischen
Wirtschaft und Gesellschaft ist enorm wichtig
"Die WIFO-Institutsphilosophie ist es, wirtschaftliche und soziale
Systeme gemeinsam als untrennbar zu analysieren. Wir sehen
Sozialpolitik nicht als Hemmschuh für den wirtschaftlichen Erfolg,
sondern als Produktivkraft, Wachstumstreiber, Stärkung der
Konkurrenzfähigkeit. Damit sind wir nicht immer konform mit anderen
Wettbewerbsanalysen und Forschungsinstituten im In- und Ausland. In
diesem Ansatz ist auch der Austausch mit sozialstaatlichen
Institutionen zentral. Hier nimmt die Sozialstaatsenquete "Soziale
Mobilität und Einkommensungleichheit" - die heuer bereits zum 8. Mal
stattfindet - eine wichtige Funktion ein", so Aiginger.
Fragen der Einkommensverteilung und der sozialen Mobilität werden
immer wichtiger, auch und gerade in einer Gesellschaft mit niedrigen
Wachstumsraten. Wachstum ist eine Möglichkeit, Einkommensunterschiede
auszugleichen, ohne dass die Einkommen der Wohlhabenden absolut
sinken müssen.
Leichter als Einkommensunterschiede über Steuern auszugleichen ist
es, zu verhindern, dass sie entstehen indem Bildungschancen
angeglichen werden, Einkommensunterschiede nicht von Generation zu
Generation weitergeben werden und dass für Personen mit schlechtem
Start ins Leben - etwa durch geringe Bildung, Weiterbildung,
Arbeitsmarktpolitik - ein aktivierendes Sozialsystem den Aufstieg
ermöglicht.
"Es gilt, nicht bloß die Symptome zu beseitigen, sondern ihre Wurzeln
auszureißen", konstatiert der Ökonom und Leiter des
Wirtschaftsforschungsinstituts. "Diese Wurzeln sind Ungleichheiten in
der Bildung, Bildungsvererbung aber auch Genderunterschiede während
der Erwerbsarbeit. Mit all diesen Fragen beschäftigt sich das
Symposium", so Aiginger abschließend.
Univ. Prof. Dr. Markus Jäntti: Massiver Elterneinfluss auf die
Arbeitsmarktchancen der Kinder
Auf der Grundlage seiner langjährigen Forschungstätigkeit konstatiert
der Wirtschaftswissenschafter Univ. Prof. Markus Jäntti, Leiter des
"Institute for Social Research" (SOFI) an der Universität Stockholm
sowie Forschungsdirektor am "Luxembourg Income Study Data Center"
(LIS) den vielschichtigen Einfluss des Elternhaushalts auf die
Arbeitsmarktchancen der Kinder. Insgesamt hängt die Chancengleichheit
in einer Gesellschaft von Faktoren ab, die Einzelpersonen gar nicht
beeinflussen können. Einer der wichtigsten Faktoren ist die
finanzielle Lage oder insgesamt die Einkommenssituation im
Elternhaushalt. Daneben bestimmen aber auch Institutionen und die
Umwelt den Arbeitsmarktstatus der Nachfolgegeneration ). Beides sind
Bereiche, die sich der individuellen Gestaltung entziehen. Univ.
Prof. Jäntti bestätigt in seinen Arbeiten die Befunde zum positiven
Zusammenhang zwischen der Einkommenslage und dem Bildungsniveau im
Elternhaushalt auf die Arbeitsmarkt- und Einkommenschancen der
Kinder. Allerdings wurde hier bisher nur an der Oberfläche geforscht.
Die eigentliche Ursachenforschung zum Thema "Trend der steigenden
Ungleichheit" stecke noch in den Kinderschuhen, betont der
Wirtschaftswissenschafter.
Österreich: Bildung der Eltern bestimmt Bildungsgrad der
Kinder
Univ. Prof. Dr. Wilfried Altzinger, Wirtschaftswissenschafter an der
Wirtschaftsuniversität Wien erhob für Österreich einen engen
Zusammenhang zwischen Bildung der Eltern und Bildungsabschlüsse ihrer
Kinder: Während die Kinder von Eltern mit Pflichtschule als höchst
abgeschlossener Schulbildung nur in 6 Prozent aller Fälle einen
akademischen Abschluss erreichen, sind es bei Kinder von Eltern mit
Universitätsabschluss 54 Prozent aller Fälle. Die
Bildungsunterschiede sind immer auch mit Einkommensunterschieden
verbunden: Männer der Altersgruppe 45 bis 59 Jahre aus akademischen
Haushalten erreichten im Befragungsjahr 2011 ein um 55 Prozent
höheres Einkommen als das Durchschnittseinkommen. Männer aus
Haushalten mit Pflichtschulabschlusseltern haben einen
Einkommensnachteil in der Höhe von rund 15.000 Euro
Nettojahreseinkommen.
Deutschland: Wachsende Einkommensunterschiede eine Gefahr für
den sozialen Zusammenhalt
Nur die Berücksichtigung der Entwicklungen sowohl von Reichtum als
auch von Armut kann die Ursachen der steigenden Ungleichheit
erklären, so Dr. Dorothee Spannagel vom Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung
in Düsseldorf.
Erwerbsarbeit wird in Deutschland als Grundlage für Reichtum
tendenziell unwichtiger, Reiche beziehen einen steigenden Anteil
ihrer Ressourcen aus Vermögenseinkommen. Die Einkommensmobilität in
Deutschland zeigt, dass 57 Prozent der sehr reichen Haushalte im Jahr
2006 - das sind insgesamt 2,1 Prozent aller Haushalte - auch 2011
sehr reich waren. Auf der anderen Seite waren in der Gruppe der
Haushalte mit Einkommen bis zum Median im Jahr 2006 - das sind
insgesamt knapp 50 Prozent aller deutschen Haushalte - auch im Jahr
2011 zu 75% in der gleichen Einkommensklasse.
Die Einkommensmobilität der sehr Reichen in Deutschland hat sich in
den Jahren 1991 bis 1995 sowie in den Jahren 2006 bis 2011
verringert. Die Reichen und sehr Reichen konnten trotz Wirtschafts-
und Finanzkrise ihre gehobene Lage sichern. Sie steigen in der
letztgenannten Periode seltener in die Mitte der Verteilung ab. Die
Reichtumsgrenze ist nach unten hin undurchlässiger geworden. Die
wachsende Polarisierung der Lebenslagen hat weitreichende Folgen: sie
dämpft das Wirtschaftswachstum und gefährdet den sozialen
Zusammenhalt der Gesellschaft.
Die Sozialversicherung garantiert unabhängig von Alter, Einkommen,
sozialer Herkunft und Bildung hochwertige Gesundheitsversorgung und
eine sichere Pensionsvorsorge. Aktuell sind rund 8,4 Millionen
Menschen anspruchsberechtigt (Versicherte und mitversicherte
Angehörige). Der Behandlungsanspruch aus der Krankenversicherung wird
beim Arzt durch das e-card-System angezeigt: Die e-card als
Schlüsselkarte enthält keine medizinischen Daten, ermöglicht dem Arzt
aber die Überprüfung des Versicherungsstatus eines Patienten bzw.
einer Patientin und die Nutzung weiterer Services. Der Hauptverband
der österreichischen Sozialversicherungsträger ist das
organisatorische Dach über der solidarischen Kranken-, Unfall- und
Pensionsversicherung Österreichs.
Weitere Bilder unter: http://www.apa-fotoservice.at/galerie/5999
Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM / Originalbild-Service
sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NHS






