Linz (OTS) - Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien verurteilte
in I. Instanz die Gerichtssachverständigen Matthias Kopetzky und
Martin Geyer wegen der Erstellung von unrichtigen Gutachten zu einer
Schadensersatzleistung von Euro 236.000 samt 4% Zinsen und zur
Haftung für zukünftige Gutachtensschäden.
Die unrichtigen Gutachten waren Grundlage und Beweismittel, um
Faramarz Ettehadieh als Geschäftsführer der Leitgesellschaft der
Imperial Finanzgruppe vor dem Landesgericht Linz durch die
Staatsanwaltschaft anzuklagen. Die Anklage endete jedoch mit einem
Freispruch.
Die beiden Sachverständigen verrechneten im Gesamtverfahren für die
von ihnen erstellten Gutachten mehr als 2,5 Mio. Euro.
Die Geschichte begann im Jahr 1999 damit, dass ein Unternehmen der
Imperial Finanzgruppe an ausscheidende Gesellschafter
Abschichtungszahlungen geleistet hatte, die sich nach dem Vorliegen
des Wirtschaftsprüfertestates wegen noch zu berücksichtigenden
Wertberichtigungen als zu hoch herausgestellt hatten. Einige
Gesellschafter, die keine Rückzahlung leisten wollten, wandten sich
an die Arbeiterkammer, um offensichtlich das Risiko der Kosten eines
Zivilverfahrens nicht auf sich nehmen zu müssen. Auch die
Arbeiterkammer wollte das Kostenrisiko einer Zivilklage nicht
übernehmen.
Man entschied sich für den Weg, der sich für das Unternehmen und
der Gemeinschaft der Investoren als der Weg mit großem
Kollateralschaden erwies. Eine im Jahr 2001 von der Arbeiterkammer OÖ
eingebrachte Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Linz
verbunden mit öffentlichen Medienberichten sollte dazu führen, dass
sich zu Lasten des Unternehmens die zu Unrecht überhöht ausbezahlten
Gelder als richtig herausstellen.
Als Folge der Sachverhaltsdarstellung wurden Matthias Kopetzky und
Martin Geyer Anfang 2002 zu Sachverständigen bestellt.
Auf Anforderung des Gerichtes folgte Imperial vertrauensvoll
kistenweise Unterlagen an die bestellten Sachverständigen aus, da
gemäß Gerichtsauftrag das Gutachten innerhalb von wenigen Monaten
fertig gestellt werden sollte. Das Gutachten kam aber nicht.
Anfang Oktober 2002 gab es plötzlich eine Hausdurchsuchung im Beisein
der Gutachter und deren Mitarbeiter mit der Begründung: "ein
Zwischenbericht liegt vor", aus dem die Presse gleichzeitig zitierte
und der sich laut einem beauftragten Privatgutachten später als
unrichtig herausstellte. Insgesamt wurden ca. 10.000 Ordner
ausgefolgt, wobei es den Gutachtern offensichtlich darum ging, aus
der Anzahl der Ordner die Bedeutung des Auftrages abzuleiten. Jahre
vergingen, in denen die Imperial Finanzgruppe immer wieder in der
Öffentlichkeit mit der Begründung der laufenden Voruntersuchung in
ihrem Ruf geschädigt wurde, bis das erste Teilgutachten Ende 2005
eintraf.
Das Gutachten war überraschend unrichtig, aber es war das Gutachten
der gerichtlich bestellten Sachverständigen und somit das
entscheidende Beweismittel für die Staatsanwaltschaft. Das unrichtige
Gutachten zog eine große Aufmerksamkeit der Medien auf sich und
führte auch zu negativen Auswirkungen beim Unternehmen. Die Anklage
wurde auf Basis des unrichtigen Gutachtens im November 2006
rechtskräftig erhoben. Es nutzten weder die Argumente des
Geschäftsführers, noch die der befragten Mitarbeiter. Auch die
vorgelegten Privatgutachten anerkannter Wirtschaftsprüfer,
Tourismusexperten und Universitätsprofessoren wurden von der
Staatsanwaltschaft als nicht gleichwertig mit dem Gerichtsgutachten
gesehen und als irrelevant beiseite geschoben.
In der Hauptverhandlung entschloss sich Anfang des Jahres 2008 der
Schöffensenat aufgrund der Gesamtsicht ein weiteres Gerichtsgutachten
aus dem Fachbereich Tourismus einzuholen. Der bestellte
Gerichtsgutachter kam im Gegensatz zu den Gerichtssachverständigen
Kopetzky & Geyer zu angemessenen Gegenleistungen und zwar auch
betreffend das noch während der Hauptverhandlung erstattete 2.
Teilgutachten von Kopetzky & Geyer. Ausgehend davon kam es im April
2008 zu einem klaren Freispruch des Geschäftsführers. Auch der
Oberste Gerichtshof bestätigte im Jänner 2010 den Freispruch.
Basierend auf den Ausführungen im Urteil des Gerichtes wurden die
Gerichtsachverständigen im Oktober 2008 von dem zu Unrecht
angeklagten Gründer der Imperial Finanzgruppe, Dr. Faramarz
Ettehadieh, geklagt und es kam im September 2014 - somit nach 6
Jahren - zu einer Verurteilung von Kopetzky & Geyer zur Zahlung eines
Schadenersatzes für die entstandenen Verteidigerkosten des
Geschäftsführers und der entstandenen Kosten eines Teiles der
Privatgutachten, die im Strafverfahren zum Beweis der Unschuld des
Angeklagten vorgelegt worden waren. Das Unternehmen selbst hat nach
österreichischem Recht jedoch keine Möglichkeit, den ihm entstandenen
materiellen Schaden und den Reputationsschaden einzuklagen. "Die
Konsumentenvertreter schädigten mit ihrer Vorgehensweise letztlich
nicht nur die Gesellschaft, sondern auch ihre Investoren und damit
diejenigen, die sie zu schützen beabsichtigt haben.", sagt Dr.
Ettehadieh.
Zitate aus der Entscheidung der Richterin des Landesgericht für
Zivilrechtssachen Wien:
"Die Beklagten als Sachverständige haften gemäß § 1299 ABGB für jenes
Ausmaß an Fleiß und Kenntnissen, das von einem Sachverständigen, der
derartige Tätigkeiten ausübt, üblicherweise zu erwarten ist."
"Vorliegend war das von den Beklagten erstellte Teilgutachten
insoferne unrichtig, als es unvollständig war und die Beklagten
(überdies in Überschreitung des Gutachtensauftrages) nur eine von
mehreren möglichen Berechnungsmethoden für die Überprüfung der
Angemessenheit der Leistungsbeziehung zwischen Imperial GmbH und
Cordial AG angewandt haben."
"Es wäre daher Aufgabe der Beklagten gewesen, wenn sie schon in
Überschreitung des Gutachtensauftrages die Angemessenheit der
Leistungsbeziehung zwischen Cordial AG und Imperial AG geprüft haben,
jene Methode anzuwenden, die für den Kläger als Angeklagten am
günstigsten erscheint (in dubio pro reo)."
"Die Beklagten haben daher den Sorgfaltsmaßstab eines
durchschnittlichen Sachverständigen mit den selben Fähigkeiten nicht
eingehalten."
"Weiters haben die Beklagten ihre Warn- und Aufklärungspflichten
verletzt."
"Ausgehend von diesen Grundsätzen wären die Beklagten daher
jedenfalls verpflichtet gewesen, wenn sie schon selbst nur eine von
mehreren möglichen Berechnungsmethoden anwenden, das Gericht bzw. die
Staatsanwaltschaft darauf hinzuweisen, dass auch noch andere mögliche
und zulässige Berechnungsmethoden bestehen, die möglicherweise zu
einem anderen Ergebnis führen können."
"Vor diesem Hintergrund, wären die Beklagten gehalten gewesen, die
Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht auf diesen Umstand hinzuweisen
und vor einer vorschnellen Anklageerhebung zu warnen."
"Vorliegend war die unrichtige Bewertung der Leistungsbeziehung
durch die Beklagten nach den Feststellungen Ursache dafür, dass der
Staatsanwalt sich entschlossen hat, Anklage gegen den Kläger zu
erheben. Wäre das Gutachten in allen Punkten richtig gewesen, so
hätte zumindest zum damaligen Zeitpunkt kein ausreichendes Substrat
für die Staatsanwaltschaft bestanden, um Anklage zu erheben und es
wäre nicht zur Hauptverhandlung und den dadurch entstandenen Kosten
gekommen."
"Die beklagten Parteien haften daher dem Kläger für den Ersatz all
jener Schäden, die durch das fehlerhafte Gutachten entstanden sind."
"Im Ergebnis schulden die beklagten Parteien daher der Höhe nach den
Ersatz sämtlicher in der Hauptverhandlung bzw. für die Verteidigung
bis zur Rechtskraft des Freispruches erforderlichen Verteidigerkosten
sowie der Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
notwendigen Sachverständigengutachten."
"Darüber hinaus ist das Feststellungsbegehren des Klägers zulässig
und berechtigt."
"Vorliegend ist ein rechtliches Interesse des Klägers an der
Feststellung der künftigen Haftung der Beklagten für bisher noch
nicht entstandene Schäden jedenfalls zu bejahen. Das Entstehen
weiterer Schäden kann auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden,
zumal die Tatsache, dass gegen den Kläger (unberechtigt) Anklage
erhoben wurde, auch in der Zukunft noch zu Schäden führen kann, etwas
dadurch, dass prospektive Geschäftspartner des Klägers kein Vertrauen
mehr zu ihm haben."
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
"Es war keine einfache Zeit für das Unternehmen über 9 Jahre mit
solchen falschen absurden Vorwürfen begleitet zu werden. Die
Schadensersatzleistung der Gerichtsgutachter haben deswegen für uns
nicht nur einen materiellen, sondern auch einen bedeutsamen
symbolischen Wert.", sagt Dr. Ettehadieh abschließend.
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