
Wien (OTS) - Europäisches Forum Alpbach, 20.8.2014. Tirol ist
gesünder. Aber warum? Bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen wollte
das die Tiroler Gebietskrankenkasse genauer wissen. Dazu hatte die
TGKK eine Reihe von Experten aus Wissenschaft und Politik geladen, um
dieser Frage nachzugehen. Ein gesundheitliches West-Ost-Gefälle zieht
sich durch Europa und teilt auch Österreich in einen gesünderen
"Westen" und einen statistisch gesehen weniger gesunden "Osten". Ein
Resultat ist fix: An den Genen liegt es nicht.
Die Tiroler sind im Bundesländervergleich die gesündesten
Österreicher, werden am ältesten, haben die höchste
Gesundheitskompetenz (Health Literacy) und brauchen am wenigsten von
ihrer Gebietskrankenkasse. Gibt es dafür Erklärungsansätze der
Wissenschaft und was bedeutet das für die Politik? Für die TGKK rund
um Obmann Werner Salzburger und Direktor Dr. Arno Melitopulos
geeignete Fragen, um im Rahmen der Alpbacher Gesundheitsgespräche
einen Prozess zu starten, in dem zuerst festzustellen ist, ob die
Tiroler tatsächlicher gesünder sind und wenn ja, in welchen Bereichen
und insbesondere warum. Obmann Werner Salzburger: "Wir wollen aus
unserer Verantwortung für die Gesundheit der Tirolerinnen und Tiroler
heraus möglichst genau wissen wo wir ansetzen müssen, um einen
allfälligen Vorsprung nicht zu verspielen und wo es klaren
Handlungsbedarf für die Zukunft gibt."
Wissenschaftlich beleuchtet wurde der Gesundheitsstatus der Tiroler
durch Referate von Univ.-Doz. Mag. Dr. Wolfgang Dür, Leiter des
Ludwig Boltzmann Instituts für Health Promotion Research, Univ. Prof.
Mag. Dr. Hengstschläger, Vorstand Institut für Medizinische Genetik
der MedUni Vienna und Direktor Dr. Arno Melitopulos.
Im Anschluss diskutierten Bundesminister Alois Stöger, Landesrätin
Dr. Beate Palfrader, Univ. Prof. Dr. Helga Fritsch und TGKK-Obmann
Werner Salzburger über die Bedeutung der Ergebnisse für das
Gesundheitssystem; moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Alois
Vahrner, Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung.
West-Ost-Gefälle in Gesundheitsdaten erkennbar
Privatdozent Mag. Wolfgang Dür, Direktor des Ludwig Boltzmann
Instituts für Health Promotion Research, hat 88
Gesundheits-Indikatoren aus nationalen und internationalen Studien
verglichen. Durch die Auswertung verschiedener Zahlen von Statistik
Austria, Eurostat und Einzelstudien wurde klar untermauert: Die
Tiroler Bevölkerung verfügt im Vergleich zum Österreichschnitt über
eine höhere Gesundheitskompetenz, raucht deutlich weniger (in
Westösterreich rauchen 12,4 % der 18 bis 80jährigen, in
Ost-Österreich sind dies 26,7%), ernährt sich gesünder und bewegt
sich mehr. Die Lebenserwartung der Tiroler liegt um ein Jahr über dem
Österreichschnitt (79,5 Jahre bei den Männern und 84,2 Jahre bei
Frauen) und Tiroler leben im Schnitt zwei Jahre länger als die
Bewohner von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland. In Tirol gibt
es unter den über 64-Jährigen eine geringere Sterblichkeit an
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, eine geringere Mortalität bei Krebs
ebenso wie aufgrund von Diabetes mellitus. Weniger Herzinfarkte,
weniger Personen mit Bluthochdruck, weniger SchülerInnen mit
Magenschmerzen, Gereiztheit und Nervosität runden das Gesamtbild vom
"gesunden Westösterreicher" ab. Und unter der Tiroler Jugend gibt es
nur halb so viele stark Übergewichtige wie beispielsweise in
Niederösterreich.
Gene nicht verantwortlich
"Genetisch gesehen sind die Tiroler nichts Besonderes, sie
unterscheiden sich genetisch definitiv nicht von den übrigen
Österreichern", eröffnete Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger,
Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik der Medizinischen
Universität Wien, seinen Vortrag. Die Ursache für das sogenannte
West-Ost-Gefälle muss vor allem im Verhalten und in der Umwelt
liegen, so Hengstschläger. Ein Umzug nach Tirol würde somit nicht
bedeuten, dass man länger lebt, äußere Faktoren seien in diesem
Zusammenhang wesentlich bedeutender.
Geringeres Einkommen - dennoch gesünder
Dr. Arno Melitopulos, Direktor der Tiroler Gebietskrankenkasse,
lieferte Daten und Fakten dazu: Der Durchschnittsverdienst in Tirol
liegt im österreichischen Schlussfeld, die Lebenshaltungskosten
deutlich über dem Österreichschnitt. Tiroler gehen verstärkt zum
Hausarzt, vielfach wird der Arzt auch präventiv besucht -
Vorsorgeuntersuchungen werden häufiger genützt als im
Österreich-Schnitt. Die Lebenserwartung spiegelt das wider: Im
Bezirksvergleich wurde der Trend deutlich, dass Tiroler länger leben,
insbesondere in den Bezirken Kitzbühel, Kufstein und Lienz. Neben
Fakten zum Leistungsangebot und Inanspruchnahme von
Anspruchsberechtigten der TGKK sowie dem repräsentativen
Gesundheitszustand und Wohlbefinden der Tiroler lieferte Dr.
Melitopulos einen Ausblick, der Gesundheit in allen Politikbereichen,
im Fachjargon Health in all Policies, vorsieht: "Tiroler stehen im
Gesundheitsvergleich gut da, man sollte sich auf den Lorbeeren aber
nicht ausruhen. Wichtige Einflussfaktoren auf die Gesundheit befinden
sich allerdings außerhalb des Gesundheitssystems. Bei der Versorgung
sind wir schon recht gut aufgestellt. Wir sehen das größte
Gesundheitspotenzial daher in den täglichen Lebenswelten der
Menschen, insbesondere im Sozial- und Bildungsbereich, aber auch im
Umwelt- und Wirtschaftsbereich. Sämtliche Lebensweltenverantwortliche
und damit Ressorts müssen das Thema Gesundheit mitdenken, dann können
wir die Gesundheitskompetenz als wichtigsten Erfolgsfaktor für ein
gesundes Leben steigern."
Wege in eine gesündere Zukunft
Was macht oder hält gesund? Wo soll Gesundheitspolitik vorrangig
ansetzen? Bei der Diskussion "Tirol ist gesünder. Aber warum" wurde
der Boden für viele dieser Fragen aufbereitet. Die innovative
Expertendiskussion bot viele Aspekte und Absichten. So erklärte
Bundesminister Stöger: "Der Weg in eine gesündere Zukunft führt über
weniger rauchen, mehr Bewegung und verbessertes Gesundheitswissen."
Dies habe die Politik erkannt, daher soll die Gastronomie rauchfrei
werden, der nationale Aktionsplan Bewegung ist erarbeitet und es
werde auch damit begonnen, das Gesundheitswissen der Bevölkerung zu
stärken und in den Lehrplänen der Schulen zu verankern.
"Wir haben früh angefangen, unsere Studienpläne an die veränderten
Ansprüche anzupassen, es wird in der Ausbildung zum Beispiel
verstärkt auf die alternde Gesellschaft eingegangen und es werden
multifaktorielle Krankheiten erforscht", so Universitätsrektorin
Fritsch. "Wesentlich für ein gesundes Land ist aber auch, dass die
hier ausgebildeten Ärzte tatsächlich im Land bleiben."
Für Landesrätin Palfrader liegt ein Schlüssel zu mehr Gesundheit in
einem ganzheitlichen Gesundheitssystem, in dem Prävention vor
kurativer Medizin steht. Daher gehe es nicht zuletzt um
Bewusstseinsbildung, um gesunde Lebenswelten zu erhalten oder
aufzubauen, sei es im Bereich Familie, Beruf, Gemeinde oder Schule.
Und ihr Nebensatz: "Wenn es nicht die Gene sind, warum die Tiroler
gesünder sind - vielleicht liegt es doch an der Landespolitik."
Die Tiroler Gebietskrankenkasse hatte zu diesem sehr gut und
hochkarätig besuchten Diskussionsnachmittag nach Alpbach geladen.
Dazu Obmann Werner Salzburger: "Wir wollten damit einen Anstoß für
ein gesünderes Österreich geben. Uns ist wichtig, dass wichtige
Erkenntnisse gefunden und kommuniziert werden, damit es uns gelingt,
unsere Bevölkerung möglichst gesund zu erhalten - ein wichtiger
Schritt in diese Richtung: Die Initiativen in der
Gesundheitsförderung. Wir sind als TGKK auf dem Weg in Richtung
Gesundheitskasse, es wird aber auch zukünftig viel zu tun geben."
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