Der neue Bewegungsspielraum der Koalition setzt die Opposition unter Druck
Utl.: Der neue Bewegungsspielraum der Koalition setzt die Opposition
unter Druck =
Wien (OTS) - Warum nicht gleich Mitterlehner? Der neue ÖVP-Chef und
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner offenbart einen Gestaltungswillen,
den man bei seinem Vorgänger Michael Spindelegger vermisst hatte. Die
personelle Umbesetzung, vor allem auch jene im Finanzministerium,
bringt Schwung in die Volkspartei. Plötzlich will man wieder was:
verändern, gestalten, regieren. Mitterlehner vermittelt derzeit
glaubwürdig, dass er etwas weiterbringen will - in seiner Partei und
in der Regierung. Auch persönlich: Der Mann hat Ehrgeiz und nutzt die
Gunst der Stunde. Soll er sich doch profilieren. Die ÖVP hat frischen
Wind dringend notwendig.
Die Regierung auch.
In den jüngsten Umfragen zeigt sich, dass sich die ÖVP erholt. Auf
niedrigem Niveau zwar: Die Volkspartei liegt nach wie vor an dritter
Stelle, hat sich aber aus dem Grundeln bei 20 Prozent erhoben.
Mitterlehner selbst hat Kanzler Werner Faymann in den Umfragewerten
überholt. Was kein Riesenkunststück ist, aber immerhin.
Das muss auch Faymann recht sein. Er braucht einen starken Partner,
der der Regierung wieder Halt gibt. Die Erwartungshaltung, die man
zuletzt gegenüber der Reform- und Gestaltungskraft der Koalition
hatte, war äußert bescheiden. Eigentlich beschämend: Man traute
dieser Regierung schlichtweg nichts mehr zu. Die Blockadementalität,
die sich breitgemacht hatte, führte zu allgemeiner Resignation: Und
dann kommt Strache. Eine absolut schauderliche Vorstellung.
Die neu geweckten Lebensgeister der Regierung sind noch kein Garant
dafür, dass auch tatsächlich etwas weitergeht. Der
Vertrauensvorschuss, der jetzt gewährt wird, muss erst umgesetzt
werden. Die Regierung muss endlich ins Handeln kommen. Das zentrale
Projekt ist eine Steuerreform. Die allgemeine Steuerlast muss gesenkt
werden, das ist für den Einzelnen so wichtig wie für die Wirtschaft
im Allgemeinen. Ein paar Ansätze stehen bereits außer Frage, wie die
Senkung des Eingangsteuersatzes, und am Ende des Tages wird man wohl
auch um eine Gegenfinanzierung nicht herumkommen. Die wird man
pragmatisch und ohne Tabus diskutieren müssen.
Eng damit verbunden ist eine Bereinigung der Aufgabenverteilung
zwischen Bund und Ländern, die seit Jahrzehnten diskutiert wird, für
die aber niemand den Mut hatte. Hier sind Faymann und Mitterlehner
besonders gefordert: Sie müssen die Landeshauptleute bändigen und ins
Boot holen. Kein leichtes Unterfangen: Im nächsten Jahr stehen vier
Landtagswahlen an. Der bisherige Lähmungszustand der Regierung kann
aber keine Ausrede dafür sein, auch künftig keinen Finger zu rühren.
Mindestens ebenso wichtig ist der Bildungsbereich, vom Kindergarten
über die Schulen bis zu den Universitäten. Es braucht hier klare
Prioritäten, im Finanziellen wie auch in inhaltlichen Konzepten.
Wenn es der Regierung gelingt, ihr Phlegma abzuschütteln, gerät auch
die Opposition in Bewegung. Mit einer ÖVP, die sich bewegt und
öffnet, wäre den Neos die Existenzgrundlage entzogen. Die müssten
aber schlagartig die Flügel heben. Die Grünen müssten ihre
Außenstelle im bürgerlichen Lager neu befestigen, und selbst die FPÖ
geriete unter Zugzwang. Wenn sich die Regierung selbst wieder ernst
nimmt, könnten auch die Wähler erkennen, dass das Grunzen und Grölen
der freiheitlichen Politikdarsteller keine Alternative darstellen
kann. Aber es bleibt das Wort stehen: wenn.
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