Wien (OTS) - Helmut Richter (13. Juni 1941 - 15. Juni 2014) war einer
der bedeutendsten Architekten Österreichs sowie Lehrender an
verschiedenen Hochschulen und Universitäten im In- und Ausland. 1976
nahm er mit der Gründung seines Ateliers in Wien seine freischaffende
Tätigkeit als Architekt auf, zunächst gemeinsam mit Heidulf
Gerngross. Daneben war Richter als Ausstellungsarchitekt u.a. in
Paris, Venedig, Wien und Krems tätig.
Von 1971 bis 1975 als Professor für Architektur an der École
nationale supérieure des beaux-arts de Paris tätig, war er
anschließend Lektor an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien.
Darüberhinaus lehrte er als Gastprofessor an der Gesamthochschule
Kassel (heute Universität Kassel). Von 1991 bis 2007 hatte er die
Lehrkanzel an der Abteilung für Hochbau 2 an der Technischen
Universität Wien inne. Während seiner Lehrtätigkeit an der TU Wien
betreute er mehr als 500 Diplomarbeiten. Jakob Dunkl, ehemaliger
Student und Mitarbeiter im Büro Richter: "Er hat mehrere
Studentengenerationen stark geprägt. Einer der radikalsten
Architekten dieses Landes hat sich für immer verabschiedet."
Als sich Helmut Richter 2007 nach 16 Jahren Lehrtätigkeit an der
TU Wien von der durch ihn legendär gewordenen Abteilung Hochbau 2
verabschiedete, fand Friedrich Achleitner treffende Worte: "Richters
Welt des Möglichen ist keine abgehobene, utopische Welt, sie ist eine
gerade noch mögliche, eine in Reichweite der Wirklichkeit stehende
und eine die Wirklichkeit herausfordernde."
Als erstes, frühes Hauptwerk in einer Reihe von für Österreich
untypisch kompromisslosen Bauten gilt das Haus Königseder in
Oberösterreich, das auch international viel Beachtung fand. Zwei der
meistpublizierten Wiener Bauten um 1990 stammen ebenfalls aus seinem
Oeuvre: die Wohnhausanlage in der Brunner Straße in Wien 23
(1986-1990) und die Hauptschule am Kinkplatz in Wien 14 (1992-1994).
An der Wohnhausanlage in der Brunner Straße fasziniert auch 25 Jahre
später noch die 160 m lange rahmenlose Glasfassade, die als
Lärmschutz gegen die Straße konzipiert wurde und die
dahinterliegenden Laubengänge schützt. Die Umsetzung erwies sich als
durchaus schwierig, laut Auskunft der Glasfirma handelte es sich
damals um die größte Glasfassade mit Punktaufhängung in Europa.
Richters Kompromisslosigkeit in der Planung technologisch
fortschrittlicher Bauwerke zeigt sich auch in der Hauptschule am
Kinkplatz. Gemäß dem Satz von Le Corbusier, dass "jeder Mensch das
Recht auf Licht hat", ist hier - wie überhaupt im Gesamtwerk Richters
- Glas das bestimmende Element. Denn, so Richter: "Schmutziges Glas
ist durchsichtiger als Beton."
Weitere vielfach publizierte Beispiele seines Architekturschaffens
sind seine Restaurants Kiang I, II und III, die in ihrer Gestaltung
der Wiener Lokalszene einen neuen Stempel aufdrückten.
Seine Baustellen waren immer auch Experimentierfelder, seine
Architektursprache in ihrer Internationalität eher
anglo-amerikanischen oder französischen Vorbildern zuzuordnen.
Dietmar Steiner: "Obwohl er immer behauptete, dass man über
Architektur nicht sprechen kann, war Helmut Richter einer der
einflussreichsten Lehrer der österreichischen Architektur der letzten
Jahrzehnte."
Sein Nachlass befindet sich in der Sammlung des Architekturzentrum
Wien.
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