• 03.08.2014, 22:00:31
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TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel, vom 04.08.2014. Von Anita Heubacher. "279 Bürgermeister wollen wir uns leisten"

Innsbruck (OTS) - Untertitel: Was sich bei den Tourismusverbänden als
mutig und absolut sinnvoll herausgestellt hat, wird bei den Gemeinden
weiterhin tatkräftig negiert. Die Fusion von Kommunen gilt mehr denn
je als politischer Selbstmord. Leider.

Ab 1. Jänner 2015 wird die Zahl der Gemeinden in der Steiermark von
542 auf 288 fast halbiert. 40 Gemeinden wehren sich gegen die Fusion
und riefen der Verfassungsgerichtshof an. Das Urteil steht noch aus.
Seit den Nationalratswahlen am 29. September 2013 sind
Gemeindefusionen in weite Ferne gerückt, weil sie mehr denn je als
politischer Selbstmord gelten. Die Wähler straften das rot-schwarze
Reformduo Franz Voves und Hermann Schützenhöfer ab. SPÖ und ÖVP
verloren - auch weil die eigenen Bürgermeister gegen die jeweilige
Partei mobilmachten. Die Steiermark hatte Handlungsbedarf. Pro
steirischer Gemeinde galt es, rund 1700 Einwohner zu verwalten, nach
der Fusion werden es 3300 sein, der Österreichschnitt liegt bei 2850,
der Tiroler bei 2500, der Vorarlberger bei 4000.
Das muss sich der Steuerzahler leisten können: Mit EU, Bund,
Ländern und Gemeinden sind es vier Verwaltungsebenen.
Kleinstrukturiertheit kostet. In der Verwaltung sei nicht alles zu
holen, sagen Fusionskritiker. Das mag sein. Von 75.000
Gemeindebediensteten österreichweit arbeiten nur 15.000 laut
Gemeindeverband in der Verwaltung. Denken über die Gemeindegrenze
hinaus, könnte ungleich mehr bringen. Interkommunale Zusammenarbeit
ist populär geworden, seit die Gemeindekassen leerer werden und das
Land das Miteinander fördert. Bei der Müllentsorgung beispielsweise
funktioniert sie bereits, weil sich kein Bürgermeister um die
Abfallinsel reißt, bei der Mehrzweckhalle oder dem Feuerwehrhaus
sieht es schon anders aus. Ob da geförderte Freiwilligkeit und
zahnlose Planungsverbände zum Kostensparen reichen, ist fraglich.
Gemeindefusionen seien des Ehrenamtes Tod, ist das nächste
Gegenargument. Die hohe Identifikation mit der Gemeinde, die als
Triebfeder für ehrenamtliches Engagement gilt, ist weniger geworden.
Schon allein deshalb, weil ein immer größer werdender Teil der Bürger
gar nicht in der Wohnort-Gemeinde geboren ist. Kleinstgemeinden rund
um Ballungszentren sind in den letzten Jahrzehnten explosionsartig
gewachsen. Dafür sorgt die Binnenmigration. Politik ist dazu da,
zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen. Dafür steht ihr ein
Heer an Experten in der Verwaltung zur Verfügung. Durch das ewige
Zaudern und das Verschleppen von Entscheidungen trotz vorliegender
Expertisen holt die Realität die Politik ein. Und wenn einmal zwei
Mut beweisen, werden sie abgestraft. Zuerst von den Bürgermeistern
und dann von den Wählern. Zum Verzweifeln.

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