Tipps für sicheres Arbeiten vom Unfallverhütungsdienst der AUVA-Landesstelle Wien
Wien (OTS) - Gärgas CO2 ist geruchlos, unsichtbar, im gesamten Raum
verteilt und hoch gefährlich. Die Gesundheitsgefahr wird
starkunterschätzt. Gärgas führt jedes Jahr zu tödlichen
Arbeitsunfällen. Noch dazu dürfte die Dunkelziffer von Unfällen, die
durch erhöhte Gärgaskonzentration ausgelöst werden, groß sein. Die
berühmte brennende Kerze ist leider kein geeignetes Mittel zur
Verhütung von Unfällen. Die Präventionsexperten der AUVA-Landesstelle
Wien haben Tipps für sicheres Arbeiten entwickelt. Ihre Empfehlung:
die Luft im Weinkeller zu messen und Gärgase technisch ableiten. Ganz
wichtig: Selbstschutz geht vor - auch bei der Rettung eines
Bewusstlosen aus dem Gefahrengebiet.
"Gärgas erstickt oder vergiftet jedes Jahr Menschen. Gärgasunfälle
sind meist tragisch, viele enden tödlich und haben schon ganze
Familien ausgerottet. Es gibt keinen ungefährlichen Weinkeller. Vor
allem im Herbst lauert diese unsichtbare Gefahr in Weinkellern. Meist
ist es eine Kombination von Unwissenheit und falschem Verhalten, die
fatal endet. Gärgase können Körperfunktionen stark beeinträchtigen -
die gefährlichen Prozesse laufen so rasch ab, dass den Betroffenen
kaum Zeit zum Reagieren bleibt. Die spektakulären Unfälle, die durch
die Medien gehen, sind aber nur die Spitze des Eisberges: Wir gehen
davon aus, dass es durch Schwindel, Konzentrationsabfall, Müdigkeit,
Kopfschmerzen oder Atemnot eine große Dunkelziffer an Unfällen gibt,
die auf eine erhöhte Gärgaskonzentration im Arbeitsbereich
zurückzuführen ist. Unsere Empfehlung lautet: Messen Sie die
CO2-Belastung, denn nur so lässt sich die Gefährdung zweifelsfrei
feststellen und nur so können Sie sich optimal schützen", warnt Ing.
Bernd Toplak, stellvertretender Leiter des Unfallverhütungsdienstes
der AUVA-Landesstelle Wien. Gemessen werden kann mit einer Anlage und
Raumsensoren, oder über ein kleines, in Kopfhöhe getragenes
Messgerät. Die AUVA misst und berät kostenlos.
Ersticken auf Grund von Sauerstoffmangel oder eine Vergiftung durch
eine zu hohe Kohlendioxid-Konzentration sind die Ursachen, die vor
allem im Herbst immer wieder zu schweren und tödlichen Unfällen in
Weinkellereien führen. Schon eine geringfügig erhöhte
Kohlendioxid-Konzentration bewirkt eine Beeinträchtigung wie zum
Beispiel Schläfrigkeit und erhöht das Unfallrisiko - ein Sturz könnte
die Folge sein.
Die Gefahr für Sicherheit und Gesundheit wird in der Praxis stark
unterschätzt. Der Unfallverhütungsdienst der AUVA-Landesstelle Wien
beschäftigt sich in seinem "CO2 Projekt" seit einigen Jahren
gemeinsam mit der Höheren Bundeslehranstalt und dem Bundesamt für
Wein- und Obstbau Klosterneuburg ausführlich damit. Nach vielen
Betriebsberatungen und CO2-Messungen steht fest:
- Aufklärung und Information über die Gefahren durch das Gärgas.
Es ist wichtig, mit gefährlichen Mythen aufzuräumen, zum Beispiel:
CO2 sei zu riechen, nur am Boden konzentriert, oder die Kerzenprobe.
Richtig ist:
- Gerochen werden höchstens Weinaromen, die mitunter mit erhöhten
CO2-Konzentrationen auftreten. Ein vorhandener bzw. nicht vorhandener
Gärgeruch erlaubt keinen sicheren Rückschluss auf den möglichen
Gehalt von CO2!
- CO2 ist schwerer als Luft, ein CO2-See entsteht in klassischen
Kellerröhren mit gleichmäßig kühlen Wänden ohne Luftbewegung an der
tiefsten Stelle. In modernen Kellereien hingegen wird die Luft durch
Gebläse von Kühleinrichtungen, Staplerverkehr und Personen im Raum
soweit bewegt, dass sich nichts am Boden absetzt.
Unterschiedliche Temperaturen bei der Gärung führen ebenfalls zu
thermischen Bewegungen. Rotwein wird wärmer vergoren, an der Tankwand
entsteht eine Luftströmung nach oben. Zusätzlich ist das entweichende
CO2 wärmer als die Raumluft. Genau umgekehrt ist es bei der
Weißweinvergärung.
- Auch die altbekannte Kerzenprobe schützt nicht: die Flamme brennt
noch, wenn die CO2-Konzentration für den Menschen bereits tödlich
ist. Nur von Umluft unabhängiger Atemschutz kann zum Beispiel bei
einer Bergung schützen. Atemschutzfilter (Partikelfiltermasken,
Gasfilter, usw.) helfen nicht.
- Der beste Schutz: Erfassung des hochkonzentrierten CO2 direkt am
Tank und Ableitung ins Freie.
Die bisherige Praxis, ausströmendes CO2 mittels Raumlüftung zu
entfernen, ist sehr ineffizient. Einmal im Raum, ist es durch Lüftung
nur mehr sehr schwer möglich, die Konzentration auf einen
unbedenklichen Wert zu senken.
Die natürliche Lüftung über geöffnete Fenster und Türen reicht nur in
den wenigsten Fällen aus. Die unterschiedlichen räumlichen
Gegebenheiten, die Abhängigkeit der natürlichen Lüftung von den
Wetterverhältnissen (vor allem Wind, Luftdruck, Temperatur) führen zu
einer viel zu großen Unsicherheit.
Technische Lüftungen müssen entsprechend leistungsstark sein, um das
stark verdünnte CO2 und so wesentlich vergrößerte Gesamtvolumen
abzuleiten. Diese Art der Lüftung hat Nachteile: sie ist teuer und
produziert oft Zugluft, welche die Mitarbeiter als unangenehm
wahrnehmen und die auch einzelne Tanks so stark abkühlt, dass die
Gärung beeinträchtigt wird. Weiters entsteht Lärm, der als störend
empfunden wird - vor allem von Nachbarn und in der Nacht.
Kombiniert man jedoch eine kleiner dimensionierte technische Lüftung
mit einer Erfassung der Gärgase unmittelbar an der Entstehungsstelle
- am Tank - und einer Ableitung ins Freie, gibt es die besten
Ergebnisse. Diese Kombination erreicht sowohl bei Neubauten als auch
in der Nachrüstung höchste Wirksamkeit. Die Details der Kombination
hängen in der Praxis davon ab, ob Weiß- oder Rotwein vergoren wird.
AUVA-Projektleiter Ing. Herbert Stifter fasst zusammen: "Es gibt
keinen ungefährlichen Weinkeller. Jeder Weinkeller ist anders.
Konkrete Aussagen zur tatsächlichen CO2 Belastung bringen nur
CO2-Messungen und eine Beurteilung vor Ort. Weiters muss bei der
Planung von Neubauten die Thematik von Haus aus berücksichtigt
werden. Nur dadurch kann ein sinnvoller Schutz gegen Gärgasunfälle
erreicht werden."
Die AUVA-Landesstelle Wien unterstützt die Betriebe gerne kostenlos.
Weitere Infos unter sichereswissen@auva.at oder 05 93 93-31726.
Über die AUVA:
Bei der AUVA sind rund 4,8 Millionen Personen gesetzlich gegen
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert: 1,2 Millionen
Arbeiterinnen und Arbeiter, 1,6 Millionen Angestellte, 500.000
Selbständige sowie 1,5 Millionen Schulkinder und Studierende. Die
Landesstelle Wien betreut in den Bundesländern Wien, Niederösterreich
und Burgenland 42 Prozent der AUVA-Versicherten. Pro Jahr erhalten
rund 150.000 Verletzte in den Wiener AUVA-Unfallkrankenhäusern
Meidling und Lorenz Böhler sowie rund 1.900 Patienten in den
Rehabilitationszentren Wien-Meidling und Weißer Hof, Klosterneuburg,
die bestmögliche Behandlung. Die AUVA finanziert ihre Aufgaben als
soziale Unfallversicherung fast zur Gänze aus Pflichtbeiträgen der
Dienstgeber. Prävention ist dabei die vorrangige Kernaufgabe der
AUVA, denn die Verhütung von Unfällen und die Vorbeugung von
Berufskrankheiten senken die Kosten für die drei weiteren
Unternehmensbereiche Heilbehandlung, Rehabilitation und finanzielle
Entschädigung von Unfallopfern am wirksamsten.
Die AUVA hat seit 28. Juni eine österreichweit einheitliche
Telefonnummer. Die AUVA-Landesstelle Wien ist nun direkt unter +43 5
93 93-31000, das Unfallkrankenhaus Meidling unter +43 5 93 93-45000
und das AUVA-Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler unter +43 5 93 93-41000
zu erreichen.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | AWI